Machen sich einige Konzerne auf unsere Kosten die Taschen voll?
Extra-Steuer für Kriegsgewinner? Politik streitet über "Übergewinnsteuer"
Der Liter Diesel schon wieder bei 2,08 Euro - Super bei 2,09 Euro. Wer über Pfingsten mit dem Auto unterwegs war, ärgerte sich oft über die wieder stark gestiegenen Spritpreise - der Tankrabatt verpufft.
Da machen sich offensichtlich einige in der Krise so richtig die Taschen voll - auf unser aller Kosten: Weil der Spritpreis trotz Tankrabatts nicht genug sinkt, streitet die Ampel jetzt über eine Extra-Steuer für Kriegsgewinner. Die FDP spricht von einem "denkbar schlechten Instrument".
"Einige wenige profitieren, während viele Unternehmen unter hohen Energiepreisen leiden"
Angesichts der rasant steigender Energiepreise mehren sich in der Ampelkoalition Stimmen für eine zusätzliche Abgabe für Mineralölkonzerne. SPD-Chef Lars Klingbeil will „Krisen- und Kriegsgewinner“ stärker besteuern. Es könne nicht sein, dass sich die Mineralölkonzerne „in der Krise die Taschen noch voller machen“, sagte Klingbeil den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Der SPD-Vorsitzende zeigte sich offen für eine sogenannte Übergewinnsteuer, um extreme Krisengewinne abzuschöpfen.
Grünen-Chefin Ricarda Lang befürwortet die Idee ebenfalls und hatte sie bereits Anfang Mai ins Spiel gebracht. „Wir beobachten seit Monaten eine Entkopplung vom Rohölpreis und Tankstellenpreisen. Einige wenige profitieren, während ganz viele mittelständische Unternehmen unter den hohen Energiepreisen leiden und sich fragen, wie sie durch das nächste Jahr kommen sollen. Die Übergewinnsteuer wäre da ein logischer Schritt“, sagte Lang dem „Tagesspiegel“.
Ähnlich äußerte sich Grünen-Co-Chef Omid Nouripour. Der Funke Mediengruppe sagte er, es gebe „momentan einzelne Unternehmen, die als Trittbrettfahrer der Inflation aus dem Krieg Kapital schlagen“. Daher wäre eine „Übergewinnsteuer“ eine Möglichkeit, mehr Geld einzunehmen und Preise zu dämpfen. Auch Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge hält die Abgabe für eine mögliche Antwort.
Fratzscher: „Wie wäre es, wenn die Politik ihren Fehler eingesteht und die Spritpreisbremse sofort stoppt?“
Ifo-Chef Clemens Fuest warnte vor einem solchen Schritt. Von Sondersteuern für Übergewinne halte er in der aktuellen Lage nichts. „Die Gewinne werden ja besteuert. Je nach Wirtschaftslage Sondersteuern für einzelne Branchen einzuführen, öffnet der Willkür und dem Populismus Tür und Tor“, sagte er der „Rheinischen Post“.
Unterstützung kam vom Paritätischen Gesamtverband. „Eine Übergewinnsteuer ist ein vernünftiger Vorschlag und haushaltspolitisch geboten, weil wir um weitere Entlastungspakete nicht herumkommen werden“, sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Die Menschen müssen wissen, dass es in Deutschland gerecht zugeht. Mit den Einnahmen aus der Übergewinnsteuer könnten weitere Maßnahmen zur Abfederung der Inflation finanziert werden.“
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sprach sich für ein Ende der seit Mittwoch für drei Monate bis Ende August geltenden Steuerentlastung aus. Viele hätten prognostiziert, dass die Spritpreisbremse kontraproduktiv sei und vor allem in den Taschen der Mineralölkonzerne lande, schrieb der Ökonom am Samstag auf Twitter: „Wie wäre es, wenn die Politik ihren Fehler eingesteht und die Spritpreisbremse sofort stoppt?“
FDP: Übergewinnsteuer würde innovative Unternehmen auffordern, Deutschland zu verlassen
Die Steuer würde allen voran die Mineralöl-Konzerne treffen. Aber auch Unternehmen, die Krieg und Krisen als Vorwand nehmen, um ihre Preise stärker als nötig zu erhöhen - bei manchen Lebensmittelproduzenten etwa liegt dieser Verdacht nahe. Noch in dieser Woche will Bremen einen Vorschlag dazu in den Bundesrat einbringen:
"Da ist die Idee, dass man einen Teil der Übergewinne nimmt und in die Finanzierung der Entlastungspakete steckt - das finde ich grundlegend gerecht", sagt Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte.
Widerstand kommt von der FDP: "Eine Übergewinnsteuer wäre eine Aufforderung an innovative Unternehmen wie Biontech, die derzeit gute Gewinne machen und bereits ordentlich Steuern zahlen, unser Land zu verlassen. Das kann doch niemand ernsthaft wollen, sagt Fraktionschef Christian Dürr der „Bild.“ Nach einer schnellen Einigung innerhalb der Ampel-Koalition klingt das nicht. Und so können Ölkonzerne und Co. vorerst weiter kräftig abkassieren. (dpa/eku)
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