Ministerium legt Bericht vor: 30 Opfer informiert

Bielefeld: Arzt soll 32 Frauen betäubt und vergewaltigt haben

ARCHIV - 02.03.2022, Nordrhein-Westfalen, Bielefeld: Ein Fahrzeug der Polizei steht an einem Gebäude der Geschäftsführung des Evangelischen Klinikums Bethel. Im Fall eines Arztes, der im Evangelischen Klinikum Bethel in Bielefeld zahlreiche Patientinnen betäubt und vergewaltigt haben soll, hat die Staatsanwaltschaft Duisburg nach eigenen Angaben 29 Patientinnen als Opfer identifiziert und informiert. Das teilte die Behörde am späten Freitagnachmittag per Pressemitteilung mit. (zu dpa: «Vergewaltigungsvorwürfe gegen Arzt - 29 Patientinnen identifiziert») Foto: Friso Gentsch/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Vergewaltigungsvorwürfe - 29 Patientinnen identifiziert
frg cul cv sei, dpa, Friso Gentsch

Der Fall aus Bielefeld hatte Entsetzen und Betroffenheit ausgelöst. Er dürfte Justiz und Öffentlichkeit noch geraume Zeit beschäftigen, denn es könnte eine hohe Dunkelziffer geben. 32 Frauen könnten nach dem neusten Ermittlungsstand Opfer des Arztes Philip G. am Evangelischen Klinikum Bethel geworden sein, der Patientinnen betäubt und vergewaltigt haben soll. 30 davon seien identifiziert worden.

Staatsanwaltschaft prüft Tabelle mit 80 Sex-Kontakten

Das geht aus einem Bericht des Gesundheitsministeriums für den Ausschuss für Gleichstellung und Frauen im Landtag hervor. Mitte Oktober hatte die Staatsanwaltschaft Duisburg von 29 Opfern berichtet.

Zudem prüft die Staatsanwaltschaft weiter eine Tabelle mit 80 Einträgen. Sie enthielten die Notizen über sexuelle Kontakte des inzwischen gestorbenen Arztes aus dem ganzen Bundesgebiet. Nach bisherigen Ermittlungen seien die allermeisten davon nicht Opfer einer Sexualstraftat geworden, hieß es. Und: „Bei der überwiegenden Anzahl ist nach derzeitigem Stand davon auszugehen, dass eine Identifizierung nicht sicher gelingen wird.“

Vergewaltiger nahm sich in U-Haft das Leben

Der Mediziner hatte sich nach seiner Festnahme im Herbst 2020 in der Untersuchungshaft das Leben genommen. Weil die Staatsanwaltschaft Bielefeld die Ermittlungen daraufhin einstelle und zahlreiche Patientinnen nicht erfuhren, dass sie möglicherweise Opfer waren, übernahmen die Duisburger Kollegen die Ermittlungen im September 2021.

Dabei geht es um die Frage, ob Mitarbeitern des Klinikums Beihilfe zur Vergewaltigung durch Unterlassen vorgeworfen werden kann. Vorgesetzte sollen von Patientinnen 2019 über Auffälligkeiten unterrichtet worden, den Hinweisen aber nicht nachgegangen sein.

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Arzt könnte Frauen mit sexuell übertragbaren Bakterien angesteckt haben

Brisant ist der Fall auch deshalb, weil der Mann möglicherweise Frauen mit sexuell übertragbaren Bakterien angesteckt hat. Während einer Geburt könnten diese auf das Neugeborene übertragen werden, heißt es in dem Bericht. Zudem seien die Bakterien als Verursacher etwa von Entzündungen der Harnröhre, Nieren oder des Beckens bekannt. „Bisher haben zwei Geschädigte Angaben über gynäkologische Befunde gemacht, die auf eine Infektion mit solchen Geschlechtskrankheiten schließen lassen“, so die Staatsanwaltschaft demnach.

Die Krankenhausaufsicht sei bislang der Ansicht, dass die Klinik alle erforderlichen Maßnahmen umgesetzt hat beziehungsweise gerade umsetzt. So habe es etwa Verhaltensanweisungen und -kodizes gegeben. Führungskräfte würden zur Prävention vor sexueller Gewalt geschult. Doch all diese Maßnahmen hätten „bei der hohen kriminellen Energie des Täters die schrecklichen Ereignisse bedauerlicherweise nicht verhindern können“, hieß es weiter. Es bleibe abzuwarten, ob auf Basis der Ermittlungen persönliches Verschulden einzelner Personen in der Klinik festzustellen sein wird oder ein Organisationsverschulden des Krankenhausträgers.

Krankenhaus richtet Unterstützungsfonds in Höhe von einer Million Euro ein

Die Stiftung Bethel als Hauptgesellschafterin des Krankenhauses habe im April 2022 einen Unterstützungsfonds in Höhe von einer Million Euro eingerichtet. Die Leistungen seien auf 30.000 Euro pro Opfer begrenzt. Mehr als 20 Anträge gebe es schon; genaue Zahlen wolle das Krankenhaus aus Gründen der Rücksichtnahme auf die Opfer nicht nennen. „Bei Bedarf“ können weitere Mittel zur Verfügung gestellt werden. (dpa/uvo)

Hilfe bei Depressionen oder Suizidgedanken

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