Frauenärztin im Interview

Antibabypille abgesetzt: „Ich glaube, jede Frau spürt selber, wann genug ist“

Pille abgesetzt: Eine Gynäkologin im Interview
Pille abgesetzt: Was passiert danach im Körper? Eine Gynäkologin erklärt's.
Vertigo3d, iStockphoto

Pille absetzen? Das passte nicht zur Leistungsgesellschaft – heute schon

Weg mit der Antibabypille und hin zur hormonfreien Variante. Das ist der Trend bei vielen jungen Frauen. „Die Pille abzusetzen passte damals nicht in die Leistungsgesellschaft“, sagt Gynäkologin Irmgard Zierden. „Jetzt ändert sich das und Frauen wollen ihren Körper wieder mehr spüren.“ Schön und gut, aber zum Thema Pille absetzen entstehen eine Menge Fragen im Kopf. Wie lange dauert es, bis frau sich wieder komplett spürt: Eisprung, Blutung und so weiter? Und warum bleibt die Periode nach dem Absetzen oft monatelang aus?

Von Jasmin Bergmann

Frau Dr. Zierden, wie lange dauert es, bis mein Körper frei von den Pillen-Hormonen ist?

Dr. Zierden: Das geht relativ schnell. Theoretisch kann man direkt im nächsten Zyklus, also einen Monat später, schon schwanger werden. War die Pille allerdings höher dosiert, kann der Körper eine Weile brauchen, bis er wieder „normal“ funktioniert. Denn die Wirkung der Pille hält noch zwei bis drei Monate nach dem Absetzen an. In diesen ersten Wochen bekommt man zum Beispiel noch nicht mehr Pickel.

Wieso bleibt meine Periode nach dem Absetzen aus?

Dr. Zierden: Die Periode kann bis zu sechs Monate ausbleiben. Der Körper muss erst einmal wieder anspringen, denn der eigene Zyklus wurde durch die Hormone die ganze Zeit unterdrückt. Die Pille gaukelt dem weiblichen Körper ja eine permanente Schwangerschaft vor, weshalb die Eierstöcke in dieser Zeit keine Eibläschen produzieren. In dem Eierstock passiert während der Pillenzeit nichts. Das muss sich erst einmal wieder ändern. Die beiden Steuerungshormone FSH, für die Bläschensteuerung, und LH, für den Eisprung, müssen erst wieder aktiv werden.

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Was gibt es außer dem Ausbleiben der Periode noch für Nebenwirkungen?

Dr. Zierden: Im Grund kommt alles wieder zurück, was durch die Pille therapiert und unterdrückt wurde. Wenn die Periode dann wieder da ist, ist sie wieder stärker. Denn die Gelbkörperhormone in der Pille sorgen dafür, dass die Gebärmutterschleimhaut nicht so doll anschwillt. Und das sorgt dafür, dass die Blutung geringer ist. Außerdem nimmt das Ziehen im Unterleib auch wieder zu, da die Hormone dafür sorgen, dass weniger Kontraktion (das Zusammenziehen der Gebärmutter) stattfindet. Zyklusstörungen kommen ebenfalls wieder zurück.

Und wieso wird die Haut danach so furchtbar pickelig?

Dr. Zierden: Das Östrogen in der Pille sorgt für schönere Haut. Es ist völlig normal, dass frau vor jeder Periode ein schlechteres Hautbild bekommt. Das wurde nur von der Pille die ganze Zeit unterdrückt, daher sind wir das so nicht mehr gewohnt. Wenn eine vor der Pille Probleme mit Akne hatte, dann kommen diese leider wieder zurück. Ebenso wie die anderen Symptome.

Viele Frauen nehmen die Pille über Jahre hinweg. Wird sie schädlicher, je länger man sie einnimmt?

Dr. Zierden: Das ist schwer zu sagen, aber vergleichen wir mal mit früher: Damals waren Frauen ständig schwanger und danach stillten sie. Weder in der einen Zeit noch in der anderen findet ein Eisprung statt. Klar waren das die eigenen Hormone und keine synthetischen wie in der Pille. Aber dafür sind die in der Pille auch viel niedriger dosiert.

Mal ehrlich: Raten Sie Frauen dazu, die Pille abzusetzen?

Dr. Zierden: Ich habe ein großes Verständnis für Frauen, die ihren Zyklus wieder spüren möchten und unterstütze sie auch dabei. Doch ich rate nicht grundsätzlich von der Pille ab, weil sie schlecht ist. Denn sie hat auch viele Vorteile. Vor allem die sichere Verhütung, denn die Pille danach oder eine Abtreibung sind eine viel größere Belastung für den Körper. Daher halte ich eine generelle Verteufelung für sehr schwierig. Ich glaube, jede Frau spürt selber, wann genug ist. Es gibt da so eine gewisse Pillenmüdigkeit.

Tschüss Hormone! Warum ich mich gegen die Pille entschieden habe

Auch ich als Autorin dieses Interviews habe mich dagegen entschieden, die Pille weiter zu nehmen. Meine ganz persönlichen Erfahrungen damit können Sie hier nachlesen.