Werders Loyalität endet in totaler Panik

Das Kohfeldt-Aus kommt (zu) spät

Ein Kommentar von Anja Rau
Werder Bremen steht am Abgrund der Fußball-Bundesliga. Noch ist der Klassenerhalt drin, aber dafür ist nicht länger Florian Kohfeldt verantwortlich. Der Trainer muss für eine Clublegende weichen. Eine Frage aber bleibt: Warum erst jetzt?

Wieder einmal kurz vor dem Abstieg

FILE-In this May 1, 2021 taken photo Bremen's head coach Florian Kohfeldt walks in dejection end of the German soccer cup semifinal soccer match between Werder Bremen and RB Leipzig at the Weserstadion stadium in Bremen, Germany. Werder Bremen has fired coach Florian Kohfeldt one match day before the end of the season. Former coach Thomas Schaaf will coach the team until the end of the season.(Carmen Jaspersen/Pool Photo via AP)
Florian Kohfeldt
HA, AP, Carmen Jaspersen

Werder Bremen machte Werder-Bremen-Dinge. Auf dem Platz, denn die Bundesliga-Mannschaft trudelt wieder einmal gen Abstieg. Und abseits des Platzes, denn der Club hielt der Kritik von außen stand. Wieder einmal - wie immer. Der Trainer muss weg, sagten viele. Florian Kohfeldt aber hatte das Vertrauen des Clubs und blieb, wie so häufig schon Trainer vor ihm von der Ruhe und Gelassenheit der Hanseaten profitierten. Loyalität bis zur Schmerzgrenze - und darüber hinaus.

Im DFB-Pokal lief es schließlich sauber, das Aus im Halbfinale gegen RB Leipzig nach Verlängerung war beileibe keine Schande. Ein Erfolg, von dem man sich blenden ließ. Denn in der Liga lief es immer weniger. Nach diesem 33. Spieltag steht Werder Bremen, mal wieder, auf Platz 16. Ein Spieltag bleibt und womöglich die Relegation.

Plötzlich ist die Panik groß

Maximal drei Spiele also, die für die Norddeutschen über den Verbleib in der Liga entscheiden. Plötzlich ist die Panik groß. Und die Loyalität vergessen. Weiter geht es ohne Kohfeldt. Die Schmerzgrenze zu weit ausgereizt, das Eingreifen der Chefetage nötig - längst überfällig. Was von außen nicht zu übersehen war, hat man jetzt auch intern eingestehen müssen. Ein Erwachen in Panik. "Die jüngste Entwicklung und die Ratlosigkeit, die in Augsburg auf dem Platz spürbar war, hat uns zur Überzeugung kommen lassen, dass der Mannschaft der Glaube an die aktuelle Konstellation verloren gegangen ist", sagte Sportdirektor Frank Baumann im Sport1-Doppelpass.

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Déjà-vu schockiert

Die Loyalität, für die Werder geschätzt wird, wird dem Club zum Verhängnis. Baumann und Co. haben die Augen vor der Realität zu lange verschlossen. Bremen spielt seit Wochen, ach was, Monaten, schlecht, die Mannschaft wirkt nicht, als ob sie wirklich mehr könnte, auch wenn ihr Einsatzwille nicht grundsätzlich abzusprechen ist. Die 0:2-Niederlage ist die achte im neunten Spiel, nur ein Unentschieden durchbricht diese Negativserie.

Wieder Relegation, wieder die Last-Minute-Rettung? Noch möglich, aber nicht wieder mit Kohfeldt. Bremens zu langes Zögern soll nun einer ausmerzen, der die Bremer Loyalität selbst bestens kennt: Thomas Schaaf - von 1999 bis 2013 Dauer-Trainer der Grün-Weißen, 2018 zum Verein zurückgekehrt als Technischer Direktor. 1999 übernahm Schaaf vom erfolglosen Felix Magath drei Spieltage vor Schluss. Er holte zwei Siege - und Werder blieb Erstligist.

Ein gutes Omen also? Nun, diesmal bleibt Schaaf noch weniger Zeit: ein Endspiel gegen Borussia Mönchengladbach am 34. Spieltag. Parallel sollten aus Bremer Sicht weder Bielefeld gegen Stuttgart, noch Köln gegen die bereits verabschiedeten Schalker gewinnen. Die Panik könnte zu spät in Werders Chefetage aufgekommen sein. Die Loyalität wirkt jetzt wie Schnarchnasigkeit. Und das soll doch ganz bestimmt kein Werder-Bremen-Ding sein. (ntv.de)