Mord-Prozess vor dem Kieler Landgericht
33-Jähriger verurteilt: "Wer einem anderen auf diese Weise in den Kopf schießt, will seinen Tod"

Es ist der Neujahrsmorgen 2022: Zwei befreundete Männer sind zusammen in einer Wohnung in Neumünster, zuvor soll es einen gemeinsamen Einbruch, Silvesterpartys und einen Streit gegeben haben. Wenig später ist einer der Männer tot – durch einen aufgesetzten Kopfschuss. Sein Freund wurde am Dienstag vom Landgericht Kiel für die Tat verurteilt – seine Versionen des Tathergangs hatte der Richter entschieden zurückgewiesen.
Erklärungen des Angeklagten "unsinnig"
Das Landgericht Kiel hat keine Zweifel daran, dass der 33-jährige Angeklagte seinen Freund heimtückisch ermordet hat. "Wer einem anderen auf diese Weise in den Kopf schießt, will seinen Tod", erklärte der Vorsitzende Richter des Schwurgerichts, Stefan Becker. Das Urteil: eine lebenslange Freiheitsstrafe. Den Darstellungen des Mannes, was in den frühen Stunden des Neujahrstages passiert sein soll, schenkt das Gericht keinen Glauben, bezeichnet seine Version als „unsinnig“.
Der Angeklagte hatte berichtet, es habe sich bei dem Tod seines Freundes um einen Unfall beim Hantieren mit der Tatwaffe gehandelt. Diese hatten die beiden Freunde zuvor bei einem gemeinsamen Einbruch zusammen mit Uhren ergaunert. Auch die Möglichkeit eines Suizides des verstorbenen 31-Jährigen brachte der Angeklagte ins Spiel.
Versehentlicher Schuss ausgeschlossen
Das rechtsmedizinische Gutachten des Toten widerlege laut Gericht jedoch die Schilderung des Angeklagten. Sollte diese stimmen, hätte der Mann am Kopf des mit ihm befreundeten Opfers „zufällig mit entsicherter Waffe hantiert“ haben müssen.
Doch auch konkrete Beweisen sprachen gegen diese Version: So konnte am Kopf des Toten „die Stanzmarke der Waffe und eine Schmauchhöhle festgestellt“ werden. Dies belege eindeutig, dass der „Schuss aufgesetzt und unvereinbar mit einem Versehen war“, sagte Becker.
Beweise sprechen gegen den Angeklagten
Auch Blutspuren an der Tatwaffe, ein Überwachungsvideo vom Tatort sowie eine Vielzahl von Zeugenaussagen belasteten den Angeklagten. Das Video zeigte ihn, wie er aus einer Autowerkstatt in die darüber liegenden Wohnräume geht. Acht Sekunden, nachdem man die schwere Metalltür zu den oberen Räumen ins Schloss fallen hört, ist der tödliche Schuss zu vernehmen.
„Ein Zeitfenster für einen versehentlichen Schuss beim Hantieren mit der Waffe ergibt sich danach nicht“, betonte der Vorsitzende Richter. Zudem sei zu erkennen, wie sich der Angeklagte bekreuzigt und sagt: „Das wollte ich wirklich nicht“. Die Kombination der Beweise stelle das „Tatgeschehen, nämlich einen heimtückischen Mord, nicht in Zweifel.“
Tatmotiv weiterhin unklar
Warum der aus der Moldau stammende Mann seinen Freund und Landsmann getötet haben könnte, blieb bis zum Prozessende ungeklärt. Ein Plädoyer des Verteidigers, das auf die verminderte Schuldfähigkeit seines Mandanten verwies, wies das Gericht zurück. Die Verteidigung reichte umgehend Revision gegen das Urteil ein.
Der Angeklagte zeigte bei der Urteilsverkündung keine Emotionen, diskutierte aber im Anschluss daran intensiv und ärgerlich wirkend mit seinem Dolmetscher, der den Prozess für ihn ins Russische übersetzt hatte. (dpa/xas)