„Ich war nie glücklich in meinem Leben“,
Mögliche IS-Terroristin bricht vor dem Richter in Tränen aus

Sie soll sich der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) angeschlossen und in Syrien unter anderem ihre kleine Tochter zur Steinigung einer Frau mitgenommen haben: Seit Mittwoch muss sich eine 33-Jährige aus Oldenbrug wegen mehrerer Straftaten vor dem Oberlandesgericht (OLG) Celle verantworten.
„Ich wusste nicht, was mich dort erwartet.“

Zum Prozessauftakt schilderte die Deutsche ausführlich, wie es dazu kam, dass sie nach Syrien reiste und wie ihr Alltag mit ihren Kindern im Kampfgebiet aussah: „Kochen, Wäsche waschen, dem Mann gehorchen, was auch immer er möchte“. Die 33-Jährige soll nicht gewusst haben, was auf sie zukommen würde: „Ich wusste nicht, was mich dort erwartet.“, sagt sie vor Gericht. Vor Ort habe sie eine schwere Zeit durchlebt: So starb ihr erster Mann, als sie im achten Monat mit Zwillingen schwanger war. Auch eins der Babys sei kurz nach der Geburt in einer Klinik gestorben, sagte sie unter Tränen.
Ibrahim B. lernt sie Anfang 2014 bei Facebook kennen

Die Angeklagte ist Ende 2014 mit ihrer vierjährigen Tochter nach Syrien ausgereist, weil sie dort einen Mann heiraten wollte. Ibrahim B. lernt sie Anfang 2014 bei Facebook kennen. Er habe ihr dann vorgeschlagen, nach Syrien zu kommen, da das Leben dort viel besser sei. Damals will sie nicht gewusst haben, dass der Mann in der Medienabteilung des IS arbeitete.
Während ihrer Ehen erlebte sie viel Gewalt

Nachdem ihr erster Ehemann durch eine Bombe starb, heiratete die Frau hintereinander mehrere IS-Mitglieder nach islamischem Ritus und führte für jeden der Männer den Haushalt, damit sie ihren Kampfhandlungen nachgehen konnten. Der zweite Ehemann soll streng gewesen sein, aggressiv und schwierig, so die junge Frau. Also trennte sie sich und kam so in eine Familie, in der eine jesidische Sklavin gehalten wurde: „Ich wusste ja nicht, dass das alles Sklaven sind“, beteuert sie vor Gericht. 2019 heiratete die Angeklagte ein drittes Mal und bekam noch ein weiteres Kind. Doch auch dieser Mann war aggressiv, schlug und würgte sie vor den Kindern. Eines ihrer Kinder sei deswegen in Behandlung, weil er so viel Gewalt erlebt habe.
"Ich war nie glücklich in meinem Leben."

Die Angeklagte wurde in Mühlheim an der Ruhr geboren, lebte aber bis zu ihrem 13. Lebensjahr in Spanien. Als sie zurück nach Deutschland kamen, habe sie in der Schule keinen Anschluss gefunden, weil sie kaum Deutsch konnte. Die 33-Jährige habe kaum Freunde gehabt: „Ich war nie glücklich in meinem Leben“, sagt sie unter Tränen. Durch einen libanesischen Ex-Freund kam sie dann mit einer Muslima in Kontakt, die ihr auch aus dem Koran vorgelesen habe. Laut der Angeklagten sei das der erste Kontakt in die Richtung gewesen, sie konvertierte später selbst zum Islam.
Der Prozess wird Monate dauern
Nach der dritten Ehe habe sich die junge Frau dann aber vom IS abgekapselt, sagt sie und sei dann in die kurdischen Camps gekommen. von dort wurde sie dann im Oktober 2021 nach Deutschland geholt und am Flughafen verhaftet. Von der Bundesanwaltschaft wird ihr unter anderem die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung sowie ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen. Am ersten Verhandlungstag stritt sie unter anderem ab, in Deutschland andere Frauen für den IS angeworben zu haben. Der Prozess wird vermutlich bis Mai oder sogar bis Juni andauern.