Richter segnen Euro-Rettungsschirm ESM endgültig ab

Das Bundesverfassungsgericht hat die Klagen gegen den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM abschließend zurückgewiesen. Trotz der eingegangenen milliardenschweren Verpflichtungen Deutschlands bleibe die Haushaltsautonomie des Bundestages hinreichend gewahrt, entschied das Gericht in Karlsruhe. Neben dem Vertrag über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) sei auch der europäische Fiskalpakt verfassungsgemäß. Die Kläger hatten argumentiert, mit dem ESM werde die Budgethoheit des Bundestags untergraben.

Peter Gauweiler kommt am 18.03.2014 in Karlsruhe (Baden-Württemberg) zum Bundesverfassungsgericht. Das Bundesverfassungsgericht verkündet sein Urteil über mehrere Klagen gegen den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM. In Karlsruhe geklagt haben unter anderen die Bundestagsfraktion der Linken, der Verein «Mehr Demokratie» mit mehr als 37 000 Bürgern sowie CSU-Vize Peter Gauweiler. Foto: Uwe Anspach/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Prominentester Kläger gegen den dauerhaften ESM war der stellvertretende CSU-Vorsitzende Peter Gauweiler.

"Trotz der eingegangenen Verpflichtungen bleibt die Haushaltsautonomie des Deutschen Bundestags hinreichend gewahrt", sagte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle bei der Urteilsverkündung. Es müsse jedoch sichergestellt werden, dass etwaige Kapitalabrufe rechtzeitig und vollständig erfüllt werden könnten. Damit soll verhindert werden, dass das Stimmrecht Deutschlands in den ESM-Gremien bei Zahlungsverzug ausgesetzt wird.

Das Urteil betrifft die Errichtung des ESM, den europäischen Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin sowie verschiedene Begleitmaßnahmen. "Das Ergebnis ist eindeutig: Die Verfassungsbeschwerden sind teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet", fasste Voßkuhle den Richterspruch zusammen.

"Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist eine gute Entscheidung für Europa und für Deutschland", erklärte der Chef des Euro-Rettungsschirms ESM, Klaus Regling. Mit dem Abweisen der Klagen gegen den Euro-Rettungsschirm habe das Gericht endgültig Klarheit geschaffen.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht den Kurs der Bundesregierung bestätigt. "Das stärkt Glaubwürdigkeit und schafft Vertrauen", erklärte er. Für Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) stärkt das Verfassungsgericht den politischen Einschätzungsspielraum des Parlaments gerade auch bei Maßnahmen der Euro-Rettung. Positiv äußerten sich auch SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider und Grünen-Chefin Simone Peter. Sie forderten zugleich Fortschritte bei der Bankenunion. Der Haushaltsexperte der Grünen, Sven-Christian Kindler, sprach von einer guten Nachricht für Europa.

Beschluss zur EZB-Rettungspolitik steht noch aus

Die Karlsruher Richter hatten bereits im September 2012 im Eilverfahren den Weg für den ESM unter Auflagen freigemacht. Es wurde deshalb erwartet, dass die Verfassungshüter auch endgültig grünes Licht geben würden. Zur Eilentscheidung hatten die Richter erklärt, die Finanzhilfen für Euro-Länder in einer Schuldenkrise verstießen nicht gegen das Grundgesetz, solange die Haftungsobergrenze Deutschlands von 190 Milliarden Euro nicht ohne Zustimmung des Bundestages angehoben werde. Die Bundesregierung musste das völkerrechtlich sicherstellen.

Mit mehr als 37.000 Beschwerdeführern - darunter Rechtsprofessoren, Abgeordnete wie der stellvertretende CSU-Vorsitzende Peter Gauweiler und der Verein 'Mehr Demokratie' - war dies die größte Verfassungsbeschwerde in der Geschichte des obersten deutschen Gerichtes.

Einen Teil des Verfahrens hatten die Richter abgetrennt und erstmals dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vorgelegt. Dabei geht es darum, ob die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihrem umstrittenen Programm zum Kauf von Staatsanleihen innerhalb ihrer Kompetenzen geblieben ist. Die Kläger beanstanden, für den deutschen Staat ergäben sich daraus unbegrenzte Finanzrisiken, die das Haushaltsrecht des Bundestages verletzten. Zudem überschreite die Notenbank damit ihren auf Geldpolitik beschränkten Auftrag und betreibe direkte Staatsfinanzierung, was nach EU-Recht verboten ist.

Das Bundesverfassungsgericht sieht einen solchen Verstoß. Dies lasse sich nur reparieren, wenn der EuGH den EZB-Beschluss so beschränkt, dass der unbegrenzte Ankauf von Anleihen und die Beteiligung der EZB an einem Schuldenschnitt eines Krisenstaates ausgeschlossen wären. Das letzte Wort über die Klagen haben sich die Karlsruher Richter vorbehalten.