Fehler, die viele Eltern versehentlich machen

Bloß nicht! So solltet ihr nicht mit euren Kindern reden

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Auch beim Spielen kann man einiges für die Spracherziehung des Kindes tun - oder falsch machen
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von Larissa Königs

„Sag mal: ‚Mama‘!“
Nichts ist schöner, als wenn das eigene Kind zum ersten Mal Mutter oder Vater direkt anspricht. Doch damit ist die Spracherziehung natürlich noch lange nicht getan. Viele Eltern wünschen sich, dass die eigenen Kinder möglichst schnell verständlich sprechen – und machen gerade deshalb oft einige Fehler. Eine Expertin erklärt, was man unbedingt vermeiden sollte.

Expertin erklärt: Diese Fehler machen Eltern bei der Spracherziehung

Wenn das Kind trotz aller Mühe kaum oder nur schwer verständlich spricht, ist guter Rat teuer. Bevor es zur Logopädie geht, versuchen es die meisten Familien zunächst selbst und stoßen dabei nicht selten an ihre Grenzen. Der Grund dafür ist oft, dass Eltern unbewusst Fehler in der Spracherziehung ihrer Kinder machen. Logopädin Sonja Utikal vom Deutschen Bundesverband für Logopädie hat RTL einige verraten.

Nachsprechen statt Interaktion

Den ersten Fehler ist, die konkrete Aufforderung an das Kind, etwas Bestimmtes zu sagen. Das solle möglichst vermieden werden, denn auf diese Weise werde das Kind Druck ausgesetzt. Logopädin Utikal: „Wenn ich mein Kind nur auffordere, Dinge nachzuplappern, ist das kein kommunikativer Akt, sondern ein Papageien-Modus. Das ist keine natürliche Gesprächssituation.“ Deshalb sei diese Art der Kommunikation nicht attraktiv für Kinder.

Besser ist es, das Kind wie einen echten Gesprächspartner zu behandeln. Wer also möchte, dass das Kind „Mama“ sagt, sollte das Wort attraktiv für das Kind machen, es zum Beispiel im Spiel häufiger fallen lassen und natürlich sofort und überschwänglich reagieren, wenn das Kind das Wort dann (womöglich nur zufällig) mal benutzt.

Weiterer Tipp der Logopädin: Gebt eurem Kind Auswahlmöglichkeiten. So könne man etwa beim Essen das Kind fragen, ob es lieber das Brot oder die Banane möchte und dabei aktiv auf beides zeigen. „Zeigt nun das Kind auf die Banane und man sagt ‚Ach, die BANANE möchtest du!‘, dann lernt das Kind direkt, was das Wort konkret bedeutet“, erklärt Utikal.

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Vokabeln pauken und Verben vergessen? Fehler!

Kinder lernen Wörter besser, wenn sie eine Bedeutung für sie haben. Heißt? „Sprache ist keine Vokabelliste“, so die Logopädin. Das werde daran deutlich, dass Wörter zumeist nur in einem ganzen Satz einen Sinn ergeben. „Ball da und Ball weg beinhalten beide das Wort ‚Ball‘, haben aber eine komplett gegensätzliche Aussage“, nennt Utikal als Beispiel.

Das Gute: Wenn Eltern in ganzen Sätzen sprechen, lernen Kinder den Satzbau automatisch. Das funktioniere aber nicht, wenn man immer nur eine Vokabel sage.

Besonders wichtig für das Erlernen der korrekten Grammatik ist im Deutschen die korrekte Verb-Stellung im Satz, betont Utikal. „Viele schauen nur, wie viele Hauptwörter können die Kinder, dabei ist für den Spracherwerb genauso wichtig, dass sie viele Verben kennen und gut einsetzen“, erklärt Utikal.

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Fehler bei der Sprach-Erziehung: Geschlossene statt offener Fragen stellen

Wichtig ist generell vor allem die Kommunikation mit dem eigenen Kind. Dazu gehört, auch in einen Dialog zu treten. Das funktioniert am optimalsten mit offenen Fragen, auf die es keine „Ja-Nein-Antworten“ gibt.

Utikal nennt ein Beispiel: „Wenn ich mein Kind frage, wo es auf dem Bild den Hund sieht, dann kann es schlicht darauf zeigen und die Aufgabe ist erledigt. Frage ich hingegen, was der Hund auf dem Bild gerade macht, und wo das Kind schon einmal einen anderen Hund gesehen hat, entwickelt sich bestenfalls ein Gespräch.“

Angemessen mit einem Kind reden

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RTL

Wichtig ist zudem eine „kindzentrierte Sprache, die dem Entwicklungsstand des Kindes angepasst ist“. Das heißt, dass man die Sprache dem Alter des Kindes entsprechend anpasst. Konkret: Baby-Sprache bei einem drei Monate alten Baby ist okay, bei einem dreijährigen Kind nicht.

Das gilt übrigens auch in die andere Richtung. „Wenn ich das sprachliche Niveau meines Kindes verfehle – in welche Richtung auch immer – wird es das Gespräch mit mir nicht mehr interessant finden und innerlich ‚abschalten‘. Deshalb ist es nicht sinnvoll, mit dem eigenen einem Kind wie mit einem Erwachsenen zu sprechen. Wichtig ist, dass Kinder noch eine andere Lebenswelt haben – spezifische Begriffe, etwa aus dem Berufsalltag, sind hier fehl am Platz, da die Kinder ihren Sinn noch nicht zuordnen können.

Zudem verarbeiten Kinder Informationen anders, weshalb man lange Sätze eher vermeiden sollte. „Wenn ich meinem Kleinkind sage, es solle sich die Schuhe anziehen, vorher aber noch kurz aufräumen und danach dann schnell die Schwester holen, ist es sehr wahrscheinlich, dass es eine diese Informationen wieder vergisst“, erklärt Utikal.

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Fehler gemacht? DAS solltet ihr nicht sagen

Häufig ist es bei kleinen Kindern so, dass sie Dinge zunächst falsch aussprechen. Besonders schwierig ist oft das „sch“. Hier sollten Eltern in der Sprach-Erziehung nicht den Fehler machen, und das Wort korrigieren, in dem sie etwa sagen: „Nein, das heißt nicht Sokolade, sondern Schokolade.“ Stattdessen empfiehlt es sich, das Wort einfach zu verbessern und korrekt zu wiederholen. Konkret etwa: „Schokolade? Alles klar, können wir gerne kaufen.“

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Grundsätzlich ist es extrem vorteilhaft für den Spracherwerb, wenn Eltern ihren Kindern vorlesen. Das bedeutet allerdings nicht, dass Mama oder Papa spricht und das Kind brav zuhört. „Vorlesen ist nicht gleich Vorlesung!“, betont Utikal. Statt lediglich den Inhalt eines Buchs vorzutragen, sollte man in die direkte Kommunikation mit dem Kind gehen. „Stellen Sie Fragen, zu dem, was im Buch zu sehen ist oder bitten Sie Ihr Kind, eine ähnliche Situation wiederzugeben“, schlägt die Logopädin vor.