„Moralisch eher schwierig“
DRK-Spendenaufrufe per Post: Bei wem landet das Geld wirklich?
In Spendenaufrufen, die das Deutsche Rote Kreuz (DRK) per Post verschickt, werden regelmäßig einzelne Menschen vorgestellt, denen geholfen werden soll. Was viele jedoch nicht wissen: Das gesammelte Geld geht nur in Bruchteilen an diese Personen – wenn überhaupt. Markus Ostermeier, Ex-Mitglied im Präsidium des DRK-Generalsekretariats, findet diese Praxis „moralisch eher schwierig“ – warum, erklärt er Enthüllungsreporter Günter Wallraff im Video.
Vermeintlicher Empfänger bekam nichts von Spenden mit
Wie viele Spenden bringt ein Aufruf per Post – ein sogenanntes Mailing – dem DRK ein? Davon dürften die meisten keine wirkliche Vorstellung haben. „Team Wallraff“ liegen nun aber interne DRK-Dokumente zu einem Spendenmailing aus dem Sommer 2015 vor.
In diesem wird ein ehrenamtlicher Schwimmlehrer aus dem Ortsverband Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern vorgestellt. Die damaligen Empfänger des Briefs wurden unter anderem gefragt: „Wollen Sie Leben retten? Mit Ihrer Spende in Höhe von 60 € finanzieren Sie z. B. einem Kind die Teilnahme am Schwimmkurs.“
Insgesamt kamen damals 845.000 Euro an Spenden zusammen. Diese wurden wie folgt verwendet:
Mailingkosten (Kosten für Papier, Porto und den Kauf von Adressen): 420.000 Euro
Gemeinkosten: 36.000 Euro
DRK-Bundesverband in Berlin: 58.000 Euro
DRK-Landesverbände: 331.000 Euro
Lediglich 2.000 Euro der Summe landeten letztendlich beim gesamten Landesverband Mecklenburg-Vorpommern – also nicht beim Schwimmlehrer selbst. Auf Anfrage von „Team Wallraff“ erklärt dieser, bei ihm sei von den Spenden nichts angekommen.
Einschätzung des DZI: Art der Werbung „sehr kritikwürdig“
Der Hinweis an die potenziellen Spender, dass das Geld auch für andere Zwecke verwendet wird, ist in dem Brief zwar zu finden – allerdings nur versteckt im Kleingedruckten. Daran nimmt Burkard Wilke Anstoß. Er ist Geschäftsführer des Deutschen Zentralinstituts für Soziale Fragen (DZI), das unter anderem ein Siegel für spendenwürdige Organisationen vergibt. „Dieser Hinweis in diesem Mailing (…), der fehlt in entsprechender Größe und entsprechend auffällig. Und deswegen ist es ganz klar ein Ungleichgewicht, was diese Art von Werbung sehr kritikwürdig macht“, erklärt er Günter Wallraff.
Die Anwaltskanzlei, die vom Deutschen Roten Kreuz beauftragt wurde, schreibt „Team Wallraff“ hierzu: „Ihre (…) aufgestellte Behauptung, dass einzelne Mitarbeiter oder Ehrenamtliche des Roten Kreuzes bei einem Sommermailing 2015 als Spendenempfänger dargestellt wurden, ist schlichtweg falsch.“
Das DZI zeichnet das Deutsche Rote Kreuz nach wie vor als förderungswürdig aus. Auch aufgrund der Recherchen von „Team Wallraff“ hat die Stiftung allerdings ihre Spendenempfehlung nach unten angepasst: Werbung und Öffentlichkeitsarbeit des DRK informieren laut der DZI-Website sachlich und offen, aber nur noch „hinreichend wahr“ und „hinreichend klar“.
Weitere Spendenquellen des DRK: Wer profitiert am meisten?
Mit gespendeter Kleidung setzt das Deutsche Rote Kreuz zudem Millionen um. Doch wer profitiert wirklich davon? Eine „Team Wallraff“-Reporterin recherchiert undercover in einer DRK-Kleiderkammer in Berlin – und wird Zeugin, wie sich die Mitarbeiter dort selbst an den Spenden bedienen.