Gruppe streitet rassistische Motive ab

Prozess nach Angriff auf 17-jährige Dilan: Während das Opfer spricht, lacht eine der Angeklagten

Prozess
Prozessbeginn im Fall Dilan in Berlin
RTL
von Marc Chmiel

In Berlin hat am Montag der Prozess gegen sechs angeklagte Männer und Frauen zwischen 24 und 55 Jahren begonnen. Sie sollen im Februar 2022 die damals 17-jährige Dilan in einer Tram rassistisch beleidigt und angegriffen haben. Während das Opfer vor Gericht schildert, was passiert sei, ist auf der Anklagebank nicht viel von Reue zu spüren. Im Gegenteil: Es wird sogar gelacht.

Dilan in psychologischer Betreuung

Der Fall hatte auch Schlagzeilen gemacht, weil die Polizei ursprünglich gemeldet hatte, Dilan habe in der Bahn keine Maske getragen und den Streit deshalb ausgelöst. Erst später wurden die rassistischen Motive bekannt.

Mit Mappen, Masken und hochgezogenen Kapuzenpullis verstecken die Angeklagten im Gerichtssaal ihr Gesicht vor den Kameras. Ihnen gegenüber sitzt Dilan. Immer noch hängt ihr der 5.Februar 2022 nach. Sie ist in psychologischer Betreuung, an den Ort des Geschehens am Berliner Prenzlauer Berg kann sie nicht zurück. Auch deshalb ist es wichtig für sie, dass der Prozess endlich losgeht. Denn der ursprüngliche Termin im Januar platzte wegen der Corona-Erkrankung eines Angeklagten.

Im Fokus sind vor allem die zwei Frauen in der Runde, erklärt die Gerichtssprecherin Christina von Bothmer: „Zwei weibliche Angeklagte sollen die Geschädigte in der Tram zunächst rassistisch beleidigt haben. Nach Verlassen der Tram hätten außerdem zwei der weiblichen Angeklagten die Geschädigte auch körperlich angegriffen, die weiteren Angeklagten sollen diese körperlichen Angriffe verbal unterstützt haben.“

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Opfer berichtet unter Tränen von den Taten

Bei ihren Aussagen zeichnen die Angeklagten ein anderes Bild. Gestritten hätten sie wegen Dilans Aufforderung, eine Maske aufzusetzen. Sie sei sofort laut geworden. Der 44-jährige Matthias St. sagt: „Wir haben uns nur gewehrt.“ Ausländerfeindlichkeit habe keine Rolle gespielt. Eine Aussage, die RTL-Reporterin Franca Pörsch im Gerichtsaal zweifelhaft erscheint: „An rassistische Beleidigung wollen sie sich nicht mehr erinnern. Allerdings auf Nachfragen der Staatsanwaltschaft und auch der Anwälte, reagieren sie dann doch auch oft verunsichert und verstricken sich in Widersprüche.“

Laut eines Zeugen habe ein Angeklagter zu Dilan gesagt: „Du kannst dich nicht so Verhalten in diesem Land“ und „Ein deutscher Pass macht dich nicht zu einer Deutschen.“ Klar ist: Die Angeklagten waren betrunken. Schon seit dem Vormittag hatten sie Schnaps und Bier getrunken. Außerdem waren sie auf dem Weg in die Ariya Lounge, eine berüchtigte Kneipe mit rechter Szene in Berlin. Besitzer der Bar: Einer der Angeklagten.

Auch Dilan erzählt ihre Sicht des Vorfalls und bricht bei ihrer Aussage in Tränen aus. Sie sagt, sie sei von den Angeklagten als „Drecksausländer“ bezeichnet worden. Eine Angeklagte habe ihren Freund gefragt „ob sie mich schlagen darf.“ Draußen wurde sie dann angegriffen: „Sie haben mir die ganze Zeit auf den Kopf gehauen und mich getreten.“ Als sie das erzählt, lacht die Angeklagte. Ein Urteil wird am Ende des Tages noch nicht gesprochen. Der nächste Verhandlungstermin findet am 17. April statt.

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