Modell für die Zukunft?

Vier-Tage-Woche: Großes Arbeitszeit-Experiment startet in Deutschland

100-80-100 - ist das das Arbeits-Modell der Zukunft? Am Donnerstag, den 21.September, hat in Deutschland ein Pilotprojekt begonnen, das unser Arbeitsleben nachhaltig verändern könnte. Was dahinter steckt.

Video-Tipp: Wiesbadener Friseurbetrieb setzt auf Vier-Tage-Woche

Vier-Tage-Woche: Das steckt hinter dem 100-80-100-Modell

100 Prozent Leistung in 80 Prozent der Zeit bei 100 Prozent Bezahlung - kurzum: eine Vier-Tage-Woche. In Deutschland soll sie in 50 Unternehmen über sechs Monate erprobt und die Umstellung wissenschaftlich ausgewertet werden.

Interessierte Unternehmen können sich ab Donnerstag für die Teilnahme bewerben, der Testzeitraum soll noch in diesem Jahr beginnen.

Die teilnehmenden Unternehmen sollen die Vier-Tage-Woche dann mindestens sechs Monate lang ausprobieren. Innerhalb dieses Zeitraums können sie auf Experten zurückgreifen, neue Methoden lernen und mit den anderen Arbeitgebern in den Austausch gehen.

Lese-Tipp: Ist die Vier-Tage-Woche das Modell der Zukunft?

Auch Kontakte zu Unternehmen, die bereits dauerhaft auf die Vier-Tage-Woche umgestellt haben, sollen ermöglicht werden. Die wissenschaftliche Auswertung übernimmt die Universität Münster.

„Wir erhoffen uns, die Debatte um die Vier-Tage-Woche auf ein neues Niveau zu heben - mit wissenschaftlicher Unterstützung“, sagt dazu Unternehmensberater Jan Bühren von Intraprenör. Die Firma mit Sitz in Berlin organisiert das Projekt in Deutschland gemeinsam mit der Organisation 4 Day Week Global.

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Vier-Tage-Woche ist nicht gleich Vier-Tage-Woche

Das Pilotprojekt setzt auf eine Vier-Tage-Woche, bei der die Arbeitszeit reduziert wird, Gehalt und angestrebte Leistung aber gleich bleiben sollen.

Andere Modelle sehen beispielsweise vor, dass mit weniger Arbeitszeit auch weniger Lohn einhergeht.

Vor allem kleinere Unternehmen setzen eher auf ein Konzept, in dem an vier Tagen etwas mehr gearbeitet wird, um dann am fünften Tag die Mehrstunden der Vortage durch Freizeit auszugleichen.

Am meisten diskutiert wird aber über die erste Variante, also weniger Arbeitszeit bei gleichem Lohn. Diese strebt auch die IG Metall an, wenn sie bei ihren Forderungen für die nächsten Tarifverhandlungen in der Eisen- und Stahlindustrie eine Vier-Tage-Woche fordert. Die Idee dahinter: Wer nur an vier Tagen in der Woche arbeiten muss, ist konzentrierter und motivierter bei der Sache - und erfüllt seine Vorgaben auch in der geringeren Zeit noch erfolgreich.

Das denken die Deutschen über die Vier-Tage-Woche

Eine Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung kam kürzlich zu dem Ergebnis, dass die Vier-Tage-Woche bei Arbeitnehmern eine beliebte Vorstellung ist - zumindest in Kombination mit gleichem Lohn.

In der Befragung der Stiftung sagten gut 73 Prozent, dass sie sich eine Vier-Tage-Woche mit entsprechend kürzerer Arbeitszeit wünschen. Rund 8 Prozent wünschen sich diese auch mit weniger Lohn. 17 Prozent lehnten die Vier-Tage-Woche ab. Bei den Gründen wurde der Punkt „Weil ich mehr Zeit für mich selbst haben will“ am häufigsten genannt (96,5 Prozent). Dahinter folgte: „Weil ich mehr Zeit für meine Familie haben will“ (89 Prozent).

Befragte, die die Vier-Tage-Woche ablehnten, sagten besonders häufig, dass sie Spaß an der Arbeit hätten (86 Prozent). 82 Prozent zeigten sich skeptisch, dass eine Arbeitszeitverkürzung etwas an den Arbeitsabläufen ändern würde. Rund 77 Prozent gehen davon aus, dass sie die Arbeit dann nicht mehr schaffen würden.

Das RTL-Trendbarometer zeigt dagegen ein anderes Ergebnis: Eine Mehrheit der Deutschen findet eine Vier-Tage-Woche für alle gar nicht sinnvoll.

Lese-Tipp: Vier Tage Arbeiten bei vollem Gehalt – wie überraschend die Deutschen darüber denken!

Große Arbeitgeber-Zustimmung nach Projekt in Großbritannien

Nach dem Vier-Tage-Wochen-Projekt in Großbritannien zogen die meisten der teilnehmenden Unternehmen ein sehr positives Fazit. 56 von 61 Arbeitgeber teilten mit, dass sie die Vier-Tage-Woche beibehalten wollen. Die Krankheitstage gingen während des Testzeitraums um rund zwei Drittel (65 Prozent) zurück und die Zahl der Angestellten, die in dieser Zeit das Unternehmen verließen, fiel um mehr als die Hälfte (57 Prozent). Durchschnittlich stieg der Umsatz der beteiligten Unternehmen der Analyse zufolge während der Testphase um 1,4 Prozent.

Die Ergebnisse beruhen allerdings auf der Auswertung von Unternehmen, die sich freiwillig zur Teilnahme gemeldet hatten. Eine zufällige Auswahl gab es nicht. In Großbritannien nahmen Unternehmen aus dem Finanzsektor, der IT- und Baubranche sowie der Gastronomie und dem Gesundheitswesen teil.

Insgesamt beschäftigen die beteiligten Firmen rund 2.900 Angestellte. Einige Betriebe führten flächendeckend ein dreitägiges Wochenende ein, während andere den freien Tag der Angestellten über die Woche staffelten oder an Ziele koppelten.

Das Modell 100-80-100 könnte auch in Deutschland ein voller Erfolg werden. (dpa/aze)