Ukraine-Konflikt: Referendum auf der Krim läuft
Jetzt wird es ernst: Auf der ukrainischen Halbinsel Krim hat das international kritisierte Referendum über den Beitritt zu Russland begonnen. Nach Behördenangaben verlief bisher alles ohne Zwischenfälle.

Die Wahlbeteiligung liege bereits bei annähernd 50 Prozent, sagte der prorussische Regierungschef Sergej Aksjonow im russischen Staatsfernsehen.
Es gilt als sicher, dass die mehrheitlich von russischstämmiger Bevölkerung bewohnte Halbinsel für den Anschluss an Russland stimmen wird. Die Russen sprechen ohnehin nur von einer 'Wiedervereinigung'.
Die 1.200 Wahllokale öffneten um 8.00 Uhr Ortszeit und schließen um 19.00 Uhr. Insgesamt sind mehr als 1,8 Millionen Menschen aufgerufen, darüber zu entscheiden, ob die Krim-Republik sich Russland anschließt oder ein Teil der Ukraine bleibt.
Die moskautreue Krim-Führung rechnet mit mehr als 80 Prozent Zustimmung für einen Anschluss an Russland. Die Wahllokale schließen um 19.00 Uhr MEZ. Danach werden erste Ergebnisse erwartet. Die Ukraine und der Westen erkennen das Referendum nicht an. Sie halten die Abstimmung für einen Bruch des Völkerrechts. Russland will der Aufnahme der Halbinsel im Schwarzen Meer ungeachtet von Sanktionsdrohungen des Westens zustimmen.
Nach Angaben der ukrainischen Regierung hat sich die Zahl russischer Soldaten auf der Halbinsel Krim mittlerweile auf bis zu 22.000 Mann erhöht. Dies verstoße gegen bestehende Vereinbarungen über die Stationierung der russischen Schwarzmeerflotte auf der Krim, sagte der amtierende ukrainische Verteidigungsminister Ihor Tenjuch der Nachrichtenagentur Interfax. Danach dürfe Russland 2014 nur bis zu 12.500 Soldaten auf der ukrainischen Halbinsel stationieren. Leider sei die Truppenstärke aber in sehr kurzer Zeit auf 22.000 gestiegen, sagte Tenjuch.
Angesichts der russischen Aggression auf der Krim hält der ukrainische Verteidigungsminister eine militärische Eskalation im Streit mit Russland dennoch für unwahrscheinlich. "Ich denke, dass es nicht zum Krieg kommt", sagte der Admiral dem Nachrichtenmagazin 'Der Spiegel'. Auf die Bemerkung, viele Menschen auf der Krim sympathisierten mit Russland, entgegnete er: "Aber es gibt dort mehr Gegner des Anschlusses an Russland."
Beide Seiten vereinbarten eine Waffenruhe laut Tenjuch eine Waffenruhe, die bis zum 21 gilt. Bis zum Freitag würden Soldaten der russischen Schwarzmeerflotte, die auf der Krim stationiert ist, nicht gegen ukrainische Militärstützpunkte vorgehen. "Unsere Militärbasen werden daher mit den Nachschublieferungen fortfahren", sagte der Verteidigungsminister am Rande einer Kabinettssitzung.
Putin lässt Merkel am Telefon abblitzen
In einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte Kreml-Chef Putin, dass das Krim-Referendum aus Sicht Russlands dem Völkerrecht entspreche. Die Befragung stimme voll überein mit dem Grundsatz der Vereinten Nationen über das Selbstbestimmungsrecht der Völker, sagte der Präsident am Sonntag einer Mitteilung des Kreml zufolge.
Merkel schlug Putin eine rasche Ausweitung der bestehenden OSZE-Präsenz in der Ukraine vor. Eine größere Zahl von Beobachtern solle vor allem in die Brennpunkte im Osten der Ukraine entsandt werden, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit. Putin habe die Initiative positiv bewertet. Eine Entscheidung über die Ausweitung des OSZE-Einsatzes solle mit möglichst breiter Zustimmung am Montag bei der Sitzung des Ständigen Rates der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Wien getroffen werden, sagte Seibert.
Zuvor hatte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) Moskau erneut scharf zum Einlenken aufgefordert. "Wir haben die Konfrontation nicht gesucht. Aber wenn Russland nicht in letzter Minute einlenkt, werden wir am Montag im Kreis der EU-Außenminister eine entsprechende erste Antwort geben", sagte Steinmeier der 'Welt am Sonntag'.
Geplant sind Einreiseverbote und Kontensperrungen für Russen. "Wir sind in einer brandgefährlichen Lage", sagte Steinmeier. Die Autonome Republik Krim ist bisher Teil der Ex-Sowjetrepublik Ukraine, der sie 1954 zugeschlagen wurde. Moskau betont das Selbstbestimmungsrecht der mehrheitlich russisch-stämmigen Krim-Bevölkerung und will eine 'Rückkehr' der Halbinsel zum Mutterland durchsetzen. Die Krim-Stadt Sewastopol ist seit mehr als 200 Jahren Sitz der russischen Schwarzmeerflotte.
EU-Energiekommissar Günther Oettinger sprach sich für wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland aus, sollte der Konflikt um die Ukraine eskalieren. Derartige Schritte seien nahezu die einzige Möglichkeit, um wirksam auf die Meinungsbildung in Moskau einzuwirken, sagte Oettinger dem Deutschlandfunk. Dem 'Spiegel' zufolge planen die sieben wichtigsten Industriestaaten (G7) eine weitere Isolierung Russlands. Die Länder bereiteten derzeit ein Treffen ohne Russland vor, hieß es in dem Bericht.
Der amtierende ukrainische Präsident Alexander Turtschinow warf der russischen Regierung massive Provokationen vor und warnte vor einer Invasion. Die Gewalt im Osten der Ukraine, bei der zuletzt drei Menschen getötet wurden, sei das Werk von "Kreml-Agenten", sagte Turtschinow vor dem Parlament in Kiew.
Ein Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin erklärte, er sei sicher, dass es keinen "Kalten Krieg" geben werde. Schließlich seien in den Zeiten der Globalisierung alle Seiten auch wirtschaftlich voneinander abhängig. In Moskau demonstrierten am Samstag Tausende Menschen sowohl für als auch gegen die Politik Putins.