Prozess in Köln: 27-Jähriger erdrosselte seine Freundin mit einem Schnürsenkel

Mit müden Schritten bahnt sich Marko S. seinen Weg zur Anklagebank im Saal 210 des Landgerichts Köln. Der 27-jährige Mann ist eine verkrachte Existenz: Drogen, Hartz IV, ein Gefängnisaufenthalt. Und nun könnte Marco S. auch noch ein kaltblütiger Mörder sein: Die Staatsanwaltschaft beschuldigt ihn, seine Freundin im September 2015 heimtückisch mit einem Schnürsenkel erdrosselt zu haben. Ob er zu den Vorwürfen etwas sagen wolle, fragt der Richter. "Ja, ich will erzählen, was passiert ist", seufzt Marko S. in das kratzende Mikrofon. Sein Anwalt nickt ihm auffordernd zu. Dann berichtet Marko S. mit schleppender Stimme von seinem verpfuschten Leben und seiner Beziehung zu Jennifer U. (22†), die ihn angeblich alle Grenzen überschreiten ließ.
Marko S. erzählt, wie er nach seiner dreimonatigen Haftstrafe in die gemeinsame Wohnung mit Jennifer U. zurückgekehrt sei und sein Leben angeblich habe wieder neu ordnen wollen. Doch die Wohnung sei im Chaos versunken gewesen, und ihm sei zu Ohren gekommen, was seine Jennifer alles während seiner Abwesenheit getrieben habe. Ein Bekannter habe ihm eine WhatsApp-Sprachnachricht vorgespielt, auf der seine Freundin Männern ihren Körper für Geld anbot. Als wäre das nicht genug, habe ihm dann auch noch ein Nachbar die Namen der Männer aufgezählt, mit denen Jennifer geschlafen haben soll. "Sie hat alles bestritten, aber ich habe ihr nicht mehr vertrauen können", meint Marko S. Allein wegen ihr habe er dann wieder zu aufputschenden Drogen, Amphetaminen, gegriffen: Sieben bis acht Gramm will sich Marko S. pro Tag durch die Nase gezogen haben, um sich und seine Gedanken stillzulegen.
Seine Freundin Jennifer U. beschreibt er als nicht minder labil: Sie sei in der Vergangenheit sexuell missbraucht worden, habe sich immer wieder selbst verletzt und sei auch mal drei Monate lang in der Psychiatrie gewesen. Auch skizziert Marko S. sie als geradezu krankhaft eifersüchtige Frau, die mal die Bewährungshelferin, mal die frühere Ehefrau als "Schlampe" betitelt habe. Vor Gericht entsteht das Bild von zwei Menschen, die mit ihren Leben heillos überfordert waren.
Als Marko S. dann über den Tathergang spricht, bricht seine Stimme. "Ich wünschte, ich könnte alles ungeschehen machen. Ich liebe die Frau doch heute noch", stöhnt er. Weil sie ihm aber einfach nicht gut getan habe, wollte er sie an dem verhängnisvollen Abend endgültig aus der Wohnung werfen. Doch Jennifer habe das nicht zulassen wollen, sei mit einem Brotmesser auf ihn losgestürzt. Daraufhin habe Marko S. ihr das Messer aus der Hand geschlagen und sie gewürgt. "Wie lange?“, fragt der Richter. "Ich weiß nicht, wie lange ich gedrückt habe. Ich habe jede Nacht Albträume von der Scheiße. Sie hatte einen geöffneten Mund, ganz verdrehte Augen. Ein verzerrtes Gesicht“, schluchzt Marko S. Als sie scheinbar leblos am Boden lag, hätte er am Boden einen Schnürsenkel entdeckt und ihr damit die Kehle zugedrückt.
"Ich war wie ein Psycho"

Vor Gericht geht es vor allem um die Frage, ob es Mord oder Totschlag war. Schließlich fällt das Strafmaß bei Totschlag deutlich geringer aus als bei Mord. Und während die Staatsanwaltschaft von einer geplanten Tötung ausgeht, schildert Marko S. die Tat vielmehr wie einen unüberlegten Totschlag, der aus einem bitteren Streit resultierte. Der Richter zeigt sich skeptisch, fordert immer wieder Erklärungen von Marko S. für sein Verhalten. Ob seine Freundin, die Marko S. selbst als klein und zierlich beschreibt, denn nicht vielmehr symbolisch zum Messer gegriffen habe, fragt er.
Als nächstes will der Richter wissen, was Marko S. nach der Tat unternommen habe. "Ich habe sie vom Wohnzimmer ins Schlafzimmer geschleppt, sie in Decken eingewickelt und unter das Bett gelegt. Dann habe ich die Tür zugemacht", presst Marko S. hervor. Die Tür zum Schlafzimmer und somit zum Problem will er dann zwei Monate lang nicht mehr aufgestoßen haben.
"Irgendwann muss doch das Bewusstsein kommen, dass das nicht mehr gut geht", merkt der Richter an, während Marko S. sein Gesicht in den aufgestützten Händen vergräbt. Doch an diesen Punkt gelangt Marko S. wohl nicht, denn nach Jennifer U.s Tod strickt er eine Legende: Mit seinen Nachbarn spielt er Playstation und erzählt dabei, dass Jennifer zu ihrem Bruder nach Österreich gegangen sei. Aus Angst, erwischt zu werden, habe er sich nach Außen versucht, völlig normal zu geben, sagt er vor Gericht. Seinen Drogenkonsum habe in dieser Zeit aber noch mal zugenommen. Erst zwei Monate nach der Tat entdeckten Drogenfahnder zufällig bei einer Wohnungsdurchsuchung die Leiche von Jennifer U.
Die Mutter (41) von Jennifer beobachtet Marko S. während des Prozesses unablässig. Sie hegt große Zweifel daran, dass ihre Tochter sich prostituiert haben soll, um Schulden zu tilgen. Und sie hält Marko S. aus einem bestimmten Grund nicht für besonders glaubwürdig: So habe sie ihrer Tochter im November noch zum Geburtstag eine SMS geschickt und auch eine Antwort erhalten – doch die kam vermutlich von Marko S., denn Jennifer lag schon seit Wochen tot im Schlafzimmer.