Prozessauftakt in Hamburg
Sechs Tage Gefangenschaft: Vater und Sohn nehmen 39-Jährige als Geisel

Andre H. (52) soll seiner Lebensgefährtin Cornelia S. gewaltsam entführt haben und das gleich zwei Mal. Dabei soll er sogar seinen Sohn und dessen Freund mit eingespannt haben. Jetzt muss sich der 52-Jährige unter anderem wegen zweifacher Geiselnahme verantworten. Auch sein Sohn und dessen Freund sind angeklagt.
Die erste Entführung
Laut Anklageschrift soll Andre H. wie folgt vorgegangen sein: Es ist der 13. April 2020. Unter einem Vorwand lockt der 52-Jährige seine Freundin Cornelia S. in sein Auto. Er fährt mit ihr Richtung Bad Bentheim. In einem Waldstück soll er ihr dann mit der Faust ins Gesicht geschlagen und sie mit Kabelbindern gefesselt haben. Außerdem soll er ihr gedroht haben sie zu töten. Bis zum nächsten Morgen hält er laut Anklage Cornelia S. fest. Als sie ihm dann verspricht nicht zur Polizei zu gehen und ihn nicht zu verlassen, bringt er sie nach Hause. Doch die damals 39-Jährige hat Schmerzen durch den Faustschlag und Hautabschürfungen und zeigt Andre H. letztendlich doch an.
Für 1.000 Euro zweite Entführung
In den folgenden Tagen soll der Angeklagte Andre H. seinen Sohn Manuel H. (26) und dessen Freund Christoph C. (25) gebeten haben, ihm dabei zu helfen Cornelia S. erneut zu entführen. Dafür soll Andre H. 1.000 Euro geboten haben. Laut Anklageschrift wollte der 52-Jährige Cornelia S. so zurückgewinnen und sie dazu bringen, die Strafanzeige zurück zu nehmen. Am 19. April 2020 folgt dann die zweite Entführung: Laut Anklageschrift lauern die Drei Cornelia S. in der Tiefgarage der gemeinsamen Wohnung in Hamburg-Eidelstedt auf und ziehen sie aus ihrem Auto. Als ihr Sohn eingreift, um seine Mutter zu schützen, soll das Trio versucht haben, ihn mit einer Elektroschockpistole zu treffen, verfehlen ihn aber. Anschließend schlagen sie ihn laut Anklage und bringen ihn so zu Boden.
Der Angeklagte Andre H. zieht daraufhin Cornelia S. mit Hilfe seiner beiden Komplizen in einen Mietwagen. Sie schüchtern sie ein und fahren mit ihr in einen Wald bei Wedel in Schleswig-Holstein. Nachdem die beiden jungen Männer ihr Geld kassiert haben, soll Andre H. zu einem Feldweg bei Elmshorn in Schleswig-Holstein gefahren sein. Laut Anklage verbringt er dort mit ihr die Nacht im Auto während Cornelia S. auf der Rückbank schläft.
Letzte Station Nordhorn
Laut Staatsanwaltschaft fährt Andre H. am nächsten Morgen mit Cornelia S. zur Wohnung eines Bekannten in Nordhorn in Niedersachsen. Hier soll er die damals 39-Jährige bis zu ihrer Befreiung durch die Polizei festgehalten haben. Die Polizei sucht mit Hochdruck nach der Frau. Zuerst finden die Beamten einen VW Polo, das Fluchtfahrzeug, verlassen in Schleswig-Holstein. Weitere Ermittlungen führen die Polizisten zu einem anderen Wagen und nach sechs Tagen können sie Andre H. festnehmen und Cornelia S. befreien.
Angeklagter ist vorbestraft
Der Grund für die Geiselnahme soll gewesen sein, dass sich das Opfer Cornelia S. nach 23 Jahren von Andre H. getrennt habe: „Ausgangspunkt der Trennung ist eine Verhaftung im Februar 2020 wegen Vorwürfen in Oldenburg gewesen, laut Anklage“, sagt Kai Wantzen, Sprecher Oberlandesgericht Hamburg, im RTL Interview. Am 8. April 2020 wurde Andre H. dann vorübergehend entlassen, seine damalige Partnerin trennte sich und es kam zu den Geiselnahmen. Im Januar 2021 wurde Andre H. dann in Oldenburg zu drei Jahren und vier Monaten Haft wegen Diebstahls, Brandstiftung und Beihilfe wegen versuchten Betrugs verurteilt. Die Strafe sitzt er aktuell ab.
Erster Verhandlungstag in Hamburg
Das Opfer und Nebenklägerin Cornelia S. war am Mittwoch (24. August 2022) nicht im Gerichtssaal, sie sagt vielleicht am Donnerstag aus. Nach der Verlesung der Anklageschrift hatten die drei Angeklagten die Gelegenheit sich zu dem Fall zu äußern. Das tat aber nur Christoph C. Der 25-Jährige gab an, schon seit der Kindheit mit Manuel H., dem Sohn des Haupttäters Andre H., befreundet zu sein. Er sagt heute vor Gericht aus, dass er angeblich nichts von der geplanten Entführung gewusst haben will und nur dem Vater seines Freundes helfen wollte. „Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten hier Geiselnahme vor, zugleich gefährliche Körperverletzung. In Bezug auf den älteren Angeklagten geht die Staatsanwaltschaft sogar von einer Geiselnahme in zwei Fällen aus“, heißt es von Gerichtssprecher Kai Wantzen.
Bei einer Verurteilung wegen Geiselnahme drohen den Angeklagten zwischen fünf und 15 Jahren Gefängnis.