Richter bestätigt Urteil im Revisionsprozess

Leonies Tod war doch Mord: Stiefvater zu lebenslanger Haft verurteilt

25.02.2021, Mecklenburg-Vorpommern, Neubrandenburg: Vor der Urteilsverkündung im Revisionsprozess um den gewaltsamen Tod der sechsjährigen Leonie aus Torgelow (Vorpommern-Greifswald) wird der Angeklagte in den Saal des Landgerichts gebracht, hinten links der leibliche Vater von Leonie. Der 29-jährige Stiefvater hatte das Mädchen vor gut zwei Jahren dermaßen misshandelt, dass die Sechsjährige am 12. Januar 2019 in der Wohnung der Familie an den Folgen starb, und wurde dafür zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Bundesgerichtshof hatte nach eingelegter Revision eine Neuverhandlung angeordnet, bei der nur das Motiv des Mannes noch einmal genauer geprüft werden sollte. Foto: Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Leonies Stiefvater David H. wurde auch im Revisionsprozess wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.
bwu, dpa, Bernd Wüstneck

Es war also doch Mord: Das Landgericht Neubrandenburg verurteilte Leonies (†6) Stiefvater im Revisionsprozess erneut zu lebenslanger Haft. Der 29-jährige David H. hatte das Kind seiner Lebensgefährtin im Januar 2019 in Torgelow (Vorpommern-Greifswald) schwer misshandelt und verhinderte danach, dass das Mädchen rechtzeitig Hilfe bekam. "Das war ein Verdeckungsmord durch Unterlassen", sagte Richter Henning Kolf bei der Urteilsverkündung. Der Bundesgerichtshof hatte eine Überprüfung des erstinstanzlichen Urteils von 2020 angeordnet. Aber auch diesmal kam das Gericht zum gleichen Ergebnis.

Auch Leonies kleiner Bruder wurde schwer misshandelt

Im Revisionsprozess ging es vor allem um das Motiv des Stiefvaters. Der BGH hatte das "äußere Tatgeschehen" nach dem ersten Urteil zwar bestätigt, allerdings wurde das Strafmaß aufgehoben und eine Neuverhandlung angeordnet. Hatte er die Tötung des Mädchens schon tagsüber während der schweren Misshandlungen geplant? Oder erst später, als er verhinderte, dass rechtzeitig medizinische Hilfe geholt wurde? Das Kind war erst abends tot gefunden worden.

Für den Richter war die Sache klar: David H. habe verhindern wollen, dass das Mädchen über die Gewalttaten berichtet. Darum habe er über Stunden verzögert, dass Leonie Hilfe bekam. Der Angeklagte habe der Mutter gegenüber sogar einen Notruf vorgetäuscht. Der Richter verurteilte den 29-Jährigen darum erneut wegen Mordes. Darüberhinaus wegen Misshandlung zweier Schutzbefohlener und Körperverletzung mit Todesfolge. Auch Leonies kleiner Bruder war von David H. schwer misshandelt worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Staatsanwaltschaft forderte auch im Revisionsprozess lebenslange Haft für den Angeklagten, weil er Leonie aus niedrigen Beweggründen ermordet habe. Aus Sicht der Anklage wollte der 29-Jährige seine Machtstellung in der Familie mit Gewalt durchsetzen und habe eine „negative Grundeinstellung" zu seinen beiden Stiefkindern gehabt. Nicht nur Leonie, sondern auch ihr jüngerer Bruder hatten unter David H. zu leiden.

ARCHIV - 22.01.2019, Mecklenburg-Vorpommern, Torgelow: Kerzen und Plüschtiere stehen vor dem Eingang des Hauses, wo am 12.01.2019 die sechsjährige Leonie ums Leben kam. Vor zwei Jahren starb in Vorpommern die sechsjährige Leonie. Sie war vom Stiefvater schwer misshandelt worden. In einem Revisionsprozess wird dessen Motiv nochmal genauer geprüft. Dazu soll die Mutter als Zeugin gehört werden. (zu dpa: "Mordfall Leonie: Revisionsprozesses geht weiter, Mutter als Zeugin") Foto: Stefan Sauer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Auch im Revisionsprozess entschied das Gericht, dass Leonies Tod Mord war.
sts cvi, dpa, Stefan Sauer

Aus Sicht der Verteidigung "unterstützte" David H. seine Erziehung mit Gewalt

David H.s Verteidiger erklärte, sein Mandant habe nicht beabsichtigt, das Mädchen zu töten. Der arbeitslose Mann habe seine "Erziehungsmaßnahmen mit körperlicher Gewalt unterstützt". Er plädierte darum für fünf Jahre Haft wegen Körperverletzung mit Todesfolge und ein Jahr Haft wegen Körperverletzung gegen Leonies Bruder.

Der Angeklagte selbst äußerte sich im Revisionsprozess gar nicht. Im ersten Verfahren hatte er behauptet, Leonie habe sich die tödlichen Verletzungen zugezogen, als sie die Treppe im Hausflur heruntergefallen sei. Das hielt das Gericht damals aber für unglaubwürdig, weil bei dem toten Kind und dessen Bruder viele ältere Verletzungen gefunden wurden, die nicht durch einen angeblichen Treppensturz zu erklären waren. So hatte die Sechsjährige mehrere ältere Rippenbrüche und andere Verletzungen, die nicht versorgt worden waren.

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Leonie starb an den Folgen von schwerer körperlicher Gewalt

Leonie wurde am 12. Januar 2019 tot in der Wohnung der Familie in Torgelow gefunden. Bereits im ersten Prozess wurde vor Gericht deutlich, dass Leonie ein regelrechtes Martyrium durchlitt, bevor sie ihren schweren Verletzungen erlag. "Leonie starb an den Folgen gezielter, massiver, stumpfer, mehrfacher und mehrseitiger Gewalteinwirkung", sagte der Vorsitzende Richter Jochen Unterlöhner damals. Es habe kaum Körperteile gegeben, an denen der Rechtsmediziner keine Verletzungen festgestellt habe. Leonie sei dann alleine in einem kalten Zimmer gestorben.

Das Verfahren gegen Leonies Mutter läuft noch. Hätte sie den Tod ihrer Tochter verhindern können? Die 26-Jährige ist laut ihrem Anwalt psychisch labil und in Behandlung. Hinter verschlossenen Türen berichtete sie vor Gericht, dass ihr Lebensgefährte immer aggressiver geworden sei.

Quelle: DPA, RTL.de