Wer hat Hanns Martin Schleyer erschossen? Ex-RAF-Terroristin Silke Maier-Witt bricht ihr Schweigen

Die Ex-Terroristin der RAF, Silke Maier-Witt, kommt am Donnerstag (24.02.2011) in Stuttgart als Zeugin zur Verhandlung ins Landgericht. Im Hintergrund sind die angeklagte ehemalige RAF-Terroristin Verena Becker (l) und ihr Anwalt Hans Wolfgang Euler zu sehen. Becker ist als Mittäterin des Mordanschlags auf Generalbundesanwalt  Buback im Jahr 1977 angeklagt. Foto: Uwe Anspach dpa/lsw | Verwendung weltweit
Die ehemalige RAF-Terroristin Silke Maier-Witt hat 40 Jahre nach der Ermordung von Hanns Martin Schleyer über die Tat gesprochen.
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Seit 40 Jahren quält Jörg Schleyer die Frage, wer seinen Vater erschossen hat. Der Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer wurde am 5. September 1977 von Terroristen der Rote Armee Fraktion (RAF) entführt. Nach sechs Wochen Geiselhaft erschossen die Kidnapper den 62-Jährigen. Bis heute ist unklar, wer damals die tödlichen Schüsse abgegeben hat. Alle, die an der Tat beteiligt waren, schwiegen hartnäckig – bis heute. Die frühere RAF-Terroristin Silke Maier-Witt brach nun ihr Schweigen und bat Schleyers Sohn um Vergebung.

"Ich möchte erst einmal um Verzeihung bitten"

Joerg Schleyer (Sohn von Hanns Martin Schleyer, der 1977 von der RAF ermordet wurde), Lanz, Aufzeichnung 2 vom 06.09.2017, Hamburg, | Verwendung weltweit
Jörg Schleyer, der jüngste Sohn von Hanns Martin Schleyer, will seit 40 Jahren wissen, wer seinen Vater erschossen hat.
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Maier-Witt war nach der Entführung und Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Die Strafe hat die 67-Jährige längst verbüßt, abgeschlossen hat sie mit den Ereignissen von damals aber offenbar noch nicht. Laut 'Bild'-Zeitung traf sich die Ex-Terroristin mit Jörg Schleyer, dem jüngsten Sohn des damals Ermordeten, in Skopje. Maier-Witt lebt seit mehreren Jahren in der mazedonischen Hauptstadt.

"Es klingt so platt. Aber ich möchte erst einmal um Verzeihung bitten. Es hilft nicht viel, aber ich denke, dass ich immer ausgewichen bin, mich dem zu stellen", sagte sie Schleyer zur Begrüßung, berichtete die Zeitung. Rund sieben Stunden sprachen die beiden miteinander. Wer genau seinen Vater damals erschoss, erfuhr der Sohn zwar immer noch nicht, aber er ist der Antwort ein großes Stück näher gekommen.

Welcher RAF-Terrorist hat Hanns Martin Schleyer auf dem Gewissen?

ARCHIV - Der am 5. September 1977 von Terroristen der Roten Armee Fraktion (RAF) entführte damalige Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer (Archivfoto vom 13.10.1977). Schleyer ist eines der bekanntesten Opfer der RAF. Er wurde am 5. September 1977 in Köln vom RAF-Kommando «Siegfried Hausner» entführt. Dabei erschossen die Angreifer auch Schleyers Begleiter. Die Entführer verlangten im Austausch für Schleyer die Freilassung von elf inhaftierten RAF-Mitgliedern. Nach dem Selbstmord der Terroristen Baader, Ensslin und Raspe wurde Schleyers Leiche am 19. Oktober 1977 im elsässischen Mühlhausen gefunden. dpa (nur s/w - zu dpa-Themenpaket Deutscher Herbst vom 03.09.2007 - Wiederholung vom 22.08.2007)  +++(c) dpa - Bildfunk+++
Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer wurde am 5. September 1977 von RAF-Terroristen entführt und sechs Wochen später erschossen.
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Maier-Witt wusste zwar nicht, wer genau damals abdrückte, aber sie wusste, wer zuletzt bei der Geisel war. "Erstmalig habe ich aus dem Mund einer wegen des Mordes verurteilten Terroristin erfahren, wer die drei Personen sind, die bei meinem Vater waren, als die tödlichen Schüsse abgegeben wurden", sagte Schleyer der Zeitung nach dem Gespräch.

Schleyer bat auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, die bis heute unter Verschluss gehaltenen Akten zum Mord endlich freizugeben. "Bei der Entscheidung über mindestens acht Gnadengesuche von RAF-Mördern in den vergangenen Jahren muss das Präsidialamt Einsicht in Aktenauszüge der Bundesanwaltschaft, des Verfassungsschutzes und des BND zu den Morden bekommen haben. Genau dieses Wissen darf den Hinterbliebenen der Opfer nach 40 Jahren nicht weiter verwehrt werden", meint der Sohn.

Die Terrorgruppe hatte seinen Vater damals entführt, um inhaftierte RAF-Mitglieder freizupressen. Als das scheiterte, musste Schleyer sterben. Jörg Schleyer hofft nun, dass weitere RAF-Mitglieder dem Beispiel von Maier-Witt folgen und ihr Wissen offenbaren. Vielleicht wird das Rätsel um den Tod seines Vaters dann doch noch gelöst.