Prozess in ErfurtFalscher Arzt soll sieben Männer im Wohnzimmer kastriert haben

Prozess Kastration
RTL-Reporter Frank Vacik (l.) konfrontiert den Angeklagten mit den Vorwürfen.
RTL
von Frank Vacik und Sebastian Stöckmann

Was sich in der Wohnung von Gerhard T. abgespielt hat, sprengt die Fantasie der meisten Menschen.
Der 74-Jährige soll als falscher Arzt in seinem Wohnzimmer sieben Männer kastriert haben – auf deren Wunsch. Seit Donnerstag muss sich T. vor dem Landgericht Erfurt verantworten. Die Anklage wirft ihm schwere Körperverletzung vor, da die Betroffenen ihre Fortpflanzungsfähigkeit wohl dauerhaft verloren haben.
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Kastrationen in Internetforen angeboten

Gerhard T. steht unter Schmerzmitteln, als er am Donnerstagmorgen den Verhandlungssaal betritt. Er wirkt entspannt. Demnächst soll der 74-Jährige operiert werden – eine Kunst, die er vortäuschte, selbst zu beherrschen: T. soll Kastrationen und andere medizinische Eingriffe in Internetforen angeboten haben, obwohl er keine entsprechende medizinische Ausbildung besaß. Von RTL mit dem Vorwurf konfrontiert, den Betroffenen ärztliche Kenntnisse vorgespielt zu haben, sagt Gerhard T.: „Stimmt überhaupt nicht."

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Sieben Männer in Wohnung in Sömmerda (Thüringen) kastriert

Die Staatsanwaltschaft wirft Gerhard T. vor, zwischen 2016 bis 2021 sieben Männer aus ganz Deutschland in seiner Wohnung in Sömmerda (Thüringen) kastriert zu haben. Weil ein Mann zwei Eingriffe durchführen ließ, geht es in dem Verfahren um insgesamt acht Fälle. Pro Kastration kassierte der Thüringer rund 1.500 Euro.

Er flog erst durch eine Aussage in einem anderen Kastrationsprozess 2021 in München auf. Ein Zeuge erklärte damals, er sei nicht vom dort angeklagten Horst B. kastriert worden, sondern vom Thüringer Gerhard T.

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Erfurt: Prozess zu Kastrationen im Wohnzimmer – Angeklagter schweigt

Die Anklage wird am Donnerstag unter Ausschluss der Öffentlichkeit verlesen – so sollen die Opfer des falschen Arztes geschützt werden. Der 74-Jährige schweigt beim Prozessauftakt zu den Vorwürfen. Sein Verteidiger Udo Freier sagt allerdings, Gerhard T. werde sich möglicherweise im weiteren Verlauf der Verhandlung äußern. Von RTL auf die Vorwürfe angesprochen, erklärt der Angeklagte: „Ich hab gesagt, ich sag erst mal gar nix – auf jeden Fall ist alles großer Käse."

Das Gericht legt dem Angeklagten ein Geständnis nahe: Dies könne sich deutlich strafmildernd auswirken, da die Opfer in dem Fall nicht vor Gericht aussagen müssten.

Staatsanwaltschaft: Kastration ist trotz Freiwilligkeit strafbar

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Taten strafbar sind – auch wenn sich die betroffenen Männer den Eingriffen freiwillig unterzogen haben. Falls Gerhard T verurteilt wird, drohen ihm laut Staatsanwaltschaft drei bis 15 Jahre Haft. Wann der Prozess fortgesetzt wird, ist nicht zuletzt wegen der gesundheitlichen Situation des Angeklagten unklar.