Tiere übernehmen die Großstädte
Drei Ratten pro Einwohner! Droht uns eine landesweite Plage?

Wir sind bereits jetzt in der Unterzahl.
Sie tummeln sich auf Straßen und in Kellern: Ratten. Laut Experten kommen in manchen Städten auf einen Einwohner drei der Tiere. Können wir eine mögliche Plage noch aufhalten oder werden wir bald von Ratten überrannt?
Rattenbekämpfung immer schwieriger – Population nimmt Überhand
Sie huschen auf Straßen oder in Kellern umher. Sie können Krankheiten übertragen und für einige Menschen sind sie schlicht ein Ekelfaktor – Ratten. Sie zu bekämpfen, wird immer schwerer. Schädlingsbekämpfer gehen deswegen davon aus, dass die Zahl der Tiere auch in Hessen steigt. Der Grund: Umweltschutzauflagen machen die Bekämpfung teurer, aufwendiger und oft auch ineffektiver, wie Björn Kleinlogel erklärt, Sprecher des hessischen Landesverbandes im Deutschen Schädlingsbekämpfer-Verband.
Einige Kommunen sehen keine Zunahme bei der Population der Nager. „In den meisten großen Städten und Gemeinden leben pro Einwohner circa zwei bis drei Ratten“, heißt es so von der Stadt Wiesbaden.
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„Die Anwendung von Ködern wird immer mehr reglementiert”, sagte Kleinlogel der Deutschen Presse-Agentur. Früher habe man Rattenköder einfach in den Kanal geworfen. Dann mussten sie festgebunden werden, damit man sie wieder herausholen kann. Bald seien nur noch Köder erlaubt, die durch eine Box vor Kontakt mit Hochwasser geschützt sind. „Das alles erschwert die Bekämpfung”, so Kleinlogel.
Schädlingsbekämpfungsmittel würden teurer, Rechnungen vom Kammerjäger höher. Außerdem würden die Köder in den Boxen auch weniger Ratten anlocken. „Dazu kommt, dass der Laie im Baumarkt inzwischen keine wirkungsvollen Köder mehr kaufen kann”, so Kleinlogel. „Wir gehen davon aus, dass wir in Zukunft mehr Arbeit bekommen werden.”
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Wie werden Ratten bekämpft?
Traditionell werden gegen Ratten sogenannte Rodentizide eingesetzt. Sie hemmen die Blutgerinnung und führen dazu, dass die Tiere innerlich verbluten. Das Umweltbundesamt (UBA) sieht „hohe Umweltrisiken“: Andere Tiere könnten entweder die Giftköder selbst oder aber die damit vergifteten Nager fressen.
Rattengift der zweiten Generation ist als persistent (P), bioakkumulierend (B) und toxisch (T) eingestuft. Solche sogenannten PBT-Stoffe werden nur schlecht in der Umwelt abgebaut, können sich in Lebewesen anreichern und sind giftig. Mangels Alternativen sind solche Stoffe zwar zugelassen, allerdings gelten strenge Auflagen und Anwendungsbestimmungen.
Bei mechanischen Fallen drohten Probleme mit dem Tierschutz, erklärt Kleinlogel. Es komme zum Beispiel vor, dass die Falle die Ratte nicht gleich tötet, sondern nur einklemmt und das Tiere dann tagelang leidet. Um das zu verhindern, gebe es Fallen, die eine SMS schicken, wenn sie zuschnappen. „Wenn Sie da mehrere Fallen haben, klingelt es ununterbrochen und dann muss da wer hin - das schlägt sich bei den Personalkosten nieder.“
DAS kann jeder einzelne von uns gegen die Plagegeister tun
Als Chef einer mittelständischen Firma für Schädlingsbekämpfung in Darmstadt hat Kleinlogel eine bessere Idee, Ratten zu bekämpfen: „Statt ständig neue Ratten zu töten, wäre es besser, ihnen die Lebensgrundlage zu entziehen.“ Ratten gebe es überall dort, wo sie Nahrung fänden „und je mehr Nahrung sie finden, desto mehr Ratten gibt es“.
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Kleinlogel empfiehlt: Mülltonnen rattensicher machen und nichts daneben stellen. Im Park und auf der Straße keine Essensreste auf den Boden werfen. „Und vor allem: auf gar keinen Fall Speisereste in der Toilette entsorgen.“ Damit gelange die Nahrung direkt in das Habitat der Ratten, den Kanal. „Wenn die Tiere daran gewöhnt sind, dass da immer Essbares herunterkommt, kann es sein, dass sie auch mal oben vorbeischauen, wo das bleibt.“ Anrufe von Bürgern, die eine Ratte im Klo entdecken, hat seine Firma mehrmals die Woche.
Wer Ratten sieht, kann dies bei seiner Kommune melden. Bei einigen Städten geht dies auch digital über ein Verwaltungsportal. Dort wird auch erläutert, wer für die Kosten einer Bekämpfung aufkommen muss. (dpa/jbü)