Neue Konkurrenz, knappes Angebot - was wird aus Tesla?

Autobauer Tesla: Vorreiter der E-Mobilität auf dem Weg ins Nischendasein

ARCHIV - 17.08.2015, Bayern, München: Ein Mann sitzt in einem Tesla Model S am Lenkrad, neben ihm ein großer Monitor im Armaturenbrett.   (zu dpa "Behörde prüft Fehlfunktion von Tesla-Bildschirm") Foto: picture alliance / dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Die Innenausstattung des Tesla gilt immer noch als einzigartig - doch wie lange bleibt das noch so?
shp tmk tba, dpa, Sven Hoppe

Tesla: Die Konkurrenz wächst

Teslas Aktienkurse explodieren, doch die Autos sind nicht mehr so einzigartig, wie sie einmal waren. Eine ganze Armada von neuen Modellen will einen Teil vom Elektromarkt.

Lange Zeit war Tesla fast gleichbedeutend mit Elektroauto. Die Konkurrenz hatte - wenn überhaupt - nur Verzichtsmodelle von der Größe eines Kleinwagens zu bieten, Tesla aber eine Luxuslimousine mit hinreichender Reichweite. Inzwischen hat Tesla sein Portfolio erweitert. Mit dem Model 3 ist man finanziell in der gehobenen Mittelklasse angekommen. Doch rundherum ist die Welt nicht stehen geblieben. Tesla besitzt nach wie vor ein besonderes Image, doch das harte Alleinstellungsmerkmal, die Reichweite, haben andere jetzt auch.

Elektroautos: Flut an Konkurrenten stürmt den Markt

Gab es früher das Model S und sonst nichts, werden die Tesla-Fahrzeuge heute von einer ganzen Armada neuer E-Modelle bedrängt. Volkswagen hat mit seinen beiden Elektroautos ID.3 und ID.4 schmerzhafte Wettbewerber an den Start gebracht. Gegenüber den Porsche Taycan-Varianten macht es sich bemerkbar, dass das Model S schon einige Jahre auf dem Buckel hat. Audi konnte Tesla in mehreren Ländern mit seinen E-Tron-Modellen hinter sich lassen. Premiummarke Mercedes bringt mit EQA und EQB zwei elektrische Einstiegsmodelle an den Start, die mit Model 3 und Y von Tesla konkurrieren. Beide Mercedes gibt es als Limousine und SUV. Die Liste lässt sich fast endlos fortsetzen.

E-Mobilität: Audi, BMW und Co. auf dem Vormarsch

Etwas Vergleichbares wie BMWs Elektro-Cross-over iX hat Tesla nicht im Programm. Und Audi wird dem Model S mit dem E-Tron GT und dem Q4 E-Tron zusetzen. Großkonzerne wie Stellantis, General Motors und Ford lassen ganze Flotten von Elektrofahrzeugen auf die Kunden los. Die brandgefährlichen neuen Elektromarken aus China beschränken sich noch auf den Heimatmarkt, aber es gibt auch noch den Hyundaikonzern. Neben den Marken Hyundai, Kia und Genesis kommt bald Ioniq, eine reine Elektromarke. "Mit Ioniq streben wir einen Paradigmenwechsel im Hinblick auf unsere zukünftigen Elektrofahrzeuge an und wie unsere Kunden diese erleben können", sagt Wonhong Cho, Global Chief Marketing Officer der Hyundai Motor Company, "indem wir über das konventionelle Denken hinausgehen, werden wir unseren Kunden individualisierte Erlebnisse mit unseren Elektrofahrzeugen bieten, passend zu einem digital vernetzten und umweltfreundlichen Lebensstil." Der Ioniq 5, ein elektrischer Cross-over, sorgt für einen Paukenschlag. Mit seinem 800-Volt-Ladesystem tankt er in fünf Minuten eine Reichweite von 100 Kilometern.

Kurzum: Es hat lange gedauert, bis die etablierten Hersteller die E-Herausforderungen angenommen haben, aber nun ist Tesla nicht mehr der alleinige Platzhirsch. Und die Verfolger sind substanziell ernstzunehmen, darüber können auch die durchaus vorhandenen Flops beim Start nicht hinwegtäuschen.

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Wird das knappe Angebot Tesla zum Verhängnis?

FILE PHOTO: Tesla Inc CEO Elon Musk dances onstage during a delivery event for Tesla China-made Model 3 cars in Shanghai, China January 7, 2020. REUTERS/Aly Song/File Photo
Das Model 3 ist eines der beliebtesten Tesla-Autos - wird allerdings langsam von der Konkurrenz überholt.
/FW1F/Pravin Char, REUTERS, Aly Song

Dieser Flotte gegenüber steht Tesla mit einer sehr überschaubaren Anzahl von Modellen. Die zudem nicht alle gleich attraktiv sind. Das spannendste Fahrzeug ist das Model 3. Der Preis wurde jüngst auf 39.900 Euro gesenkt. Mit Allradantrieb, besserer Ausstattung und größerer Reichweite geht es aber erst bei 49.900 Euro los. Das eng verwandte Model Y läuft dagegen nicht so gut, wie erwartet wurde. Der Erfolg in Europa muss sich noch zeigen. Model X konnte sich auf keinem Markt wirklich durchsetzen und das Fahrzeug an der Spitze – Model S – ist inzwischen angejahrt. Im Heimatmarkt sind die Erwartungen an den Tesla Pick Up groß, in Europa wird er – wie alle Pick Ups – nur eine Exotenrolle spielen

Elon Musks Firma har keine Volumenmodelle

Was Tesla wirklich fehlt, sind Fahrzeuge, die das Angebot nach unten abrunden. Einstiegsmodelle unterhalb der 30.000 Euro-Schwelle bringen die großen Verkaufsvolumen und die Sichtbarkeit auf den Straßen. Angekündigt ist der Spar-Tesla, aber wann wird er tatsächlich zu kaufen sein? Eine ganz neue Situation für Elon Musk, dem Markt hinterherzulaufen. Dabei geht es nicht allein um den Preis, sondern auch um die Größe. Tesla hat nur Fahrzeuge von der Dimension einer Mittelklasse-Limousine und größer im Angebot. Trotz des emissionsfreien Antriebs sind das nicht die Fahrzeuge für die Stadt der Zukunft oder den urbanen Single von heute. Weiteres Manko: Bis auf den Truck und Pick Up hat Tesla keine Nutzfahrzeuge im Programm.

Was sind die Folgen? Eine Marke muss nicht jedes Segment abdecken. Doch die Formel "E-Auto gleich Tesla" stimmt schon heute nicht mehr. Kleinwagen und Lieferfahrzeuge werden die Statistik dominieren und Tesla zu einem Nischenanbieter der gehobenen Fahrzeugklasse machen. Dort wird es aber zunehmend schwerer, den Abstand zu den Konkurrenten zu wahren. Wenn das überhaupt möglich ist. Die angekündigten Modelle der Herausforderer wie Nio deklassieren die bisherigen Teslamodelle sowohl bei der Sensorik wie auch der Batterietechnik.

Elon Musk: Stimmt das Geschäftsmodell?

Ganz nebenher muss sich das einzigartige Geschäftsmodell von Tesla jetzt beweisen. Die klassischen Autohersteller haben nur eine geringe Fertigungstiefe, der Großteil des "Autos" wird von Zulieferern beigesteuert. Tesla hingegen hat einen anderen Ansatz, vor allem die kritischen Bestandteile Elektronik, Software und Batterie stammen aus dem eigenen Haus. Nun muss sich zeigen, ob diese Vision, die viel Kontrolle ermöglicht, der Konkurrenz der weltweiten Zulieferlandschaft gewachsen ist, aus deren Angebot die anderen Marken ihre E-Autos zusammenstellen.

Stutzig sollten Tesla auch die Gerüchte um das Apple-Auto machen. Demnach wird Apple einen entgegengesetzten Weg gehen: Zentrale Komponenten werden von Apple kommen, das eigentliche Auto aber wird von einem Partner gebaut. Auch hier ist Hyundai im Gespräch.

Hinzu kommt ein weiteres Problem: In den letzten Jahrzehnten wurden Autos immer mehr vereinheitlicht. Sie sahen zwar verschieden aus, teilten sich aber Technik und Komponenten. Die großen Stückzahlen drückten die Preise. Wenn dieser Kosteneffekt auch beim Thema E-Auto zutreffen sollte, wird es für eine Firma schwer, die alles selbst machen will, aber in den Fahrzeugsegmenten mit den hohen Volumen gar nicht vertreten ist.

Elon Musk und Tesla wird andererseits seit Jahren ein baldiges Ende prophezeit, bislang haben sie noch alle Herausforderungen gemeistert.

Hinweis: Dieser Artikel von Gernot Kramper erschien zuerst an dieser Stelle bei stern.de.