Aufgeben ist keine Option

Nach Blutvergiftung verlor er seine Beine: Ibrahim kämpft sich zurück ins Leben

Wer Ibrahim Kahled lachen und strahlen sieht, dem fällt es vielleicht schwer, sich vorzustellen, was der junge Mann aus Weilerswist in Nordrhein-Westfalen alles erlebt hat. Der 26-Jährige hat schreckliche Schicksalsschläge hinter sich, doch auch einen starken Willen. Und eine tolle Familie, die ihn rund um die Uhr betreut, hilft, wo immer sie kann. Seit fünf Jahren, seit dem Tag, als plötzlich nichts mehr so wie früher war. Wie Ibrahim sich ins Leben zurückkämpft – in unserem Video.

„Ich habe sehr viel verloren"

Ibrahim ist ein fröhlicher Mensch, er spielt für sein Leben gern Fußball. Und er hat klare Vorstellungen von der Zukunft: Polizist will er werden. Im November 2015 bekommt er eine Blutvergiftung. Mit einem septischen Schock kommt er in die Klinik, multiples Organversagen im Endstadium. Die Ärzte geben die Hoffnung fast auf, können sein Leben nur mit Mühe retten.

Der Fußballer Ibrahim verliert seine Beine, nie wieder wird er im Tor seiner Mannschaft stehen können. Früher war er Torwart, jetzt verliert er durch die Blutvergiftung auch noch fast seine Hände, die zeitweise ohne Durchblutung waren. Fast ein Vierteljahr liegt Ibrahim im künstlichen Koma, eher er langsam mit der Reha beginnen kann. „Ein ganz anderes Leben“, sagt er leise und beginnt zu weinen, als er uns tapfer von dieser Zeit erzählt. „Ich habe sehr viel verloren."

Ärzte wissen nicht, warum seine Sepsis so schlimm verlief

Physio
Den Moment, als Ibrahim das erste Mal wieder aufrecht stehen konnte, beschreibt er als "unbeschreiblich".

Warum er so schwer erkrankt ist, konnte nie festgestellt werden. Sicher ist, dass Bakterien in seinen Körper gelangt sind, auf welchem Weg auch immer. „Die Sepsis als solche ist in der Regel ein lebensbedrohliches Erkrankungsbild, wo Bakterien in den Körper eindringen und dann letztendlich zu einer schwersten Entzündungsreaktion führt, die den gesamten Körper und Kreislauf betrifft“, erklärt Dr. Paul Fuchs, der Ibrahim behandelt hat. Erschwerend kam hinzu, dass es zusätzlich zu einer vermehrten Blutgerinnung kam, wodurch Blutgefäße verstopften.

Für Ibrahim beginnt ein Marathon von Behandlungen und Reha-Maßnahmen. Noch heute sind seine Stimmbänder angegriffen, weil er solange künstlich beatmet wurde. Deswegen arbeitet er mit einem Logopäden. Der heute 26-Jährige trainiert viel, um seine Schultern, Hände und Beinstümpfe zu trainieren. Dreimal wöchentlich Physiotherapie. Seit zwei Jahren hat er Prothesen. Er erinnert sich noch genau an den Moment, als er das erste Mal wieder aufrecht stehen kann. „Unbeschreiblich“ sei das gewesen.

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„Man muss sich ja kleine Ziele setzen, um ans große Ziel zu kommen“

Vorher
Ein Bild aus der Zeit vor dem Schicksalsschag.

Immer an seiner Seite: die unermüdliche Familie. Mutter Amira, die sich aufopferungsvoll kümmert. Sein jüngerer Bruder Ismail, der sagt: „Es war komisch. Erst war er mein Vorbild und dann ist er auf mich angewiesen.“ Aber beide hätten sich daran gewöhnt. Der Jüngere reicht ihm sein Handy, hilft am PC und bei anderen Alltagsdingen, die der Ältere nicht selber machen kann.

Ibrahims Physiotherapeut lobt das Engagement und die Fortschritte seines Patienten. „Natürlich ist noch Potenzial nach oben da, aber er hat sehr, sehr viel geschafft“, sagt er. Und Ibrahim Kahled freut sich über jeden Erfolg auf dem Weg zu mehr Selbständigkeit. „Man muss sich ja kleine Ziele setzen, um ans große Ziel zu kommen.“ Und wer ihn dabei beobachtet, der spürt, dass Ibrahim nicht aufgeben wird, sich soviel Selbständigkeit zu erarbeiten, wie es nur geht. Aufgeben ist für diesen bewundernswerten Kämpfer keine Option.

Mit seiner Instagram-Seite will er anderen Mut machen

Das zeigt er auch mit seiner Instagram-Seite „Carbonibo“. Mit ihr will er anderen Menschen Mut machen. Jedes Bild ist ein Zeichen, ein Statement dafür, sich nicht unterkriegen zu lassen. Ibrahim Khaled zeigt allen, wie das geht.

Info Blutvergiftung

Jährlich erkranken in Deutschland etwa 300.000 Menschen an einer Blutvergiftung, etwa jede dritte endet tödlich.

Eine Blutvergiftung oder Sepsis liegt vor, wenn sich Bakterien, manchmal auch Pilze, aus einer örtlichen Infektion über das Blut im gesamten Körper ausbreiten. Da die Erkrankung schnell lebensgefährliche Ausmaße annehmen kann, ist eine rasche Behandlung sehr wichtig. Eine Blutvergiftung sollte nicht unterschätzt werden.