Keine Bühne für Selenskyj?FIFA verweigert Ukraine-Präsident offenbar Friedensbotschaft vor WM-Finale

Da denkt man, die FIFA könne in ihrer Integrität nicht mehr tiefer sinken, und dann passiert das. Laut einem Bericht der CNN ist eine Anfrage des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, vor dem Anpfiff beim WM-Finale am Sonntag eine Botschaft des Weltfriedens zu verbreiten, vom Welt-Fußballverband zurückgewiesen worden.

Reichweite kriegen nur russische Raketen

Lese-Tipp: Alle aktuellen Informationen rund um den Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit im Liveticker

Fast zehn Monate lang schon wehrt sich die Ukraine gegen die russischen Invasoren, fast zehn Monate lang schon überziehen Wladimir Putins Soldaten das Land mit Tod und Zerstörung. Neuerliche russische Raketenangriffe haben wieder einmal für den Ausfall von Strom, Fernwärme und Wasser in weiten Teilen des Landes gesorgt – die EU ihre Sanktionen gegen Russland verschärft. Nun wollte sich Selenskyj mit einer Video-Borschaft für den Weltfrieden vor dem WM-Finale zwischen Argentinien und Frankreich (Sonntag ab 16 Uhr hier im Live-Ticker) Gehör verschaffen.

Lese-Tipp: Tore, Triumphe, Liebe – der große Messi-Mbappé-Vergleich

Infantino: "Fans wollen Momente der Freude genießen"

Als Medienprofi weiß er natürlich, welche Reichweite er damit erzielen würde, wenn Milliarden von Menschen das Spiel live verfolgen. Nur: die Rechnung hat der ukrainische Präsident offenbar ohne die FIFA gemacht. „Wir dachten, die FIFA wollte ihre Plattform für das Allgemeinwohl nutzen“, sagte eine nicht näher genannte Quelle gegenüber CNN. Tut sie aber offenbar nicht. Zumindest nicht, solange es nicht ihren Zwecken dient.

Lese-Tipp: Infantino lobhudelt sich und Katar: "Beste WM aller Zeiten"

Zuletzt hatte Selenskyj immer wieder große Weltereignisse genutzt, um für globale Unterstützung zu bitten, vom G20-Gipfeltreffen bis hin zu den Grammys und den Filmfestspielen von Cannes. Er hat auch Interviews und Gespräche mit einer Vielzahl von Journalisten und berühmten Entertainern geführt, darunter Sean Penn und David Letterman. Die FIFA unter dem augenscheinlich unter Großmannssucht und maximal verzerrter Wahrnehmung leidenden Präsidenten Gianni Infantino lässt sich in Sachen Krieg in der Ukraine aber nicht vor den Karren spannen. Und damit damit seiner Linie treu: Politische Botschaften sind aus ihrem Vorzeigeturnier in Katar bitteschön rauszuhalten. Auch, wenn es um Menschenleben, Menschenwürde – überhaupt um Menschen geht.

Lese-Tipp: "Heute fühle ich mich homosexuell" – FIFA-Boss kritisiert "heuchlerische" Kritik am WM-Gastgeber Katar

Lese-Tipp: Bis 2031? Mit FIFA-Herrscher Infantino in noch schrecklichere Zeiten

Aber worum geht es eigentlich – außer um Machterhaltung/-ausbau und Geldvermehrung? Laut der FIFA-Pressekonferenz von Freitag darum: „Wir verteidigen Werte, wir verteidigen die Menschenrechte und die Rechte aller bei der Weltmeisterschaft. Diese Fans und die Milliarden, die im Fernsehen zuschauen, haben ihre eigenen Probleme. Sie wollen einfach nur 90 oder 120 Minuten zusehen, ohne an irgendetwas denken zu müssen, sondern einfach nur einen kleinen Moment der Freude genießen. Wir müssen ihnen einen Moment geben, in dem sie ihre Probleme vergessen und den Fußball genießen können.“ Da haben Friedens-Botschaften natürlich nichts verloren. (mli)