DLRG zieht Zwischenbilanz

In diesen Bundesländern ertranken 2023 die meisten Menschen - das ist wohl der Grund

ARCHIV - 03.07.2021, Niedersachsen, Moormerland: Eine Notrufsäule der DLRG steht an einem Badesee im Ortsteil Veenhusen. (zu dpa "Sechs Badetote seit dem Wochenende - DLRG warnt vor Gefahren") Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Die DLRG zog am Donnerstag eine erste Zwischenbilanz der bisherigen Badesaison: In diesem Jahr ertranken weniger Menschen als noch 2022.
dpa
von Jan-Eric Kroeger

Der Sommer macht Pause, die Retter atmen durch!
In diesem Jahr sind bisher 21 Menschen weniger als zum gleichen Zeitpunkt 2022 ertrunken. Das hat die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) am Donnerstag (3. August) in einer Zwischenbilanz zur Badesaison 2023 bekannt gegeben. Doch zwei Bundesländer stechen heraus.

192 Menschen bezahlten Bade-Ausflug mit ihrem Leben

Gutes Wetter und hohe Temperaturen lässt der Sommer aktuell vermissen – anders als im Mai und Juni. „Wie schon vergangenes Jahr, lockte ein sehr warmer Mai bereits viele Wassersporttreibende und Badende an die Gewässer. Hierbei kam es wieder zu vielen Unfällen in den noch kühlen Gewässern“, sagte Ute Voigt, Präsidentin der DLRG in Hamburg. Doch danach sorgte das schlechte Wetter für weniger Andrang an Stränden und Badeseen – was auch weniger Tote durch Badeunfälle zur Folge hat. „Andernfalls läge die Zahl der Ertrunkenen sicher nahe der des Vorjahres“, schloss Voigt an.

Nach Angaben der Wasserretter bezahlten in den ersten sieben Monaten (bis 25. Juli) dieses Jahres mindestens 192 Menschen ihren Badeausflug mit dem Leben.

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DLRG: Kanäle und Flüsse bieten besondere Gefahr für Badende

Die meisten Badeunfälle geschehen, wenig überraschend, an unbewachten Stränden und Ufern. Besonders gefährlich seien aber auch andere Gewässer. „Ob Flüsse oder Kanäle: Die Schifffahrtswege sind besonders gefährlich und unbedingt zu meiden“, so Voigt. Allein im Juni haben vier Männer im Dortmund-Ems-Kanal den Tod gefunden, so die Präsidentin. In Freigewässern wie Flüssen und Seen starben bisher 179 Menschen: Das sind 93 Prozent aller Ertrunkenen! In Seen waren mit 75 Todesfällen deutlich weniger Unglücke zu verzeichnen als im Vorjahr (93), die Anzahl in Flüssen blieb mit 68 Toten nahezu gleich.

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Die meisten Bade-Toten sind männlich

Besonders auffällig: Eine überwiegende Mehrheit der Bade-Toten ist männlich (79 Prozent). Ob sie zu riskanterem Verhalten als weibliche Badegäste neigen? Vermutlich. „Die Zahl der Ertrunkenen wäre noch höher, wenn Rettungsschwimmerinnen und Rettungsschwimmer nicht auch immer wieder zur Stelle wären“, berichtete Frank Villmow, Leiter der Verbandskommunikation im DLRG Präsidium. Oft handele es sich bei den Geretteten um Kinder und Jugendliche.

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Fast die Hälfte aller Ertrunkenen älter als 50 Jahre

Aber: Fast die Hälfte aller tödlich verunglückten Personen war älter als 50 Jahre (44 Prozent). Die größte Altersgruppe bilden mit 23 Fällen sogar die 31- bis 40-Jährigen – nach den Opfern, die keiner Altersgruppe zugerechnet werden können. Keinesfalls begeben sich also ausschließlich vermeintlich sorglose Kinder und Jugendliche in Gefahr. Vielmehr scheinen Erwachsene oftmals ihre Fähigkeiten zu überschätzen und sich unnötig gefährlichen Situationen im Wasser auszusetzen.

NRW und Bayern stehen an der traurigen Spitze, Küste sicher

Die beiden bevölkerungsreichsten Bundesländer Nordrhein-Westfalen (18,1 Millionen Einwohner) und Bayern (13,3 Millionen) beklagen die meisten Bade-Toten der bisherigen Saison 2023. 35 Menschen sind es in NRW, in Bayern ertranken 30 Menschen. Auf den ersten Blick kurios: Sehr wenig tödliche Badeunfälle ereigneten sich an der Küste. Bremen beklagt nur eine ertrunkene Person, in Mecklenburg-Vorpommern sind es sieben, danach folgen Schleswig-Holstein und Hamburg mit neun Opfern. Der Grund: Hier bewachen oft ehrenamtliche Rettungsschwimmer der DLRG zwischen Mai und September viele Strände. So können sie oft noch rechtzeitig eingreifen. Einzig Niedersachsen sticht aus dem Norden negativ heraus: Hier starben 18 Menschen beim Baden.

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Sorgenvolle Prognose für die kommenden Jahre

Bei der Zwischenbilanz betrachtete die DLRG allerdings nicht nur das bisherige Jahr. Die Retter richteten auch den Blick nach vorn – mit etwas Sorge. Ursache dafür sind teils noch immer verspätete Auswirkungen der Pandemie. Denn dort sei der Anteil der Kinder, die nicht schwimmen können, deutlich gestiegen. Auch konnte die DLRG weniger Rettungsschwimmer ausbilden. Hinzu kommt der Fachkräftemangel in Schwimmbädern und ein hoher Sanierungsbedarf. „Ein riesiges Problem“, sagte Voigt. Und: „Auch wenn es zuletzt eher kühl und nass war: Der Klimawandel wird uns künftig in der Tendenz mehr Sommertage bescheren, womit das Unfallrisiko an den Gewässern steigt“, so Voigt weiter.

Zumindest vor diesem Hintergrund dürfte sich die DLRG aktuell also wenigstens ein bisschen über das maue Sommerwetter freuen.