Nach seiner Haftstrafe kam er einfach wieder frei

Nicos Peiniger missbrauchte noch mehr Kinder! Jetzt wird er wieder verurteilt

Nico wurde als Kind missbraucht
Nico erlitt „vier Jahre Hölle“ - jetzt steht sein Peiniger wieder vor Gericht, weil er noch mehr Kinder missbraucht haben soll.
RTL
von Johanna Grewer

„Ich war nicht das erste Kind. Und wie man heute sieht, auch nicht das letzte.“
Für Nico (25) ist es kein leichter Tag. Der Ex-Freund seiner Mutter wird zu sechs Jahre und sechs Monaten Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt, weil er zwei Kinder missbraucht hat – schon wieder! Nico erzählt im RTL-Interview, dass er als Jugendlicher „vier Jahre Hölle“ mit dem Mann erlebt hat. Auch damals wurde er verurteilt, kam aber nach ein paar Jahren wieder frei. Offenbar hat niemand verhindert, dass er noch mehr Kindern zu nahe kommen konnte.

Angeklagter in Bochum vor Gericht
Nicos Peiniger wird in Bochum wegen Kindesmissbrauchs verurteilt.
RTL

58-Jähriger aus Datteln wurde immer wieder wegen Missbrauchstaten auffällig

„So ein Mensch gehört nicht in die Öffentlichkeit“, sagt Nico vor der Urteilsverkündung in Bochum. Es habe ihn nicht kalt gelassen, als er erfuhr, dass sein Peiniger rückfällig wurde. „Ich hab‘ gedacht, ich fall vom Glauben ab. Es hat mich so aufgewirbelt, dass mir direkt die Tränen ins Gesicht geschossen sind“, erinnert er sich im Interview. Er habe den Fall damals angezeigt und stundenlang vor Gericht ausgesagt, weil er andere Kinder beschützen wollte.

Nico erzählt im Interview von seiner schwierigen Kindheit. Als er zwölf Jahre alt war, kamen er und sein Bruder aus dem Kinderheim zurück nach Hause. „Da war er schon mit meiner Mutter liiert“, erinnert er sich. Das war 2010. Relativ schnell sei es dann zu den ersten Übergriffen gekommen. „Es war ein Nachmittag“, erinnert sich Nico. Er habe sich damals heimlich erotische Bilder im Internet angeschaut. Als der Lebensgefährte seiner Mutter sah, was er auf dem Bildschirm geöffnet hatte, sagte er: „Ich zeige dir was Richtiges.“

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Missbrauchstäter manipulierte Nico und bestach ihn mit Zigaretten

Nico erzählt, dass er sich ausgeliefert und erpresst gefühlt habe. Als Zwölfjähriger habe er sich furchtbar geschämt und Angst gehabt, der Stiefvater könnte seiner Mutter oder seinem Bruder etwas erzählen. Es habe mit unerwünschten Berührungen angefangen, dann sei Oralverkehr dazugekommen und zum Schluss habe der Mann auch mehrfach versucht, ihn zu vergewaltigen. Dagegen habe er sich heftig gewehrt und um sich geschlagen, erzählt Nico. Vergeblich.

„Ich habe lange nicht gewusst, dass das eine Straftat ist“, erzählt er. Der Lebensgefährte seiner Mutter habe ihm immer wieder erzählt, dass das alles ganz normal sei. Außerdem soll er ihn mit kleinen Aufmerksamkeiten und Zigaretten bestochen haben.

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Nico sagte stundenlang vor Gericht aus, weil er andere Kinder vor dem Mann schützen wollte

Erst Jahre später vertraute sich Nico, einer Bekannten an. Sie half ihm, seiner Mutter und seinem Bruder von den Übergriffen zu erzählen und den Stiefvater anzuzeigen. „Es war so ein erlösender Moment“, erzählt Nico. Er sei heute noch froh, dass er mit eigenen Augen sehen konnte, wie sein Peiniger in Handschellen dasaß. Für den Missbrauch an Nico wurde der Mann 2014 zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Und obwohl es nicht das erste Mal ist, dass der Mann wegen Missbrauchsdelikten oder Kinderpornografie auffällt, kommt er nach Absitzen der Strafe wieder auf freien Fuß.

Für mindestens zwei Kinder hat das dramatische Folgen. Der heute 58-Jährige aus Datteln missbrauchte danach offenbar eine Achtjährige in ihrem Kinderbett und einen sieben Jahre alten Jungen soll er mehrmals mit in den Wald genommen haben, um sich dort an ihm zu vergehen. Die Staatsanwaltschaft forderte dafür eine Haftstrafe von siebeneinhalb Jahren mit anschließender Sicherheitsverwahrung. Der Mann soll nie wieder auf freien Fuß kommen – auch wenn die Entscheidung für viele Kinder zur spät kommt.

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Nico spürt die Folgen des Missbrauchs bis heute

Das Gericht in Bochum spricht den 58-Jährigen nun wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenden und dem Erstellen von kinderpornografischem Material schuldig. Er bekommt die geforderte Sicherheitsverwahrung. Er wird wohl nicht mehr auf freien Fuß kommen.

Für Nico hat der Missbrauch in seiner Kindheit bis heute Folgen für seinen Alltag. „Natürlich bleibt so ein Schaden immer in einem erhalten und der wird auch niemals weggehen“, sagt er. „Bis er verurteilt wurde, war ich ein Mensch mit einer sehr kurzen Zündschnur.“ Heute als Erwachsener sei er nicht mehr so aufbrausend wie als Junge, aber er flüchte sich in seine Arbeit, denn nur dann könne er vergessen, was er erlebt hat.

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