25 Jahre nach dem Zugunglück von Eschede
Überlebender Udo Bauch: "Ich habe um mein Leben gekämpft - ich dachte, ich sterbe"

Er überlebt - 101 Menschen sterben an diesem Tag!
Am Samstag (3.Juni) jährt sich die Zugkatastrophe von Eschede zum 25. Mal. Udo Bauch saß in dem ICE nach Hamburg und wäre fast gestorben. Mit uns geht er zurück an den Ort, der im Jahr 1998 sein Leben für immer veränderte.
Zug prallt mit 200 Kilometer pro Stunde gegen eine Mauer

Udo Bauch steigt am 3. Juni 1998 in den ICE 884 "Wilhelm Conrad Röntgen". Sein Ziel: eine Tagung in Hamburg. Er steigt in Fulda ein und setzt sich in ein Einzelabteil, um in Ruhe arbeiten zu können. Bis dann bei Eschede ein gewaltiger Schlag kommt: “Das war wie ein Beben, wie im Krieg und dann ging alles sehr sehr schnell“. Er wird im Zug umhergewirbelt, von oben nach unten und rechts nach links. “Dann ging der Nahtodfilm durch meinen Kopf und dann bin ich voller Schmerzen liegen geblieben”, so Bauch im RTL-Interview.
Das Geräusch, das er hört, gehört zu einem Radreifen an der Achse. Das bricht - bei 200 Stundenkilometern. Mit ihm entgleist der Zug und knallt gegen eine Straßenbrücke in Eschede. Ein Wagon wird unter der Brücke eingeklemmt, andere zusammengedrückt, einer landet in der Böschung. 101 Menschen sterben, 105 Reisende werden verletzt. Es ist das bisher schlimmste Zugunglück in der Bundesrepublik Deutschland.
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Sein Leben hängt am seidenen Faden

Mit uns ist er zurückgekehrt, an den Ort des Unglücks - 25 Jahre später. „Das ist natürlich schrecklich für mich. Es fühlt sich ganz schlimm an für mich. Ich bin traurig und wütend zugleich, dass dieses Unglück passiert ist.“
Was nach dem Unfall um ihn herum passiert, davon bekommt der heute 55-Jährige kaum Etwas mit: „Ich habe um mein Leben gekämpft. Ich dachte, ich sterbe jetzt”. Er kann sich befreien, die Polster und Zugteile, die auf ihm liegen, wegschieben. “Und dann habe ich die Stimme meines Retters gehört”,erinnert sich Bauch. Seine Rettung selbst bekommt er nicht mit.
Was folgt: künstliches Koma. „Während der Zeit im Koma habe ich wahrgenommen, die Stimmen meiner Kinder, die für mich auf ein Tonband gesprochen haben. Dass mein Vater dort war. Dass mein Lebensretter dort war. Dass ein Priester bei mir war“. Nach mehreren Wochen wacht er auf - jedoch anders als erhofft.
Wochenlange OP-Tortur, geringe Überlebenschancen
Er wird sechs Mal operiert, auch seine Schädelplatte muss aufgrund starker Blutungen geöffnet werden. „Meine Überlebenschancen waren sehr gering. Ich hatte diese gleichen schweren Verletzungen wie die Verstorbenen, mit Hirnblutung, mit doppeltem Schädelbruch, vierfacher Unterkieferbruch.” Udo Bauch überlebt, aber es bleiben Schäden. „Ich bin damals am 3. Juni kerngesund in den ICE eingestiegen, war auf der Karriereleiter. Ich hatte beruflich eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe und bin quasi schwerbehindert aus dem Zug rausgekommen. Und alles das nur, weil die Bahn ihre Sicherheitsvorschriften missachtet hat.“Wer die Schuld am Unglück trägt, konnte nie erwiesen werden.
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Bis zum heutigen Tag gehören Krankengymnastik, Massagen und Therapie zu seinem Alltag. „Insofern kämpfe ich seit 25 Jahren mit den Folgen des Unglücks und muss mich intensiv behandeln lassen.”
Bis heute hat Udo Bauch ein mulmiges Gefühl beim Zug fahren
Über das Unglück hat er mittlerweile zwei Bücher geschrieben. Es ist seine Art das Unglück zu verarbeiten. Und auch wenn es nicht so scheint, Udo Bauch sieht auch die postiven Dinge, die seit dem Unfall passiert sind. „Dass ich das Leben einfach mehr schätze, dass ich die kleinen Dinge im Leben mehr schätze. Positiv war auch, dass wir nach dem Unglück noch mal zwei Kinder bekommen haben. Daran habe ich große Freude. Weil ich sie aufwachsen gesehen habe.“, sagt Udo Bauch im RTL-Interview.
Was bleibt: Dieses mulmige Gefühl, wenn er in den Zug steige, erzählt der 66-Jährige. Das nehme er aber in Kauf, denn auf den Zug möchte er trotz des Unglücks und der Folgen nicht verzichten.