Diese Gruppen wollen die Taliban bekriegen
Widerstand gegen die neuen Herrscher Afghanistans

von Maximilian Storr
Die Taliban hat in Afghanistan das Kommando übernommen – und das ist nicht nur für westliche Staaten ein Problem. In Teilen der Bevölkerung regt sich Widerstand – vor allem im Pandschir-Tal. Dort versammelt der Sohn des legendären Islamisten-Gegners Ahmad Shah Massoud Kämpfer hinter sich, die sich der Taliban-Herrschaft entgegenstemmen wollen. Gleichzeitig drängt sich eine in Europa schon längst vergessen geglaubte, brutale Terrororganisation in den Vordergrund. Und die ebenfalls Machtansprüche an. Wie stehen die Chancen der Taliban-Gegner?
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Massoud führt Widerstandskämpfer an
Aus Sicht der Taliban ist das Pandschir-Tal 150 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Kabul das gallische Dorf Afghanistans. Denn in dieser Region hat sich unter der Führung von Ahmad Massoud eine Widerstandsfront formiert. Und der Name Massoud ist unter den Taliban kein Unbekannter. Sein gleichnamiger Vater hatte die Taliban schon in den 1990er-Jahren bekämpft.
„Das Pandschir-Tal wird vor allem von der ethnischen Minderheit der Tadschiken bewohnt.Und diese Tadschiken fühlen sich von den Taliban nicht vertreten, da die Taliban vor allem aus den Reihen der Paschtunen stammen. Die Tadschiken wollen aber unabhängig sein“, erklärt Nahost-Experte Michael Lüders gegenüber RTL den Konflikt. Die Tadschiken sind durch Anhänger der afghanischen Armee in den letzten Wochen gestärkt worden. Aber reicht ihre Kraft aus, um sich gegen die Macht der Taliban stemmen zu können?
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Endloser Krieg könnte sich fortsetzen
Lüders hält das für unrealistisch: „Sie haben nicht die Möglichkeit, über ihr eigenes Tal hinaus an Einfluss zu gewinnen. Dafür sind ihre Ressourcen zu begrenzt.“, sagt der Experte. Aber: „Es ist zu befürchten, dass ausländische Mächte, die den Machtanspruch der Taliban herauszufordern versuchen, Gruppierungen wie diese aus dem Pandschir-Tal unterstützen – und zwar als Kampfmittel gegen die Taliban.“
Probleme lösen würde diese Unterstützung aber nicht, sondern „den endlosen Krieg in Afghanistan nur fortsetzen.“ Dennoch ist es wahrscheinlich, dass es in Afghanistan zu weiteren gewaltsamen Auseinandersetzungen und Anschlägen kommt – ähnlich, wie es gestern am Flughafen zu beobachten war, also bei einem Anschlag über 80 Menschen ihr Leben lassen mussten. Dahinter steckt vermutlich eine brutale Terroreinheit, die in den vergangenen Jahren auch schon Deutschland, Frankreich und andere europäische Staaten in Angst und Schrecken versetzt hat: Der Islamische Staat.
IS will Einfluss gewinnen
Genauer gesagt geht es um den IS-Ableger Khorasan. „Wir wissen nicht sehr viel über die Hintergründe dieses Ablegers“, sagt Lüders. Klar sei aber: „Sie werden es auf Dauer schwer haben in Afghanistan, da ihre Truppen zu einem Großteil aus Ausländern besteht und sie in der afghanischen Bevölkerung – im Gegensatz zur Taliban – keinen besonders großen Rückhalt genießen.“
RTL-Terrorismusexperte Michael Ortmann ist sich deshalb sicher, dass den Taliban stark daran gelegen ist, den islamischen Staat in Afghanistan zu bekämpfen und zu besiegen. „Die Taliban benötigen Investoren – vor allem aus China und Russland – die in Afghanistan investieren und das kann nur funktionieren, wenn sich die Situation bald beruhigt“, sagt er. Am Ende werde zählen, was die Taliban ihrem Volk liefert. Schließlich leben fast 75% der Menschen in Armut. „Wenn die Taliban nicht liefern, dann werden möglicherweise andere Organisationen die Oberhand gewinnen und die afghanische Bevölkerung auf ihre Seite ziehen.“