Alarmierende Studienergebnisse
Tierärzte haben erhöhtes Suizidrisiko: "Tierärzte wissen, wie sie ihr Leben einfach beenden können"
Täglicher Zugang zu Betäubungsmitteln
„Tierärzte wissen, wie sie ihr Leben einfach beenden können. Wir haben den täglichen Zugang zu Betäubungsmitteln“, sagt Tierärztin Maren Püschel von der Kleintierklinik Wasbek, Schleswig-Holstein. Grund für diese alarmierende Aussage sind aktuelle Studien. Es ist nachweislich bewiesen, dass Tierärztinnen und Tierärzte ein erhöhtes Depressions- und sogar Suizidrisiko aufweisen.
Immer weniger Kleintierkliniken und höherer Anspruch
Maren Püschel ist seit acht Jahren Tierärztin in der Kleintierklinik Wasbek. Für sie ist es die Erfüllung eines Kindheitstraums. Doch die Zeiten haben sich geändert. Das Coronavirus sorgt nicht nur für volle Krankenhäuser, auch die Tierkliniken können sich vor neuen Patienten kaum retten. Damit nicht genug. Gleichzeitig sinkt auch noch die Anzahl des medizinischen Fachpersonals. Mittlerweile ist die Anzahl an Kleintierkliniken in Schleswig-Holstein von sechs auf drei geschrumpft. „Und wenn die immer weiter schrumpfen, dann gehen wir da auf eine Notlage hin und das ist wirklich dramatisch. Wir haben regelmäßig so Treffen und wenn ich da Kollegen höre, die in Bundesländern arbeiten, wo es nachts niemanden gibt, der die Tiere versorgt, dann sterben die einfach. Es ist niemand da, der denen hilft“, erzählt sie RTL Nord-Reporter Nils Fischer.
Eine extrem hohe Arbeitsbelastung ist die Folge und auch die mentale Gesundheit kann abnehmen. Doch nicht nur, dass immer mehr Menschen und Kleintiere auf die Kliniken angewiesen sind. Mit ihnen steigt auch noch der Anspruch an die Kleintierkliniken. „Also der Besitzer möchte alles, immer, zu jeder Tageszeit und wir möchten da ja auch mitgehen. Wir brennen ja für unseren Beruf, wir wollen den Tieren helfen, aber wir kommen da natürlich an ein Limit“, so Maren Püschel.
Studien untersuchen den Zusammenhang zwischen Tierärzten und Suizid
Internationale Studien aus den USA, Großbritannien, Belgien oder Norwegen belegen, dass Tierärzte gegenüber Humanmedizinern ein doppelt so hohes Suizidrisiko haben sollen. Im Vergleich zur Normalbevölkerung sei das Risiko sogar um ein vierfaches höher. So steht es auf der Seite „Bund angestellter Tierärzte e.V.“. Ein Vergleich mit Deutschland ist nicht möglich, weil die Berufe bei Suiziden nicht dokumentiert werden. 2016 hat Tierärztin Kathrin Schwerdtfeger eine Online-Befragung für ihre Dissertation durchgeführt, an der 3.154 Tierärztinnen und Tierärzte teilnahmen. Dabei kam sie zu einem noch heftigeren Ergebnis: Im Vergleich zur Normalbevölkerung sei die Wahrscheinlichkeit für ein erhöhtes Risiko eines Suizids sechs- bis siebenfach erhöht.
Bei einem Online-Seminar “Erhöhtes Suizidrisiko auch bei Tierärztinnen und Tierärzten in Deutschland — Ergebnisse einer Studie zu möglichen Ursachen” der Berliner Tierärztlichen Gesellschaft wurde ebenfalls die Frage gestellt, was es für Gründe für das erhöhte Risiko habe. Von über 200 teilnehmenden Tierärztinnen und Tierärzten kamen folgende Aspekte am häufigsten vor: Arbeitsbedingungen, Arbeitspensum, Gehalt, Tierwohl, Stress, Perfektionismus und mangelnde Wertschätzung. (nfi/ljo)
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Hier finden Sie Hilfe bei Suizidgedanken
Sie haben suizidale Gedanken? Hilfe bietet die Telefonseelsorge. Sie ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr unter 0 800 / 111 0 111 und 0 800 / 111 0 222 erreichbar. Auch eine Beratung über E-Mail ist möglich. Eine Liste mit bundesweiten Hilfsstellen findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention.
Für Kinder und Jugendliche steht auch die Nummer gegen Kummer von Montag bis Samstag jeweils von 14 bis 20 Uhr zur Verfügung - die Nummer lautet 116 111.