„Jeden Tag denke ich an sie“4U9525 – zehn Jahre nach dem Germanwings-Absturz über den französischen Alpen
Am 24. März 2015 verliert Klaus Radner seine Tochter Maria, seinen Schwiegersohn Sascha und seinen Enkel Felix. Die Familie aus Haan saß im Germanwings-Flug 4U9525 als Co-Pilot Andreas Lubitz das Flugzeug absichtlich in die Alpen steuerte. 150 Menschen starben - bis heute ist der Schmerz groß.
Ein Leben mit der Erinnerung
Maria Radner war Opernsängerin und trat in Barcelona auf. Danach wollte sie mit ihrer Familie zurück nach Düsseldorf fliegen. Doch das Flugzeug erreichte sein Ziel nie. Klaus Radner sagt: „Ich habe, egal wo ich bin, Bilder von den dreien dabei. Ich denke sehr, sehr oft darüber nach, versuche mit meiner Frau viel über sie zu sprechen, um daran zu erinnern, dass diese Menschen da waren, dass man sie nicht in Vergessenheit geraten lässt.”
Die Nachricht vom Unglück

Als sich Klaus Radner auf den Weg zum Flughafen machte, um seine Familie abzuholen, hörte er im Radio von einem Flugzeugabsturz. Zunächst ahnte er nicht, dass es sich um den Flug seiner Liebsten handelte: „Ich habe zu meinen Mitarbeitern gesagt: ‚Die Opfer und deren Angehörige tun mir jetzt leid, was die in Zukunft durchmachen müssen.‘” Am Flughafen angekommen, erfuhr er die schreckliche Wahrheit. Notfallseelsorger standen ihm zur Seite, doch der Schmerz bleibt: „Es tut unheimlich weh. Es tut körperlich weh. Es tut seelisch weh. Man steht einfach neben sich. Der Körper ist nur eine Hülle.”
Schüler an Bord – Halterns verlorene Kinder
Auch 16 Schüler des Joseph-König-Gymnasiums in Haltern am See waren im Unglücks-Flieger. Gemeinsam mit zwei Lehrerinnen kehrten sie von einem einwöchigen Schüleraustausch zurück. Die Nachricht des Absturzes traf Haltern am See wie ein Schock.

In der Kleinstadt mit rund 37.000 Einwohnern kennt fast jeder jemanden, der betroffen ist. Lehrer, Mitschüler, Eltern – sie alle standen unter Schock, trauerten gemeinsam und suchten nach Worten für das Unfassbare. Vor dem Joseph-König-Gymnasium wuchsen Kerzen und Blumenberge. Der damalige Schulleiter Ulrich Wessel spricht von der schwersten Zeit seines Lebens.
Auch Jahre nach der Tragödie bleibt die Erinnerung lebendig. In Haltern am See erinnert eine Gedenkstätte mit 18 Steinen an die Opfer. Jährlich wird am 24. März innegehalten.
Kampf um Gerechtigkeit
Nach dem Absturz wird bekannt, dass Andreas Lubitz psychische Probleme hatte und nicht hätte fliegen dürfen. Die Lufthansa zahlt den Hinterbliebenen Entschädigungen, doch für Klaus Radner reicht das nicht: „Es ist ein Massenmord passiert. Und der kann ja nicht einfach damit abgehandelt werden, dass da eben mal ein Kranker im Cockpit saß und das war’s. Mir geht es um Verantwortung.”
Gemeinsam mit anderen Angehörigen klagte er gegen die Lufthansa. Doch das Gericht wies die Klage ab. Nun wollen die Hinterbliebenen die Bundesrepublik Deutschland verklagen. Ihr Vorwurf: Die flugmedizinischen Untersuchungen seien unzureichend gewesen.
Spekulationen über den Absturz
Eine neue Dokumentation stellt die offizielle Absturzursache infrage. Es wird spekuliert, dass ein technischer Defekt zum Unglück geführt haben könnte. Klaus Radner hält das für Unsinn: „Er hat auf dem Hinflug schon nachweislich versucht, die Flughöhen zu manipulieren. Warum hat er das denn gemacht? Er hat es schon beim Hinflug getestet.”
Ein Ort der Erinnerung

Nahe der Absturzstelle erinnert eine Gedenkstätte an die Opfer. Jedes Jahr am Jahrestag besucht Klaus Radner diesen Ort: „Wir denken an diesem Tag an nichts anderes. Die drei sind an diesem Tag sehr, sehr nahe bei uns. Das ist uns wichtig, sehr wichtig.”
Zehn Jahre nach dem Unglück bleibt die Trauer. Zehn Jahre ohne Tochter, Schwiegersohn und Enkel. Ein Verlust, der niemals vergeht.