"Bei unklarer Datenlage ist Zurückhaltung angebracht"Ist Corona Laborunfall? Hamburger Forscher wird heftig kritisiert
Seit mehr als einem Jahr sorgt das Coronavirus für eine weltweite Krise. Nun hat Nanowissenschaftler Prof. Dr. Roland Wiesendanger den Ursprung des Virus untersucht. Er kommt zu dem Ergebnis: Corona hat keinen natürlichen Ursprung sondern stammt aus dem Labor. Doch die Studie stößt auf massive Kritik.
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These: Keine Fledermäuse auf dem Fischmarkt in Wuhan
Der Physiker trug nach eigenen Angaben über einen Zeitraum von Januar bis Dezember 2020 Hinweise unter anderem aus verschiedenen wissenschaftlichen Publikationen, Medienartikeln, Gesprächen mit Kollegen und Beiträgen aus sozialen Medien zusammen. Wiesendanger führt mehrere Faktoren auf, die aus seiner Sicht gegen die weitgehend anerkannte Theorie sprechen, dass der Erreger Sars-Cov-2 von Fledermäusen stammt und Ende 2019 über einen Zwischenwirt auf den Menschen übertragen wurde. Laut Wiesendanger werden Fledermäuse, die erwiesenermaßen etliche Coronaviren in sich tragen, gar nicht auf dem Tiermarkt im Zentrum Wuhans, der als Ausgangspunkt der Pandemie gilt, angeboten.
„Weiterhin ist es so, das die Forschergruppen in Wuhan über Jahre hinweg, Experimente mit Coronaviren angestellt haben mit dem Ziel, diese für Menschen ansteckender und gefährlicher zu machen“ so Roland Wiesendanger gegenüber RTL. Corona sei also ein Labor-Unfall. Außerdem könnten die SARS-CoV-2-Viren "erstaunlich gut" an menschliche Zellrezeptoren ankoppeln und in menschliche Zellen eindringen - laut Wiesendanger ein Hinweis darauf, dass der Virus-Ursprung nicht natürlich sei.

Studie liefere "keine hochwissenschaftliche Beweise, aber klare Hinweise"
In einer Pressemitteilung der Universität Hamburg heißt es dazu, dass das Papier zwar keine hochwissenschaftlichen Beweise liefere, wohl aber zahlreiche und schwerwiegende Indizien. Auf RTL-Nachfrage möchte sich die Uni Hamburg nicht weiter äußern, nur so viel: „Als öffentliche Einrichtung ist die Universität Hamburg dazu verpflichtet, Studien ihrer Wissenschaftler/innen nicht inhaltlich zu bewerten, sondern diese für den Austausch und die Diskussion in der Fachcommunity oder Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, was sie mit dem Versand von Pressemitteilungen tut. Wissenschaftliche Pressemitteilungen müssen daran gemessen werden, ob ihr Inhalt von öffentlichem Interesse ist. Die Hochschulleitung und die Pressestelle der Universität Hamburg üben keine Zensur zu Forschungsgegenständen und -ergebnissen ihrer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus. Diese sind vielmehr zur Publikation ihrer wissenschaftlichen Ergebnisse verpflichtet. Die Forschungsfreiheit zählt im Zusammenhang mit der Wissenschaftsfreiheit und der Freiheit der Lehre gemäß Artikel 5 des Grundgesetzes zu den Grundrechten. Jede/r Wissenschaftler/in hat demnach das Recht, unabhängig von ihrer/seinem Fachgebiet Forschung zu betreiben und die gewonnenen Erkenntnisse zu veröffentlichen."

Studie stößt auf massive Kritik
Prof. Dr. Helmut Fickenscher, Direktor des Instituts für Infektionsmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) sagt auf RTL-Anfrage: "Dies halte ich für nicht nachvollziehbar, wenn man die Fülle von diesbezüglichen Fake-News betrachtet. Die Gefahr ist groß, dass sich diese Metastudie nicht von den Fake-News befreien konnte.“
Auch die Wissenschaftsbehörde steht der Veröffentlichung kritisch gegenüber. "Die vorgelegte Studie ordnet selber ein, dass sie keine Befunde, sondern nur Indizien liefert. Wissenschaftsfreiheit ist ein unverrückbares Gut. Gleichwohl gilt für alle Form wissenschaftlicher Forschung, dass bei unklarer oder unsicherer Datenlage Zurückhaltung in der Bewertung angebracht ist. Ein Team der Weltgesundheitsorganisation hat erst vor wenigen Tagen einen umfangreichen Bericht zum Ausbruchsgeschehen in Wuhan vorgelegt und kommt zu anderen möglichen Szenarien. Es bedarf mehrerer Studien, um die Ursprünge der Pandemie zu ergründen und für die Zukunft zu lernen. Darum ist es gut, dass eine breite Erforschung der Pandemie stattfindet", so die Behörde auf RTL-Anfrage.
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