Reul stellt Lagebild vorRechtsextremismus in NRW - Radikalisierung über Social Media nimmt zu
Rechtsextremisten setzen immer stärker auf digitale Strategien, um junge Menschen für ihre Ideologie zu begeistern. Das erklärte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Mittwoch (19.03.) in Düsseldorf. Bei einer Pressekonferenz stellte er alarmierende Zahlen vor: Die Zahl rechtsextremer Straftaten in Nordrhein-Westfalen ist im vergangenen Jahr um fast 60 Prozent gestiegen – genau genommen um 58,9 Prozent. Ein Großteil dieser Straftaten sind Propaganda-Delikte. Dazu zählen das Zeigen verbotener Symbole, rassistische Beleidigungen oder Aufrufe zur Gewalt.
Rechtsextremismus wird digitaler und jünger
Verfassungsschutzleiter Jürgen Kayser warnt vor einer neuen Entwicklung: „Der Rechtsextremismus von heute ist moderner geworden. Er ist jünger, er ist digitaler geworden.“ Während es weiterhin klassische rechtsextreme Gruppierungen gibt, setzen neue Akteure verstärkt auf Online-Plattformen. Ziel sei es, insbesondere junge Menschen für extremistische Ideologien zu gewinnen.
Dafür nutzen Rechtsextreme verstärkt soziale Netzwerke wie TikTok, Telegram oder Instagram. Sie produzieren gezielt Inhalte, die Jugendliche ansprechen – oft mit harmlos wirkenden Memes oder Lifestyle-Themen, hinter denen sich rechtsextreme Botschaften verbergen. Auch Künstliche Intelligenz wird eingesetzt, um vor allem junge Männer zu ködern. Ein Beispiel: Ein rechtsextremer Kanal betreibt ein Profil mit einer KI-generierten, attraktiven Blondine. Diese ist keine echte Person, sondern ein künstlich erschaffenes Aushängeschild, das ideologische Botschaften gezielt verbreitet. Trotz dieser Strategien ist die Reichweite rechtsextremer Influencer noch begrenzt. Der genannte Kanal hat weniger als 750 Abonnenten.
Islamismus als weitere Gefahr?
Während die Pressekonferenz sich auf die steigende Bedrohung durch Rechtsextremismus konzentrierte, lenkte der FDP-Innenpolitiker Marc Lürbke den Blick auf eine weitere Gefahr: „Die größte Bedrohung derzeit für die Sicherheit in Nordrhein-Westfalen ist doch der islamistische Terror.“ Junge Menschen würden zunehmend auch in diese extremistischen Netzwerke geraten. Besonders problematisch sei, dass islamistische Gruppierungen ebenfalls auf Social Media aktiv sind und teilweise eine größere Reichweite erzielen als rechtsextreme Kanäle.
Auch antisemitische Straftaten wurden thematisiert. Laut Kris Schnappertz von der AfD sei Judenhass nicht nur ein Problem des Rechtsextremismus, sondern werde auch von islamistischen Gruppen verbreitet. Zudem kritisierte er die Erfassung von Propagandadelikten: Wenn etwa an Parteibüros der AfD Hakenkreuze geschmiert würden, zähle das statistisch als rechtsextreme Straftat – auch wenn die Täter möglicherweise aus anderen politischen Lagern stammten.
Im Video: Interview mit NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU)
Mehr Gewaltdelikte und junge Tatverdächtige
Trotz dieser Debatten bleibt für Innenminister Reul der Rechtsextremismus aktuell die größte Gefahr für die Demokratie. Besorgniserregend sei nicht nur die Zunahme von Propagandadelikten, sondern auch die steigende Zahl von Gewalttaten. 2024 wurden in NRW mehr rechtsextreme Körperverletzungen registriert als im Vorjahr. Zudem sind die Tatverdächtigen zunehmend jünger.
Um der wachsenden Gefahr zu begegnen, setzen Polizei und Verfassungsschutz verstärkt auf Prävention und Aufklärung. Gleichzeitig sollen Online-Plattformen stärker in die Verantwortung genommen werden, um extremistische Inhalte konsequenter zu löschen. Ob diese Maßnahmen ausreichen, bleibt abzuwarten – denn die Radikalisierung über das Internet schreitet unaufhaltsam voran.