Statt Rettungswagen fahren Löschfahrzeuge zu Einsätzen

Lage immer dramatischer: Bei der Berliner Feuerwehr herrscht der Ausnahmezustand

ARCHIV - 25.02.2022, Berlin: Ein Rettungswagen der Feuerwehr fährt auf einer Straße. (Aufnahme mit Langzeitbelichtung) (zu dpa: «Angriffe auf Polizei und Feuerwehr sind in Berlin Alltag») Foto: Fernando Gutierrez-Juarez/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Statt Rettungswagen fuhren Löschfahrzeuge am Wochenende los, etwa auch um leichte Verletzungen zu versorgen.
fgj vco mow, dpa, Fernando Gutierrez-Juarez

Am Wochenende herrschte wieder Ausnahmezustand beim Rettungsdienst der Berliner Feuerwehr. Dieser Notstand wurde in diesem Jahr schon 166-mal ausgerufen - fast so oft wie im gesamten letzten Jahr. Dies berichteten die regionalen Medien "Tagesspiegel" und "rbb24" am Montag übereinstimmend. Die Ursache dafür: Es stehen kaum oder gar keine Rettungswagen zur Verfügung und die Feuerwehr konnte sich um 40 Notrufe zunächst nicht kümmern. Statt Rettungswagen fuhren etwa Löschfahrzeuge los, auch um leichtere Verletzungen zu versorgen. Bereits im letzten Jahr schlug die Feuerwehr Alarm: „Jeder schmerzende Pickel am Po wird angefahren.“ Es muss eine Lösung gefunden werden: zwischen mehr Personal, mehr Einsatzwagen und einer koordinierten Notrufplanung.

Der Berliner Feuerwehr fehlen Mitarbeiter

„Dass wir einen Ausnahmezustand über 16 Stunden hatten, da ist dann schon die Frage: Ist das noch ein Ausnahmezustand?", hieß es von Lars Wieg (Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft) gegenüber rbb24. Am vorigen Wochenende war die Lage schon ähnlich: Es fehlten 106 Mitarbeiter. Der Ausnahmezustand wird bei der Feuerwehr immer mehr zum Normalzustand. Wenn die Rettungswagen zu 80 Prozent ausgelastet sind und die Eintreffzeit von zehn Minuten bei den Verletzten nicht eingehalten werden kann, wird der Ausnahmezustand ausgerufen. Das sollte eigentlich keine Normalität sein.

Nun soll es eine interne Auswertung geben. Bereits am Montag gab es erste Krisensitzungen, wie Thomas Kirstein (Feuerwehr Berlin) dem Sender bestätigt. Denn die Situation wird immer dramatischer. Während 2020 der Ausnahmezustand 64-mal ausgerufen wurde, war es 2021 bereits 178 mal. Tendenz in diesem Jahr: extrem steigend. Es sei „das schlimmste Wochenende in diesem Jahr gewesen“, sagte Feuerwehrsprecher Thomas Kirstein dem Tagesspiegel über das vergangene Wochenende.

Für fast vier Millionen Menschen stand in Berlin kein Rettungswagen mehr zur Verfügung

 Feuerwehrauto Notruf 122 *** Fire engine emergency call 122 1065523986
Die Berliner Feuerwehr ist im Ausnahmezustand.
www.imago-images.de, imago images/CHROMORANGE, Ernst Weingartner via www.imago-images.de

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnt vor der steigenden Belastung und fordert u.a. die Politik auf, jetzt endlich zu handeln. „Wir erwarten, dass man uns anhört und bereit ist, die notwendigen Entscheidungen zu treffen, um nicht weiter Menschenleben zu gefährden. Aber Fakt ist, dass Menschen sterben werden, wenn kein RTW zur Verfügung steht“, so GdP Landesvorstand Oliver Mertens.

Da bereits Löschfahrzeuge als Rettungsdienst losgeschickt worden sind, müsse man hier eine andere Lösung finden, so Thomas Kirstein von der Berliner Feuerwehr. Zukünftig sollen zusätzliche Rettungswagen von Hilfsorganisationen zur Verfügung stehen. Es soll mehr Personal und Wagen geben. Aber es muss jetzt gehandelt werden. Das zeigte auch der Dienstagabend: Punkt 18:17 Uhr stand für fast vier Millionen Menschen in der Hauptstadt kein einziger Rettungswagen mehr zu Verfügung. (aku)