Der Valentinstag wurde für ihn zum Tag der Freiheit!

Beim Freispruch fließen Tränen: Mann sitzt 28 Jahre unschuldig im Knast

Lamar Johnson, center and his attorneys react on Tuesday, Feb. 14, 2023, after St. Louis Circuit Judge David Mason vacated his murder conviction during a hearing in St. Louis, Mo. Johnson served nearly 28 years of a life sentence for a killing that he has always said he didn't commit. (Christian Gooden/St. Louis Post-Dispatch via AP, Pool)
Lamar Johnson wurde 1995 wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt - obwohl er dieses Tat nie begangen hat.
Christian Gooden, AP, Christian Gooden

28 Jahre lang saß er hinter Gittern – für einen Mord, den er nie begangen hat!
Der 14. Februar 2023 muss für Lamar Johnson eine Befreiung gewesen sein – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn der heute 49-Jährige hat die Hälfte seines Lebens in einem Gefängnis verbracht – verurteilt für einen Mord, denn er nie begangen hat. Der Fall ist ein weiteres Beispiel für einen Justizskandal in den USA. Obwohl es sogar ein Geständnis des echten Täters gab, blieb Johnson im Gefängnis – belastet durch Zeugenaussagen, die rassistisch motiviert oder durch Geld verfälscht worden waren.

Als die Entscheidung fällt, bricht im Gerichtssaal Jubel aus

Drei Jahrzehnte lang beharrte Johnson darauf, unschuldig zu sein. Als dann am Dienstag Richter David Mason vor dem Berufsgericht in St. Louis im US-Bundesstaat Missouri seine Haftstrafe aufhebt, jubelt der Gerichtssaal. Johnson wischt sich die Tränen aus den Augen, so ein Bericht der „The Kansas City Star“.

Erika Barrow, former girlfriend to Lamar Johnson, reacts on Tuesday, Feb. 14, 2023, after St. Louis Circuit Judge David Mason vacated his murder conviction during a hearing in St. Louis, Mo. Johnson served nearly 28 years of a life sentence for a killing that he has always said he didn't commit. (Christian Gooden/St. Louis Post-Dispatch via AP, Pool)
Johnsons frühere Freundin, Erika Barrow, bricht bei der Verkündung des Freispruchs ebenfalls in Tränen aus.
Christian Gooden, AP, Christian Gooden

Die Akte Johnson: Dieser Mord brachte ihn in den Knast

Im Oktober 1994 wird Markus Boyd auf seiner Veranda in St. Louis erschossen. Johnson und ein weiterer Mann, Phillip Campbell, werden festgenommen und vor Gericht gestellt, so „Kansas City Star“. Campbell gesteht und bekommt eine siebenjährige Haftstrafe, aber Johnson beteuert seine Unschuld. Er bekommt lebenslänglich.

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Während er seine Strafe absitzt, erhält Johnson angeblich einen Brief des echten Täters James Howard. Er entlastet Johnson, weiß sogar, wo die für die Tat verwendeten Waffen und Skimasken sind. Johnson leitet den Brief sofort an den zuständigen Richter weiter – doch es passiert nichts.

Lamar Johnson, left, embraces St. Louis Prosecutor Kim Garner on Tuesday, Feb. 14, 2023, after St. Louis Circuit Judge David Mason vacated his murder conviction during a hearing in St. Louis, Mo. Johnson served nearly 28 years of a life sentence for a killing that he has always said he didn't commit. (Christian Gooden/St. Louis Post-Dispatch via AP, Pool)
Sie hat ihn da rausgeholt! Staatsanwältin Kimberly Gardner hat das Wiederaufnahmeverfahren in Gang gebracht. Nach der Verurteilung fällt Johnson ihr um den Hals.
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Erst 2022 gelingt es Staatsanwältin Kimberly Gardner ein Berufungsverfahren anzustrengen. Denn die angeblichen Beweise, die gegen Johnson sprechen, sind wackelig. Ein Mithäftling von Johnson hatte der Polizei erzählt, dass Johnson ihm den Mord gestanden hätte. Eine Lüge, wie sich später herausstellt. Der auskunftsfreudige Mithäftling, tätowiert mit einem Hakenkreuz und rassistischer Gesinnung, wollte Johnson wohl hinter Gittern sehen. Auch die Aussage eines zweiten Augenzeugen konnte im Laufe des Verfahrens widerlegt werden. Er soll für seine Aussage rund 4.000 Dollar „Zeugenentschädigung“ von der Staatsanwaltschaft bekommen haben, so „CNN“. Dass Johnson für den Abend des Mordes ein Alibi hatte, spielte vor Gericht keine Rolle.

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Der echte Mörder legt vor Gericht ein Geständnis ab

Staatsanwältin Gardner wirft aber auch den Staatsanwälten und den Ermittlern von damals Fehlverhalten vor. Auch Richter David Mason sprach den Medienberichten zufolge von Fehlern, durch die die verfassungsmäßigen Rechte des Angeklagten verletzt worden seien.

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Während einer Gerichtsverhandlung im Dezember gesteht der echte Mörder von Markus Boyd, James Howard, seine Tat. Er und der mittlerweile verstorbene Philip Campbell hatten Boyd im Jahr 1994 wegen eines Drogenstreits erschossen, so „CNN“.

28 Jahre unschuldig in Haft - und trotzdem keinen Cent Entschädigung

Nach seinem Freispruch wendet sich Lamar Johnson, laut St. Louis Public Radio, an die wartenden Unterstützer und Reporter: „Ich möchte als erstes den Leuten danken, die Informationen über den Fall hatten und die Wahrheit ans Licht brachten.“ Seine Hoffnung liegt nun darin, dass sein Fall andere ermutigt, die ebenfalls unschuldig im Gefängnis sitzen.

Bei seinem Kampf wurde Johnson auch vom Midwest Innocence Project unterstützt, eine gemeinnützige Organisation, die sich u.a. für zu Unrecht Verurteilte einsetzt. Die Organisation hat nun auch ein Spendenkonto auf der Seite „GoFundMe“ eingerichtet. Denn Johnson wird für die vielen Jahre, die er unschuldig im Gefängnis saß, keine Entschädigung erhalten – darauf hat er nach staatlichem Recht keinen Anspruch. (dgö)