Freiwilliger Einsatz endet im KrankenhausHeppenheimer Feuerwehrmann will helfen, dann hagelt es plötzlich Fäuste

„Den ersten Schlag hab ich nicht kommen sehen.“
Als Nico G. vor wenigen Tagen zu einem Verkehrsunfall gerufen wird, ahnt er nichts Böses. Doch als er einen Schaulustigen bittet, den Weg für einen Rettungswagen freizumachen, schlägt der plötzlich auf ihn ein. Der freiwillige Feuerwehrmann berichtet über eine erschütternde Tendenz, die uns alle nachdenklich stimmen sollte.
Schläge statt Dankbarkeit
Am Mittwochabend (28. August) kommt ein Motorradfahrer bei Fischweiher von der Fahrbahn ab, stürzt und wird schwer verletzt. Nico G. und seine Kameraden von der Freiwilligen Feuerwehr Heppenheim machen sich sofort auf den Weg. Der 28-Jährige sichert die Einsatzstelle ab. Um den Weg für einen Rettungswagen freizumachen, schickt er einige Menschen weg, die sich in der Nähe versammelt haben. Dies habe zunächst gut geklappt, erzählt er im RTL-Interview.
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Doch dann sei ein Mann aus einem Haus gekommen. Er habe diesen er mehrfach gebeten, den Bereich zu verlassen. „Und dann hat er mich beleidigt und gesagt, er würde mir auf die Schnauze hauen.“ Als der 28-Jährige seine Bitte etwas forscher wiederholt, macht der Mann ernst. „Kurz darauf hat er auf mich eingeschlagen. Den ersten Schlag habe ich nicht kommen sehen, den habe ich auch abbekommen am Kopf, die weiteren Schläge konnte ich dann abwehren.“
„Ich war das falsche Opfer für ihn, ich kann damit umgehen.“
Nico G. kann sich verteidigen. Das ist sein Glück. „Ich war das falsche Opfer für ihn, ich kann damit umgehen.“ Deshalb sei das glimpflich geendet. Doch bei anderen unerfahreneren Kameraden oder Kameradinnen wäre das vielleicht anders ausgegangen, sagt Nico G.
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Er kontrolliert den Mann, bis die Polizei da ist. Der Feuerwehrmann zeigt den 22-Jährigen an und lässt sich im Krankenhaus untersuchen. „Der erste Schlag war schon relativ heftig, ich habe auch Nacken- und Kopfschmerzen gehabt, Schwellung am Kopf.“
Ist das der Preis fürs Helfen?
In seinem Dienst hat er einen vergleichbaren Übergriff so noch nie erlebt. Seit mehr als fünf Jahren ist er bei der Freiwilligen Feuerwehr und möchte auch weiterhin dabeibleiben. „Aber jemand anderes, der das an sich selbst erfährt, denkt sich vielleicht: ‚Wofür eigentlich? Wieso soll ich mich jetzt so einem Risiko aussetzen, wofür ich auch gar nicht ausgebildet bin?‘“
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Die Tendenz sei deutlich: Einsatzkräfte erfahren immer weniger Respekt und mehr Beleidigungen, erzählt Nico G. Und wie sein Beispiel zeigt: bis hin zu Gewalt. Diese Beobachtung bestätigt auch die polizeiliche Kriminalstatistik 2023. Insgesamt 4.130 Beschäftigte von Feuerwehr oder Rettungsdiensten wurden 2023 Opfer versuchter oder vollendeter Gewalttaten. Das sind 9,4 Prozent mehr als noch 2022. „Gerade wir als Freiwillige Feuerwehr, wir machen alle hauptberuflich was anderes und opfern große Teile unserer Freizeit.“ Vielen sei nicht bewusst ist, dass die Freiwillige Feuerwehr die gleichen Einsätze abarbeite wie die Berufsfeuerwehr. „Deswegen wird man da oft nicht ganz ernst genommen.“
Freiwillige Einsatzkräfte sind alternativlos
Viele Kommunen und Städte sind auf freiwillige Einsatzkräfte angewiesen, weil sie keine Berufsfeuerwehr finanzieren können. „Viele denken, da kommen halt irgendwelche Hauptberuflichen, da sind immer welche da, aber nein, wir sind Freiwillige. Wie oft wird man nachts aus dem Schlaf gerissen, hat dann ein, zwei Stunden Schlaf und geht dann der normalen beruflichen Tätigkeit wieder nach?“
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Nico G. erwartet keine Dankbarkeit. Aber er wünscht sich mehr offizielle Unterstützung seitens der Politik und mehr Wertschätzung in der Gesellschaft. „Sonst könnte das Probleme geben in Zukunft.“ Auf Hilfe angewiesen zu sein, kann jedem passieren. Helfer am Helfen hindern, kostet im besten Fall nur Zeit, im schlechtesten Fall Leben. Egoismus ist in Notsituationen einfach fehl am Platz. „Wenn jeder sagt, ne, heute ist Weihnachten, dann kommt halt keiner.“