Arzt erklärt das Phänomen
Schlechtes Gefühl nach Kino-Besuch: Gibt es das „Post-Avatar-Syndrom" wirklich?

Mitte Dezember ist „Avatar 2“ in den deutschen Kinos angelaufen, verzeichnete direkt zu Beginn wieder massiven Zuschauerzuspruch. Bei manchen Kinogängern löst das Sequel „The Way Of Water“ aber depressive Verstimmungen aus. Schon nach dem ersten Film von Hollywood-Hitgarant James Cameron gab es in der internationalen Presse Berichte über ein sogenanntes „Post-Avatar-Depressions-Syndrom“. Wir erklären, was dahinter steckt!
Berichte über Depressionen häufen sich
Haben Sie schon „Avatar – The Way Of Water“ gesehen? Wenn ja, leiden Sie dann auch schon an PADS? PADS steht für „Post-Avatar-Depressions-Syndrom“. Es handelt sich aber nicht um ein offiziell anerkanntes Krankheitsbild. Doch bei manchen Zuschauern hat der Film dieses Syndrom wieder geweckt – oder auch zum ersten Mal ausgelöst. Sogar der englische Guardian berichtet. Denn auch in Großbritannien häufen sich – vor allem in Fan-Foren – die Berichte über Depressionen, nachdem Menschen sich „Avatar 2“ angesehen haben.
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Die Welt der Na’vi ist so perfekt und ihr Kampf so sinnvoll
Das Phänomen ist nicht neu. Schon nach dem Erstling "Avatar - Aufbruch nach Pandora", nach wie vor der erfolgreichste Film aller Zeiten, berichteten viele Menschen, dass sie sich nach dem Film niedergeschlagen und deprimiert fühlten. Pandora und die wunderschöne Welt der Na'vi, die majestätischen Blicke, die lebende und glänzende Fauna und Flora: All das scheint vielen Zuschauern so perfekt und der Kampf der Einwohner um ein Leben in Frieden und im Einklang mit ihrer Natur so sinnvoll, dass sie bei der Rückkehr aus der Fiktion in der realen Welt schlechte Gefühle bekommen – alles als grau und hässlich empfinden.
„Seitdem ich Avatar gesehen habe, bin ich deprimiert. Als ich die wunderbare Welt von Pandora und all die Na’vi sah, wollte ich einer von ihnen sein“, zitiert der Guardian den Nutzer eines Film-Forums. „Ich denke sogar über Selbstmord nach, weil ich denke, dass ich dann in einer Welt wiedergeboren werde, die Pandora ähnelt und in der alles genauso ist wie in Avatar.“ Ein anderer fragt dort: „Gibt es noch andere Menschen da draußen, die glauben, dass die Menschheit den Bach runter geht?“
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Kann ein Film überhaupt echte Depressionen auslösen?
Der Foren-Thread enthielt damals mehr als 1.000 Beiträge von Menschen auf der ganzen Welt, die ähnliche Gefühle erlebten. Er wurde dadurch so populär, dass ein zweiter Thread erstellt wurde, um mehr Platz zu schaffen, berichtet der Guardian. Die Diskussion breitete sich daraufhin auch auf andere Fan-Seiten aus. 2010 griffen die Medien das Thema auf und bezeichneten es schließlich als „Post-Avatar-Depressions-Syndrom“.
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Aber kann ein Film überhaupt echte Depressionen auslösen? „Wir haben das Beste aus unserer Technologie herausgeholt, um diese virtuelle Welt zu erschaffen, und das echte Leben wird nie so utopisch sein, wie es auf dem Bildschirm erscheint. Das reale Leben erscheint dadurch unvollkommener“, erklärte 2010 Dr. Stephan Quentzel, ein New Yorker Psychiater, das PADS-Phänomen gegenüber dem Sender CNN.
Und auch Gesundheitsexperte und Präventivmediziner Dr. Christoph Specht erklärt RTL: „Filme können eine Menge auslösen, 1997 sorgte die Zeichentrickserie Pokemon in Japan bei Hunderten Kindern für epileptische Anfälle.“
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Der paradiesische Ort der Na'vi ist nicht erreichbar
Für das PADS-Phänomen hat der Mediziner eine Erklärung, die in den spirituellen Bedürfnissen des Menschen verankert ist. "Viele Religionen haben eine Vorstellung von Paradies, die, wie im Christentum, durch das richtige Verhalten erreichbar ist", erklärt Specht. Avatar entwerfe auch eine positive Utopie, einen paradiesischen Ort, der allerdings nicht erreichbar sei. "Kommt dazu das Gefühl, dass das eigene Leben schlecht ist und noch schlechter wird, kann das durchaus zu einer depressiven Verstimmung führen."
Der Arzt weist aber darauf hin, dass eine echte Depression davon unterschieden werden müsse – und es sich bei diesem Phänomen letztlich nur um eine depressive Verstimmung handele.
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Da es sich um kein echtes, anerkanntes Krankheitsbild handelt, müssen die Filmfans sich in den Foren und in den sozialen Medien gegenseitig selbst helfen. Das glaubt auch die Ancient Forest Alliance, eine kanadische Non-Profit-Organisation, die sich für den Schutz alter Wälder einsetzt. Sie hat dazu ein dreistufiges Heilverfahren für PADS entwickelt: "Rausgehen und die Natur erleben, Maßnahmen zum Schutz der Natur ergreifen und andere dazu bringen, dasselbe zu tun." (ija)
Depressiv? Hilfe finden Betroffene und Angehörige hier!
• Erster Ansprechpartner ist der Hausarzt
• deutschlandweites Info-Telefon Depression 0800 33 44 5 33 (kostenfrei)
• Wissen, Selbsttest und Adressen rund um das Thema Depression unter www.deutsche-depressionshilfe.de
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