Achtjährige sah nie die AußenweltKind jahrelang in Haus gesperrt - Nachbarn fassungslos: "Warum haben wir nichts bemerkt?"
In Attendorn ist heute Stadtfest, lachende Kinder wie hier soll die Achtjährige noch nie gesehen haben. Eine Kindheit hatte die Achtjährige nicht. Mutter und Großeltern sperrten sie knapp sieben Jahre lang in ein Haus in Attendorn (Nordrhein-Westfalen) ein. Der Fall kam nach RTL-Informationen ans Licht, weil der Bruder der Kindsmutter misstrauisch wurde und Alarm schlug.
Anwohner fassungslos über Familie, die das Kind einsperrte
Rund 25.000 Einwohner leben im sauerländischen Attendorn. Dass mitten unter ihnen einem Kind wohl der Zugang zum normalen Leben verwehrt wurde, ruft bei vielen Fassungslosigkeit hervor.
Eine Anwohnerin sagt: "Ich war ehrlich gesagt entsetzt darüber. Ich habe selbst ein Kind.“ Ein anderer wohnte sogar in unmittelbar Nähe des Tatorts: „Man kann es gar nicht nachvollziehen, dass man das gar nicht mitbekommen hat.“ Und: „Was in der Mutter vorgehen muss, einem Kind die Welt nicht zu zeigen.“
Christian Lüdke, Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut sagte im Interview mit RTL: „Hier handelt es sich offensichtlich um eine ‘Folie à trois’ - also eine Verrücktheit zu Dritt. Einer hat eine psychische Störung und die anderen werden quasi infiziert. Es ist wie eine Co-Abhängigkeit und decken dann dieses kranke System."
Hinweise auf körperliche Misshandlung oder Unterernährung gebe es nicht, Experten sehen aber erhebliche Defizite in der Persönlichkeitsentwicklung. Die Ermittlungen laufen. "Wir ermitteln wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung und der Misshandlung von Schutzbefohlenen“, so die Staatsanwaltschaft auf RTL-Anfrage.

Attendorn: Mädchen kam Ermittlern auf der Treppe entgegen
Polizei und Jugendamt versuchten zunächst, Zutritt zum Haus in Attendorn zu bekommen, doch die Eltern der Mutter ließen sie nicht rein. Dort lebte auch ein weiterer Bruder der Kindsmutter; er starb im Oktober an einer schweren Krankheit. Als die Behörden das Haus per Durchsuchungsbefehl im September betreten konnten, kam ihnen die Achtjährige nach Angaben der Staatsanwaltschaft auf der Treppe entgegen.
Mädchen aus Attendorn durfte Haus wohl nie verlassen
Die Hintergründe des Falls sind noch unklar. Die Siegener Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Mutter des Kindes und die Großeltern. Man gehe davon aus, dass sie dem Kind nicht ermöglicht hätten, "am Leben teilzunehmen", sagte ein Sprecher: nicht am Kindergarten und nicht an der Schule. Das Mädchen habe auch nicht mit anderen Kindern spielen und das Haus nicht verlassen dürfen. Nicht einmal die Nachbarn hätten gewusst, dass Mutter und Kind dort lebten.
Die Achtjährige ist derzeit in einer Pflegefamilie untergebracht. Hinweise auf eine körperliche Misshandlung oder Unterernährung gibt es nach Angaben der Staatsanwaltschaft nicht. Mutter und Großeltern haben sich noch nicht geäußert: Sie machen von ihrem Recht zu schweigen Gebrauch.