Ärztin schätzt die Lage ein Syphilis-Epidemie bei Säuglingen in den USA! Wie gefährlich ist die Krankheit für Kinder?

Ein schrecklicher Start ins Leben, der absolut vermeidbar wäre.
In den USA wird aktuell Alarm geschlagen, der Grund: Es gibt immer mehr Fälle von „angeborener Syphilis“. Dabei geht es um Kinder, die schon mit der Geschlechtskrankheit geboren werden, weil ihre Mütter daran – in der Regel unerkannt – erkrankt sind. Viele Kinder leiden ihr Leben lang unter den Folgen. Eine Ärztin schätzt die Lage ein.
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Gesundheitsministerium in den USA wegen Syphilis-Epidemie alarmiert
Im vergangenen Jahr seien in den USA mehr als 3.700 Babys mit der sexuell übertragbaren Krankheit Syphilis zur Welt gekommen – zehn Mal so viele wie noch vor zehn Jahren. Wegen dieser Entwicklung schlägt die US-Gesundheitsbehörde CDC jetzt Alarm: Es gebe eine regelrechte Epidemie, in allen Altersgruppen nehme die Zahl der Syphilis-Fälle zu.
Insgesamt sei „ein herzzerreißend hohes Niveau erreicht“, sagte CDC-Vertreterin Debra Houry. Besonders tragisch: Den Ärzten zufolge hätten 90 Prozent dieser Fälle durch Tests und Behandlung der Mutter während der Schwangerschaft verhindert werden können.
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Die Hälfte der mit Syphilis infizierten Frauen hat keine Symptome
Das Problem bei Syphilis: Viele Betroffene merken gar nicht, dass sie sich infiziert haben. „Die Hälfte aller Frauen ist ohne Symptome“, weiß Dr. Nikola Klün, Ärztin in der Kindermedizin. Die andere Hälfte der Frauen entwickele hingegen Symptome.
Die Syphilis macht sich in Form einer „primären Syphilis“ zunächst am Ort der Ansteckung (meistens den Geschlechtsorganen) bemerkbar, wo sie sich durch ein rotes Knötchen und Lymphknotenschwellung bemerkbar macht.
Das Knötchen wächst im Verlauf. „Wir sprechen dann von einem Geschwür“, erklärt Klün.
Nach Wochen bis Monaten kommt es zu einem allgemeinen Krankheitsgefühl. Dazu gehören Fieber, Lymphknotenschwellungen, Hals- und Kopfschmerzen und Hautausschläge/Verfärbungen. „Im Intimbereich bilden sich zu diesem Zeitpunkt gegebenenfalls warzenähnliche flache Knötchen, sogenannte Condolymata lata“, erläuter Klün.
Wird die Syphilis nicht behandelt, kann es Jahre später zu neurologischen Spätfolgen kommen.
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Im Video: Diese Symptome treten bei Syphilis auf
So gefährlich ist Syphilis für Kinder
Laut Dr. Nikola Klün sind viele der mit Syphilis geborenen Babys zunächst unauffällig. Bei 30 bis 50 Prozent der betroffenen Kinder würden sich hingegen Symptome zeigen. Diese können sein:
Schnupfen
Hautausschlag
eine vergrößerte Leber
Lymphknotenschwellungen
Knochenbeteiligung
neurologische Symptome.
Infizieren sich Kinder noch vor der Geburt mit Syphilis, kann das sogar zum Tod führen. Laut den US-amerikanischen CDC-Forschern wurden im Jahr 2022 3761 Fälle gemeldet. Darunter waren 231 Totgeburten und 51 Todesfälle bei Säuglingen.
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Überleben die Kinder, haben sie ihr Leben lang mit Beschwerden zu rechnen. „Im Spätstadium sprechen wir von der sogenannten Hutchinson Trias, die sich durch eine Entzündung der Hornhaut, Tonnenzähne und einer Innenohrschwerhörigkeit äußert“, erläutert Dr. Klün weiter. Zudem könnten Veränderungen an Stirn, Nase, Gelenken und am Schienbein auftreten.
Ist die Situation in Deutschland mit der in den USA vergleichbar?
All das ist vermeidbar, wenn mit Syphilis infizierte, schwangere Frauen rechtzeitig behandelt werden. Denn wenn werdende Mütter bis vier Wochen vor Geburt entsprechend medikamentös eingestellt werden, geben sie die Krankheit nicht an die Kinder weiter. Voraussetzung dafür ist, dass die Krankheit erkannt wird. Das geht mithilfe sogenannter Screeningverfahren.
In Deutschland sind diese gesetzlich vorgeschrieben. „Ungefähr 97 Prozent aller Syphilis-Infektionen bei Säuglingen können so verhindert werden“, weiß Dr. Klün. Tatsächlich handelt es sich in Deutschland laut RKI um Einzelfälle, pro Jahr gebe es zwischen einem und sechs Fällen. „Mir persönlich ist es noch nie begegnet. Aber andere Länder, die das Screening nicht konsequent durchführen, haben deutlich mehr Fälle“, betont Dr. Klün.