Streit unter Schwestern

Laschet oder Söder? CDU oder CSU? Dieser Konflikt ist nichts Neues

Laschet vs. Söder
Laschet vs. Söder
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In der Union brodelt es seit Tagen. Sowohl CDU-Chef Armin Laschet als auch CSU-Chef Markus Söder wollen Kanzlerkandidat für die Union bei der Bundestagswahl im September werden. Während sich die CDU-Parteigremien zunächst für Laschet aussprach, scheint die Stimmung in der Bundestagsfraktion eher in Richtung Söder zu kippen. Nach außen hin wird versucht, auf das gemeinsame Wohl der Schwesterparteien zu achten – ein ziemlich müder Streit, wenn man bedenkt, wie krass es zwischen CDU und CSU in der Vergangenheit bereits geknallt hat.
Wir werfen einen Blick zurück, als es noch ausfallende Debatten, Streits und Kriegserklärungen zwischen den Parteien gab.
+++ Markus Söder ein „Egoist“? Das sagt die Union zum möglichen Kanzlerkandidaten aus der CSU +++

2018: Krach um Flüchtlinge und die "Herrschaft des Unrechts"

ARCHIV - 20.11.2015, Bayern, München: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lauscht auf dem CSU-Parteitag der Rede des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU). (zu dpa «Ein Auf und Ab: Merkel und Seehofer in der Flüchtlingspolitik» vom 18.06.2018) Foto: Sven Hoppe/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Während Horst Seehofer (CSU) seinen Standpunkt vertritt, kann Kanzlerin Merkel (CDU) nur danebenstehen und zuschauen.
shp lof sja sab jai, dpa, Sven Hoppe

Im Jahr 2018 kochte der Streit zwischen CDU und CSU zuletzt so richtig hoch. Protagonisten des Eklats: Horst Seehofer (CSU) und Angela Merkel (CDU). Dabei begann alles eigentlich drei Jahre zuvor. 2015 demütigte Horst Seehofer Merkel, die auf dem Parteitag der CSU in Bayern zu Gast war, auf offener Bühne. Stellte sich vor Publikum gegen die Meinung der Kanzlerin und sprach sich für eine Obergrenze in der Flüchtlingsfrage aus. Später soll Seehofer gesagt haben: „Wir haben im Moment keinen Zustand von Recht und Ordnung. Es ist eine Herrschaft des Unrechts.“

Drei Jahre später: In der ARD-Talkshow „Anne Will“ stellte sich Angela Merkel öffentlich gegen die Forderung der CSU, bestimmte Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückzuweisen. Das hörte der damalige CSU-Chef Seehofer gar nicht gern. Merkel pocht auf eine europäische Lösung, Seehofer will direktes Handeln an den Grenzen. Am 14. Juni eskaliert der Streit während einer Bundestagssitzung – die im Anschluss daran unterbrochen werden muss. Dann das Ultimatum: Merkel bleiben zwei Wochen, um eine europäische Lösung zu finden. Die bei einem EU-Gipfel beschlossenen Regeln stellen Seehofer aber nicht zufrieden. Beide Schwesterparteien kommen getrennt voneinander zusammen, der Bruch droht.

Beim Treffen der CSU soll er sogar seinen Rücktritt als Parteivorsitzender und Bundesinnenminister angeboten haben. Dazu kommt es allerdings nicht, CDU und CSU verständigen sich schlussendlich auf eine gemeinsame Lösung, führen unter anderem ein neues Grenzregime ein. Kurz darauf schoss Seehofer allerdings noch mal nach und freute sich während einer Pressekonferenz zu seinem „Masterplan Migration“ über die Abschiebung von Flüchtlingen: „Ausgerechnet an meinem 69. Geburtstag sind 69 - das war von mir nicht so bestellt - Personen nach Afghanistan zurückgeführt worden. Das liegt weit über dem, was bisher üblich war.“

Was dachten eigentlich damals die Deutschen über den Streit zwischen Merkel und Seehofer? Das lesen Sie hier.

2004: Streit um Gesundheitsreform - Seehofer kapituliert

ARCHIV - 28.05.2017, Bayern, München: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der damalige bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) stehen nach ihren Reden bei einem gemeinsamen Wahlkampftermin von CDU und CSU in einem Bierzelt auf der Truderinger Festwoche nebeneinander auf der Bühne. (zu dpa-Berichterstattung über den Asylstreit in den Unionsparteien vom 01.07.2018) Foto: Matthias Balk/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Horst Seehofer und Angela Merkel streiten sich gern
mbk wie pil, dpa, Matthias Balk

Der Zoff zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer im Jahr 2018 war nicht die erste Reiberei zwischen den Schwesterparteien der Union. 2004 ging es um die Reform der gesetzlichen Krankenversicherungen. CDU und CSU versuchten sich auf einen gemeinsamen Kurs zu verständigen. Immer wieder pochte die CSU, allen voran Vorsitzender Edmund Stoiber sowie Horst Seehofer auf eine klare Linie der CDU. So schrieb Seehofer über den Vorschlag der sogenannten Einheitsprämie: „Die Einheitsprämie ist einmalig ungerecht. Es gab in der Nachkriegsgeschichte noch nie ein Programm mit einer derart drastischen Umverteilung von unten nach oben.“ Auch Edmund Stoiber zeigte sich diesem Vorhaben gegenüber kritisch.

Seehofer, damals Fraktionsvorsitzender der CSU kommt nicht gegen die CDU-Vorsitzende Angela Merkel an. Ein Affront – immerhin ist Seehofer ehemaliger Bundesminister für Gesundheit und damit in seiner eigenen Domäne geschlagen. Aus Wut legt er schlussendlich sogar sein Amt als 2. Fraktionsvorsitzender nieder. Das tat weh!

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1976: Kriegserklärung aus Kreuth - Franz Josef Strauß macht ernst

ARCHIV - Bundeskanzler Helmut Kohl (r) und der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Franz Josef Strauß, aufgenommen am 07.10.1986. Kohl prägte Deutschland über 16 Jahre als Kanzler und die CDU als Vorsitzender während eines Vierteljahrhunderts. Am 3. April 2010 wird Kohl 80 Jahre alt. Foto: Jörg Schmitt (zu dpa-Themenpaket: "80. Geburtstag Helmut Kohl zum 3. April" vom 28.03.2010)  +++(c) dpa - Bildfunk+++
Franz-Josef Strauß (CSU) und Helmut Kohl (CDU) waren erbitterte Rivalen.

Der wohl krasseste Konflikt zwischen den beiden Unionsparteien ereignete sich wohl Mitte der Siebziger Jahre. Was Stimmung und Wortwahl beider Parteien angeht ein echter Kriegszustand. Kriegsschauplätze: Bonn und Wildbad Kreuth. Heerführer: Helmut Kohl (CDU) und Franz-Josef Strauß (CSU). Bei der Bundestagswahl im Oktober 1976 strebte Strauß die absolute Mehrheit für die Union an, um die sozialliberale Regierung von SPD und FDP zu beenden. Spitzenkandidat war damals Helmut Kohl – das sah Franz-Josef Strauß, der sich für seinen CSU-Parteikollegen Karl Carstens aussprach, gar nicht gern. Trotz gewonnener Wahl wurde Kohl nicht Kanzler, SPD und FDP behielten die gemeinsame Mehrheit und Strauß, der kochte.

Der Showdown folgte am 19. November 1976. Die CSU-Landesgruppe um Strauß traf sich im bayerischen Wildbad Kreuth und beschloss, die Fraktion mit der CDU im Bundestag aufzulösen. Ein krasser Bruch mit der Schwesterpartei! Auf Angriff folgte aber schnell der Gegenangriff: Kohl bemühte sich CSU-Abgeordnete für eine neue CDU in Bayern zu gewinnen, Gründungskampagne und Wahlkampf für die Kommunalwahlen im März 77 wurden bereits vorbereitet. Viele CSU-Politiker in Bayern sahen den Entschluss der eigenen Partei, sich von der CDU zu trennen kritisch.

Bereits kurze Zeit später verabschiedete sich die CSU wieder von dem Plan einer eigenen Bundestagsfraktion. Strauß pochte weiterhin auf Kohls Unfähigkeit: „Der wird nie Kanzler werden. Der ist total unfähig; ihm fehlen alle charakterlichen, geistigen und politischen Voraussetzungen. Ihm fehlt alles!“ Strauß sagte man eigene Ambitionen der nächste Kanzlerkandidat der Union zu werden vor. Trotz, dass er sich mehrmals von solchen Plänen distanzierte. Legendär beispielsweise der Satz: „Es ist reizvoller, in Alaska eine Ananasfarm zu errichten, als Bundeskanzler zu werden.“

Schlussendlich schlossen Kohl und Strauß Frieden, die Union im Bundestag bleib vereint. Strauß wurde 1980 dann doch Kanzlerkandidat – ohne Erfolg. Immerhin blieb im das Amt des Bayerischen Ministerpräsidenten, dass laut eigener Aussage sowieso „das schönste Amt der Welt ist“.

(kmo)