Was geschah auf dem Fußmarsch zur WM?
Vermisst: Fußballfan will 7.000 Kilometer nach Katar laufen und verschwindet auf mysteriöse Weise

Es ist ein Marsch, der Santiago Sánchez Cogedor alles abverlangt: 7.000 Kilometer will der 40-Jährige von Spanien zur Fußball-WM nach Katar laufen – eine Strecke fast zehnmal so lang wie der berühmte Jakobsweg nach Santiago de Compostela. Doch der Fußballfan verschwindet auf mysteriöse Weise, die Sorge um ihn ist groß. Hat sein Schicksal etwas mit den Unruhen im Iran nach dem Tod der iranischen Kurdin Mahsa Amini (22) zu tun?
Fußballfan dokumentiert Wanderung zur Fußball-WM in Katar auf Instagram
Ende Dezember 2021 bricht der ehemalige Fallschirmjäger in Alcala de Henares bei Madrid auf und will Anfang November in Katar ankommen. Seine ungewöhnliche Wanderung dokumentiert Santiago auf Instagram; 33.000 Follower können unzählige Bilder von dem Trip durch mehrere Länder bewundern.
Doch seit dem 1. Oktober herrscht auf dem Account beängstigende Stille. Der bislang letzte Post stammt aus dem "letzten Dorf im Nordirak" – kurz vor Santiagos geplanter Einreise in den Iran. "Ein Berg trennt mich noch vom Iran – das nächste Land, bevor ich in Katar ankomme", schrieb er dazu. Zuvor war der 40-Jährige schon durch Frankreich, Italien, Griechenland, Albanien und die Türkei gewandert.
Massenproteste im Iran nach Tod von Mahsa Amini

"Das letzte Mal, dass ich mit ihm gesprochen habe, war am 1. Oktober", erzählt sein enger Freund Miguel Bergado. "Er hat mir seinen Aufenthaltsort übermittelt – da war er im irakischen Teil Kurdistans, fünf Kilometer von der Grenze zum Iran." Seitdem gibt es kein Lebenszeichen von Santiago, seine Familie ist in großer Sorge. Sie glaubt, der 40-Jährige könnte von iranischen Sicherheitskräften festgenommen worden sein. Nach dem Tod von Mahsa Amini in Polizeigewahrsam am 16. September wird der Iran von Massenprotesten erschüttert. Santiagos Familie hat sich ans spanische Außenministerium und die spanische Botschaft in Irans Hauptstadt Teheran gewandt.
Spanischer Fußballfan im Iran festgenommen?
"Mein Gefühl sagt mir, dass sie ihn aus politischen Gründen im Iran festgenommen haben, weil er ein Ausländer ist", erzählt Miguel Bergado. "Die spanische Botschaft im Iran sagt, einige Menschen seien verhaftet worden, weil sie Fotos von den Unruhen gemacht haben. Vielleicht war das der Grund dafür."
Santiago, der nach seinem Ausscheiden aus der Armee Boxer und Personal-Trainer geworden ist, hatte vor Beginn seiner Wanderung gesagt: "Ich bewerte meine Reisen nicht nach der Zahl der Kilometer, sondern nach den Familien, die ich kennenlerne. Es geht nicht um die 7.000 Kilometer von Madrid nach Katar, sondern um die Menschen und ihre Geschichten." Manche Leute würden ihn für verrückt erklären. "Aber in Wirklichkeit ist derjenige verrückt, der nichts für sich oder andere tut."
Instagram-Follower beten für Santiago Sánchez Cogedor
Doch Santiago ist nicht nur abenteuerlustig, sondern auch fußballverrückt: Er hat bereits 11.000 Kilometer mit dem Fahrrad nach Saudi-Arabien zurückgelegt, um dort ein Spiel seines Lieblingsvereins Real Madrid zu sehen. Und er will gerne während der WM in Katar einige Spieler der spanischen Nationalmannschaft treffen.
Die Instagram-Follower hoffen, bald endlich wieder etwas vom 40-Jährigen zu hören. "Melde dich, sobald du die Möglichkeit hast, du machst uns Sorgen", kommentierte ein User. Ein anderer schrieb: "Hoffentlich wissen wir bald, wo du bist und dass alles in Ordnung ist. Wir beten für dich, Santi!" (bst)