Steuerschulden noch höher: Hoeneß schuldet dem Fiskus mindestens 27,2 Millionen Euro

Die Beträge im Prozess gegen Uli Hoeneß schrauben sich immer weiter in die Höhe. Demnach schuldet der FC-Bayern-Präsident dem Fiskus mindestens 27, 2 Millionen Euro. Dies teilte die zuständige Steuerfahnderin bei ihrer Zeugenaussage am zweiten Prozesstag mit. Die neue Summe ergibt sich aus den Unterlagen, die den Behörden erst seit dem 27. Februar 2014 vorliegen. Weil die Unterlagen bislang nur oberflächlich untersucht werden konnten und auch "Millionen fehlen, von denen keiner weiß, wo sie sind", so die Steuerfahnderin. Dies sei der geschätzte "best case" für Hoeneß. Heißt: Die Steuerschulden könnten noch steigen.

Der Präsident des FC Bayern München, Uli Hoeneß (l), kommt am 11.03.2014, dem zweiten Verhandlungstag, als Angeklagter im Landgericht München II (Bayern) in den Gerichtssaal. Hoeneß soll im großen Stil Steuern hinterzogen haben.  Foto: Michael Dalder/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Uli Hoeneß schuldet dem Fiskus mindestens 27,2 Millionen Euro.

Denn zusätzlich seien diese Unterlagen "entgegen den ursprünglichen Bekundungen dann doch nicht vollständig" gewesen, erklärte Gerichtssprecherin Andrea Titz. Am 5. März, also fünf Tage vor Verhandlungsbeginn, seien dann "nochmals neue weitere Unterlagen nachgereicht" worden. Die Aussagen der vernommenen Steuerfahnderin vor dem Münchner Landgericht hätten ergeben, dass "über einen sehr langen Zeitraum gar keine Unterlagen nach Erstattung der Selbstanzeige eingereicht wurden", so Titz. Zudem habe die Zeugin dargestellt, dass "immer wieder neue Fristen" gesetzt wurden und dass diese "jeweils wieder verstrichen sind, ohne dass Unterlagen eingereicht wurden."

Zusätzlich sorgte die Zeugin mit einem Detail für Aufregung. So seien die neu bekommenen PDF-Unterlagen schon am 18. Januar 2013, einen Tag nach der Selbstanzeige des Bayern-Präsidenten, erstellt worden. Damit stellt sich die Frage, warum die Unterlagen erst jetzt zur Überprüfung weitergeleitet wurden.

Bislang ist Hoeneß angeklagt, 3,545 Millionen Euro an Steuern hinterzogen zu haben. Er hatte am ersten Prozesstag eingeräumt, insgesamt 18,5 Millionen Euro Steuern hinterzogen zu haben und damit 15 Millionen mehr als angenommen. Seine Strategie der Offenheit scheint angesichts der neu genannten Steuerschulden allerdings schon ad absurdum geführt worden zu sein.

Haft- oder Bewährungs- und Geldstrafe?

Eigentlich war die Steuerfahnderin als letzte Zeugin vorgesehen, doch für morgen wurden überraschend ein EDV-Sachverständiger und ein Buchprüfer geladen. Ob der Betriebsprüfer nur seine Expertise zum Fall abgibt oder in Verbindung zu Hoeneß steht, ist derweil unklar. Angesichts der neuen Aktenlage rückt das für Donnerstag anberaumte Urteil aber in weite Ferne. "Es ist nicht mehr sehr wahrscheinlich, dass es so sein wird", sagte Gerichtssprecherin Andrea Titz und betonte: "Es ist durchaus davon auszugehen, dass weitere Termine erforderlich sein werden." Nach den Anhörungen der letzten beiden Zeugen will das Gericht heute entscheiden, ob wie ursprünglich geplant bereits am Donnerstag ein Urteil fällt.

Der Bundesgerichtshof sieht eine Haftstrafe schon bei einer Steuerschuld ab einer Million Euro vor. Laut Gesetz könnte Hoeneß für maximal zehn Jahren ins Gefängnis wandern. FDP-Mann Wolfgang Kubicki glaubt nicht daran, dass er mit Bewährung davon kommt. Auch nach Ansicht von Steuergewerkschaftschef Thomas Eigenthaler geht kein Weg mehr an einer Haftstrafe vorbei. "Eine Freiheitsstrafe ist für mich absolut zwingend", sagte er dem Bayerischen Rundfunk. "Ob sie jetzt noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann, daran habe ich ganz, ganz starke Zweifel."

Die Steuerstrafrechts-Expertin Christine Varga hält entgegen anderer Meinungen von Juristen eine Bewährungsstrafe für Uli Hoeneß weiter für möglich. Obwohl dieser Unterlagen offenbar verspätet eingereicht und Fristen verstreichen lassen hat, könne die Selbstanzeige "trotz der formalen Unregelmäßigkeiten erheblich zu seinen Gunsten gewichtet werden", sagte Varga.

Laut der Juristin müssten die Gesamtumstände im Fall Hoeneß berücksichtigt werden. "Wer Selbstanzeige erstattet und den Steuerbehörden freiwillig Unterlagen vorgelegt, erleichtert deren Arbeit spürbar." Das Gericht müsse nun entscheiden, "ob das erheblich zu seinen Gunsten gewichtet wird", oder ob es sich der Staatsanwaltschaft anschließe. Diese betrachtet Hoeneß' Selbstanzeige als nicht wirksam. "Diese beiden Positionen muss das Gericht bewerten. Der Ausgang des Prozesses ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer vorherzusagen." Allerdings meint Varga: "Eine Bewährungs- in Verbindung mit einer Geldstrafe ist durchaus möglich."