„Kater bleibt Kater”
Day Drinking in aller Munde! Wie gefährlich ist Alkohol am helllichten Tag?

Wie weit kann man gehen, ohne übers Ziel hinauszutorkeln?
Das Bier ploppt, die Korken knallen, die Stimmung steigt - und dabei ist noch nicht mal Mittag! Im Sommer laden zahlreiche Events zum feuchtfröhlichen Vergnügen ein, die laufende EM mit Spielen ab 15 Uhr tut ihr übriges. Alkohol am Tag - ein gefährliches Unterfangen? Mediziner Dr. Specht schätzt die Lage ein.
Day Drinking! Der Schwips vor Sonnenuntergang
Sich tagsüber das ein oder andere alkoholische Getränk zu genehmigen, hat für viele Menschen gerade zur EM einen besonderen Reiz: Man ist ausgeschlafen, genießt die Sonne und fällt meist schon vor 22 Uhr ins Bett. Doch Allgemeinmediziner Dr. Specht mahnt zur Vorsicht: „Kater bleibt Kater!”, so der Experte. Der Abbau des Alkohols sei mehr oder weniger immer gleich, egal ob tagsüber oder abends konsumiert werde. Im Schnitt baue der menschliche Körper 0,1 Promille pro Stunde ab. Aber: „ Die Resorption des Alkoholgehalts im Blut kann variieren”, sagt Specht.
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Damit stellt sich die Frage: Warum knallt der Sekt oder das Bier beim „Tag-Trinken“ oft mehr als abends in der Bar oder im Klub? Laut Dr. Specht spielt die Uhrzeit dabei keine entscheidende Rolle: „Morgens haben wir den Eindruck, dass uns ein Glas Sekt schneller betrunken macht, weil wir vorher nichts gegessen haben.” Deswegen sollte vor dem Konsum immer eine Grundlage geschaffen werden, damit die Aufnahme des Alkohols verlangsamt wird.
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Die Abbaugeschwindigkeit der Leber bleibe allerdings zu jeder Tageszeit gleich. Und auch der weitverbreitete Gedanke, den Alkoholabbau trainieren zu können, sei ein Mythos, so Specht. Man gewöhne sich einfach nur an die Wirkungen des Alkohols, ähnlich wie bei Koffein.
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Sonne und Alkohol - darum wird’s gefährlich!
Auch wenn sich Day Drinking im Sommer und vor allem jetzt zur EM unbeschwert und leicht anfühlt, warnt die Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung vor dem Schwips in der Sonne. Tatsächlich wirkt Alkohol bei Hitze schneller und intensiver, neben Müdigkeit und Erschöpfung könne es auch zu Kreislaufproblemen und Bewusstlosigkeit kommen. „Wenn es warm ist, stellen sich unsere Blutgefäße weit. Bei Hitze vertragen wir Alkohol schlechter als bei normalen Temperaturen, auch weil wir mehr schwitzen”, so Dr. Specht. Deswegen besser im Schatten aufhalten und zwischendurch zu Wasser oder einem alkoholfreien Weizen greifen. Letzteres wirke nämlich wenigstens isotonisch. „Das sollte man sich angewöhnen. Dadurch fülle ich meinen Magen, bediene mein Gewohnheitsritual des Trinkens und kann die Aufnahme von Alkohol deutlich reduzieren”, so der Experte.
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Dr. Specht rät: Je weniger, desto besser
Auch die World Health Organisation („WHO“) betont, dass es auf das Maß und das sonstige Trinkverhalten ankomme. Generell gilt festzuhalten: Alkoholkonsum wird gerne unterschätzt, grundsätzlich sollte das Rauschmittel mit Vorsicht genossen werden: Es verringert die Reaktionsfähigkeit, hat ein hohes Suchtpotenzial und kann diverse Krankheiten auslösen.
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Der Mediziner betont: „Insgesamt kann man sagen, ein Bier am Tag ist bei einer Sondergeschichte okay, natürlich schädlich, aber wenn das mal sechs bis sieben werden. Das ist einfach zu viel.“
Hier findet ihr Hilfe bei Suchtproblemen!
Wer bei sich ein Suchtproblem vermutet, findet vielerorts Hilfe: beim eigenen Hausarzt, der Telefon-Hotline der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) unter 0221–892031 (Mo.–Do. 10 bis 22 Uhr; Fr.–So. 10 bis 18 Uhr) oder der anonymen Online-Beratung der BZgA. Auch die Anonymen Alkoholiker bieten in vielen Städten Hilfe an und sind telefonisch unter 08731–3257312 (tägl. 8–21 Uhr) zu erreichen.