STIKO-Mitglied Prof. Fred Zepp:
"Impfempfehlungen sind kein Wünsch-dir-was"
Seit Montag gehen in den meisten Bundesländern Schüler und Schülerinnen wieder in die Schule, die niedrigen Inzidenzen erlauben vielerorts wieder Präsenzunterricht in voller Klassenstärke. Und der Biontech/ Pfizer Impfstoff hat jetzt auch von der EU grünes Licht für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren bekommen.
Was das für die Schulen in Deutschland bedeutet und warum die Ständige Impfkommission beim Robert Koch-Institut den Impfstoff zunächst nicht für alle Kinder empfehlen will, darüber hat RTL-Reporterin Doro Steitz mit Prof. Fred Zepp, Kinder- und Jugendmediziner und Mitglied der Stiko gesprochen.
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STIKO-Mitglied Zepp: " Es geht darum Gesundheit zu erhalten"
Dass der Gesundheitsminister vor einigen Tagen vorgeprescht ist und alle Schüler und Schülerinnen in den Sommerferien impfen möchte, ohne eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) abzuwarten, sei schade, so Prof.Zepp, der selber auch Mitglied der Stiko ist.
„Man muss mal sagen, Impfempfehlungen sind kein Wünsch-dir-was, sondern es geht darum faktisch Gesundheit zu erhalten, Infektionen zu verhindern und den Menschen ein sicheres Konzept an die Hand zu geben.“
Er könne zwar nachvollziehen, dass Politiker es gerne mal anders hätten, aber das dürfe nicht dazu führen, dass Sicherheitskonzepte, bewährte Entscheidungsprinzipien achtlos über Haufen geworfen würden. Anfang kommender Woche werde die Empfehlung der Stiko für Kinder und Jugendliche veröffentlicht und es wird wohl eine Impfempfehlung nur für vorerkrankte Kinder kommen.
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STIKO will Covid-Impfung nur für vorerkrankte Kinder empfehlen
Gesunde Kinder zu impfen, sollte laut Prof. Fred Zepp von der Uniklinik in Mainz nicht das vorrangige Ziel der Impfkampagne in Deutschland sein. Erstmal sollten die geimpft werden, die priorisiert und risikobelastet sind, und davon seien noch immer 30 Prozent nicht geimpft, so der Mediziner.
„Wenn wir jetzt fünf oder drei Millionen Jugendliche impfen würden, dann würden wir den besonders gefährdeten Menschen eigentlich diesen Impfstoff weg nehmen.“ Seiner Meinung nach brauchen Kinder und Jugendliche ohne Krankheitslast eigentlich keine Impfung, um sich vor Krankheiten zu schützen, die falle bei den meisten Kinder ja mild aus.
Anders sei das bei Kindern mit chronischen Lungenerkrankungen wie Mukoviszidose, Kindern mit schwerwiegendem Herzfehler, Stoffwechselerkrankungen oder Trisomie21, so Prof. Zepp. Was eine Impfung für gesunde Kinder angeht, sei er skeptisch. „Denn aus den Impfdaten der klinischen Studien haben wir gesehen, dass etwa 0,1 Prozent der geimpften auch mal schwere Nebenwirkungen der Impfung hat. Würden wir jetzt drei Millionen Jugendliche impfen, dann könnten wir möglicherweise uns mit 30.000 schweren Nebenwirkungen befassen müssen, obwohl wir sehen, dass Kinder und Jugendliche im Prinzip gar keine schwerwiegenden Infektionen haben.