"Ich habe mich zurückgenommen und meinem Sohn meinen Platz gegeben"Statt ihres Sohnes Suleman (19): Eigentlich hätte Mama Christine an Bord des Unglücks-U-Boots sein sollen

Suleman Dawood (19) ist der Sohn von Shahzada Dawood. Die beiden sind gemeinsam an Bord. Nicht an Bord ist Sulemans Mutter Christine aus Rosenheim , hier links im Bild.
Die Zweifachmutter Christine Dawood stammt aus Rosenheim.
Facebook / Christina Dawood

Was muss dieser Gedanke nur mit der Mutter machen?
Vor wenigen Tagen gibt es für Christine Dawood und ihre 17-jährige Tochter Alina furchtbare Gewissheit: Vater Shahzada und Bruder Suleman (19) werden von ihrem Abenteuer-Tauchgang zum Wrack der Titanic nicht mehr zurückkehren – sie sind tot. Jetzt berichtet Mama Christine von einem traurigen Detail: Eigentlich hätte sie anstatt ihres Sohnes an Bord der Titan sein sollen.

Weil ihr Sohn die Titanic liebte, gab sie ihren Platz ab

"Ich habe mich zurückgenommen und meinem Sohn meinen Platz gegeben", sagt die deutschstämmige Christine Dawood im Interview mit der „BBC“. Die zweifache Mutter muss immer wieder innehalten, als sie mit der Reporterin spricht, sie schließt die Augen, ringt um Fassung. Sie habe ihrem Suleman den Vortritt gelassen, weil dieser so verrückt nach der Titanic gewesen sei, erklärt sie. Diese Leidenschaft für das wohl bekannteste Wrack der Welt habe ihr Sohn gehabt, seit er das Unglücksschiff mit einem Lego-Set nachgebaut habe.

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Christine Dawood: „Ich habe mich wirklich für die beiden gefreut“

Eigentlich wären die Dawoods schon vor einiger Zeit zur Titanic hinabgetaucht; die Tickets waren schon reserviert. Zu diesem Zeitpunkt wäre Suleman noch zu jung für den Tauchgang gewesen: Passagiere mussten mindestens 18 Jahre alt sein, um einen Platz im U-Boot zu bekommen. Doch die Pandemie machte dem Ehepaar einen Strich durch die Rechnung – sie verschoben ihr Abenteuer. Und weil Suleman mittlerweile 19 Jahre alt und so begeistert von der Titanic war, trat Mutter Christine ihren Platz schließlich an ihren Jungen ab. „Ich habe mich wirklich für die beiden gefreut“, sagt sie. „Sie waren so aufgeregt.“

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Suleman wollte einen Rekord aufstellen

Bevor Vater und Sohn in das U-Boot stiegen, umarmte sich die Familie, machte Scherze. Suleman hatte außerdem ein ganz besonderes Vorhaben: Er liebte es, Zauberwürfel zu lösen – und genau das wollte er auch tun, tief unten im Meer, neben der Titanic.

Als das Begleitschiff den Kontakt zum U-Boot verlor, sei Christine Dawood zunächst noch zuversichtlich gewesen. Schließlich habe es verschiedene Möglichkeiten gegeben, wieder aufzutauchen: „Wir haben durchgehend die Wasseroberfläche beobachtet.“ Erst als die kritische 96-Stunden-Marke überschritten wurde, verlor die Mutter und Ehefrau jede Hoffnung. Danach wäre der Sauerstoff an Bord aufgebraucht gewesen. „Ich bereite mich auf das Schlimmste vor“, habe sie dann ihrer Familie an Land geschrieben.

Das wollen Mutter und Tochter jetzt für Suleman tun

Was der Gedanke, dass sie anstatt ihres Sohnes eigentlich an Bord der Titan gewesen wäre, mit ihr macht – diese Frage möchte Christine Dawood nicht beantworten. Stattdessen betont sie, dass sie die Projekte ihres Mannes am Leben erhalten möchte und das sie und ihre Tochter jetzt eines vorhaben: Sie wollen lernen, Sulemans geliebte Zauberwürfel zu lösen – in Andenken an den 19-Jährigen. „Ich vermisse die beiden sehr.“

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