Uniform aus, Boxhandschuhe wieder an
Von der Front in den Ring: Box-Superstar Lomachenko mit bemerkenswertem Comeback

Als Russland am 24. Februar in die Ukraine einmarschiert, das Land aus der Luft mit Bomben überzieht, zögert Vassiliy Lomachenko nicht lange. Statt einen großen Kampf um die Leichtgewichts-Krone zu forcieren, unterbricht der Box-Superstar seine Karriere, schließt sich in seiner Heimat nahe Odessa einem Verteidigungs-Battailon an. Jetzt ist Lomachenko in den Ring zurückgekehrt – und wieder in Position für den Big Fight.
Comeback in New York
Im Madison Square Garden in New York bezwang der 34-Jährige Lomachenko in der Nacht auf Sonntag den zuvor ungeschlagenen Amerikaner Jermaine Ortiz. Nach zwölf Runden urteilten alle drei Punktrichter zugunsten des Ausnahmekönners aus der Ukraine. Aber: Es war ein hartes Stück Arbeit für Lomachenko, der sich mit seinem acht Jahre jüngeren und schnellen Gegner lange schwer tat, erst in der zweiten Hälfte des Duells richtig auf Touren kam. Angesichts der Vorgeschichte dennoch ein bemerkenswertes Comeback.
Monatelang hatte Lomachenko nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine seine Karriere auf Eis gelegt, um bei der Verteidigung seiner Heimat mitzuhelfen. Dabei stand er kurz vor einem ganz dicken Ding. Als Putin den Befehl zum Krieg gab, trainierte Lomachenko in Griechenland. Im Juni sollte er in Australien gegen den damaligen Weltmeister George Kambosos um alle WM-Titel im Leichtgewicht (bis 61,2 kg) antreten. Ein großer Kampf, ein großer Zahltag.

Einsatz in Uniform "eine einfache Entscheidung für mich"
„Hey, bleibt da!“, habe er Lomachenkos Manager nach Kriegsausbruch geschrieben, berichtete Promoter-Urgestein Bob Arum später. „Aber er ist nach Rumänien geflogen, weil wegen des Krieges zu der Zeit alle Flughäfen in der Ukraine geschlossen waren und hat sich ein Auto gemietet, mit dem er von Rumänien bis in die Ukraine gefahren ist, um zurückzukommen.“
In seiner Heimat nahe Odessa schloss sich Lomachenko einem örtlichen Verteidigungs-Bataillon an. Fotos zeigten ihn in Uniform und mit geschultertem Gewehr. Patrouille statt Boxtraining, hieß von da an der Alltag des Superstars.
„Es war eine einfache Entscheidung für mich, denn es war Krieg in meinem Land, meiner Heimatstadt. Ich musste bei meiner Familie bleiben und meinen Leuten, um unser Land zu verteidigen. Da denkt man nicht ans Boxen oder die Zukunft, sondern nur daran, das Leben seiner Familie und sein eigenes Leben zu retten“, sagte Lomachenko vor seinem Kampf in New York gegen Ortiz. Im Ring wolle er seinen Landsleuten in dieser schweren Zeit jetzt einfach ein bisschen Abwechslung und Freude schenken.

Großer Kampf gegen Devin Haney winkt
Das hat Lomachenko getan. Mehr noch: Sein Punktsieg gegen Ortiz hat ihn wieder in genau jene Position gebracht, in der er vor dem Krieg gegen die Ukraine war. Ihm winkt erneut ein Kampf um die unumstrittene Leichtgewichts-Krone. Deren Träger, der Amerikaner Devin Haney, schaute sich Lomachenkos Comeback am Ring in New York interessiert an.
Haney vs. Lomachenko sei der Kampf, den es zu machen gelte, sagte Promoter-Pate Arum. An Lomachenko wird das Ganze nicht scheitern. „Ich bin bereit, alle Bedingungen zu akzeptieren, die Haney stellt. Ich brauche diesen Kampf mehr als er. Seine vier Gürtel motivieren mich.“ (mar)