Landgericht Traunstein verurteilt Sebastian T. Urteil im „Eiskeller“-Mord - Hannas (†23) Killer muss ins Gefängnis

von Ulrich Vonstein und Christina Lachnitt

Er ist schuldig und muss für neun Jahre hinter Gitter!
Im Prozess um den Tod der Studentin Hanna vor dem Landgericht Traunstein ist nach einem halben Jahr Verhandlungsdauer das Urteil gefallen. Im Juristendeutsch lautet es: „Gefährliche Körperverletzung in Tatmehrheit mit Mord aus Verdeckungsabsicht.“ Sebastian T. wurde nach Jugendstrafrecht verurteilt. Während er das Urteil regungslos entgegennahm, kämpfte Hannas Mutter mit den Tränen.

Hanna stirbt nach einer Partynacht in der Disko

19.03.2024, Bayern, Traunstein: Journalisten und Prozessbesucher warten im Landgericht Traunstein auf Einlass in den Gerichtssaal. Wegen Mordes an der Studentin Hanna hat das Landgericht Traunstein am Dienstag einen 22-Jährigen zu neun Jahren Jugendstrafe verurteilt. Foto: Lennart Preiss/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Journalisten und Prozessbesucher warten im Landgericht Traunstein auf Einlass in den Gerichtssaal.
lp jai, dpa, Lennart Preiss

Die Vorsitzende Richterin Jaqueline Aßbichler lobte die „unglaubliche Ermittlungsarbeit“ der Polizei. Zugleich rügte sie die Verteidigung des Angeklagten. Anwältin Regina Rick habe versucht, „die Meinung der Öffentlichkeit zu manipulieren und Druck auf die Richterin auszuüben.“

Nach Auffassung der Jugendkammer hat der damals 20-Jährige die junge Frau am frühen Morgen des 3. Oktober 2022 auf ihrem Heimweg von dem Club „Eiskeller“ in Aschau im Chiemgau aus sexuellen Motiven verfolgt, von hinten angegriffen und dann schwer verletzt in den nahen Bärbach geworfen. „Es handelte sich nicht um einen Unfall“, sagte die Vorsitzende Richterin.

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Die junge Frau aus dem oberbayerischen Aschau im Chiemgau hatte in der Nacht zum 3. Oktober 2022 in dem Club „Eiskeller“ gefeiert und war am nächsten Tag tot in einem Fluss gefunden worden. Der Fall rief über die Region hinaus Entsetzen hervor, eine Sonderkommission ermittelte unter Hochdruck, Hunderte Zeugen wurden befragt.

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Hannas Mörder schwieg im gesamten Prozess

Laut Obduktion ertrank die 23-Jährige. Weil der Angeklagte zur Tatzeit noch 20 Jahre alt war und ihm Gutachter Reifeverzögerung attestierten, verhängte das Gericht eine Jugendstrafe. Die Staatsanwaltschaft hatte für den inzwischen 22 Jahre alten Angeklagten neuneinhalb Jahre Jugendstrafe wegen Mordes verlangt. Die Anklage sah nach rund einem halben Jahr Prozessdauer und mehr als 30 Verhandlungstagen die Schuld des Angeklagten vollumfänglich bestätigt.

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Die Anwälte des jungen Mannes hatten hingegen Freispruch gefordert. Sie sahen viele Widersprüche unter anderem in Aussagen wichtiger Zeuginnen und Zeugen - und halten die Schuld ihres Mandanten keineswegs für erwiesen. Nach ihrer Auffassung könnte Hanna, die bei ihrem Tod etwa zwei Promille Alkohol im Blut hatte, ohne fremdes Zutun in den Bach gestürzt sein.

Richterin: Hanna war ein Zufallsopfer

12.10.2023, Bayern, Traunstein: Die Vorsitzende Richterin Jacqueline Aßbichler eröffnet den Prozess im Landgericht Traunstein. Der Angeklagte soll im Oktober 2022 eine 23-Jährige auf dem Heimweg von der Diskothek «Eiskeller» in Aschau im Chiemgau überfallen, geschlagen und stranguliert haben. Danach soll er sein bewusstloses Opfer in einen Gebirgsbach geworfen haben, in dem die Frau ertrank. Angesetzt sind 27 Verhandlungstage bis Dezember 2023. Foto: Uwe Lein/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Die Vorsitzende Richterin Jacqueline Aßbichler (Archivfoto)
ule kde, dpa, Uwe Lein

Dem widersprach die Richterin deutlich. Es handelt sich nicht um einen Unfall, es war ein Angriff auf Hanna. Sie hatte einen hohen Glukosewert im Urin- sie war in Stress. Es gab einen Angstschrei, den eine Zeugin gehört hatte und es gab einen Notruf, der aktiv gewählt wurde, so Aßbichler in ihrer Urteilsbegründung.

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Die Richterin sprach von einer „spontanen Tat“, der Angeklagte habe Hanna nicht ausgesucht. „Es war ein Zufall, dass Hanna zu dieser Zeit alleine war und nicht mit ihrem Begleiter - wie ursprünglich geplant.“ Bei diesem Satz, dass Hanna ein Zufallsopfer war, bricht Hannas Mutter zum ersten Mal in Tränen aus.

Vor der Tat schaute Sebastian T. Gewalt-Pornos

Der im Oktober 2023 gestartete Indizienprozess gestaltete sich schwierig. Nicht zuletzt wegen vieler Beweisanträge zog sich das Verfahren hin. Sebastian T. schwieg in dem Verfahren, er verzichtete auch auf sein letztes Wort.

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T. habe in der Zeit vor der Tat zahlreiche Pornos angesehen, in denen es auch um Gewalt ging. Sein Potenzial aus Frust und Aggression habe sich gesteigert und in der Tat entladen, hieß es in der Anklage.

Hannas Eltern hatten eine Frage - die bleibt unbeantwortet

Eltern
Hannas Eltern waren Nebenkläger beim Prozess. Rechts im Bild der Polizeibegleiter der Familie

Hannas Eltern waren Nebenkläger in dem Verfahren. Für die Eltern stelle sich „tausendfach die Frage: warum?“, sagte ihr Anwalt Walter Holderle. Diese Frage sei in dem Prozess „bedauerlicherweise unbeantwortet“ geblieben. Die Frage, wer ihre Tochter umbrachte, sei hingegen ganz klar beantwortet worden.

Nach dem Urteil fiel von Hannas Mutter merklich der Druck ab, sie legte ihren Kopf an die Schulter ihres Mannes. (mit Material von dpa)