Er war in "Boystown" das "Phantom"

Prozess gegen Kinderporno-Netzwerk: Angeklagter bittet um Hilfe - "Werde allein mit Problem nicht fertig"

19.09.2022, Hessen, Frankfurt/Main: Die Angeklagten sitzen zur Fortsetzung zum Prozess wegen ihrer Beteiligung an der Darknet-Plattform Boystown vor dem Landgericht Frankfurt im Saal. Den ingesamt vier Angeklagten wird die bandenmäßige Verbreitung kinder- und jugendpornographischer Inhalte, das Herstellen von Kinderpornographie sowie den zum Teil schweren sexuellen Missbrauch von Kindern vorgeworfen. Foto: Sebastian Gollnow/dpa - ACHTUNG: Die Angeklagten wurden auf Anordnung des Gerichts gepixelt +++ dpa-Bildfunk +++
Vor dem Frankfurter Landgericht läuft aktuell der Prozess um die Darknet-Plattform Boystown
tba, dpa, Sebastian Gollnow

Sie war versteckt im Darknet: Die Online-Plattform „BoysTown“, auf der mehr als 400.000 User weltweit Fotos und Videos mit teils schwerster sexueller Gewalt an Kindern ausgetauscht haben. Seit September stehen vier Männer vor dem Frankfurter Landgericht. Ein Angeklagter, ein 41-jähriger Mann aus dem Landkreis Paderborn, wurde heute vernommen. In seiner Aussage bestätigte er die Anklage. Diese sei „vollumfänglich richtig“ – und er hoffe auf professionelle Hilfe.

"Phantom" entschuldigt sich bei Opfern

Der Angeklagte soll auf der Plattform eine Tätigkeit als Moderator und Administrator ausgeübt haben. Dort sei es um Unterhaltungen gegangen, Darstellungen seien in anderen Bereichen des Forums gepostet worden. Die Anklage sei richtig, so der 41-Jährige und er werde jede Strafe akzeptieren. Gleichzeitig hoffe er auf professionelle Hilfe, „da ich alleine mit meinem Problem nicht fertig werde“, sagte der untersetzte Mann mit zurückweichendem Haaransatz. Außerdem entschuldigte er sich bei den Opfern der Plattform.

Screenshot Forum "Boystown"
Besonders Aufnahmen von kleinen Jungen standen im Fokus.
Quelle: Bundeskriminalamt

"Phantom" nach Festnahme erleichtert

Der 41-Jährige sagte vor Gericht, dass er schon ziemlich lange im Darknet unterwegs gewesen sei. Schon vor seiner Tätigkeit bei „Boystown“ soll er er an einem anderen Chat als Moderator beteiligt gewesen sein. Er habe ein Doppelleben geführt und seine Festnahme habe er als Erleichterung empfunden: „Ich habe gedacht, jetzt mache ich reinen Tisch.“

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Mitglieder konnten sich Rang als "Megastar" erarbeiten

Die drei anderen Angeklagten ließen über ihre Verteidiger erklären, dass die Vorwürfe zuträfen. Weitere Aussagen werden sie aber nicht machen – sie hätten bereits bei der Polizei ausgesagt.

Ein 66-Jähriger aus Hamburg, der laut Anklage einer der aktivsten Nutzer der Plattform war, bezeichnete sich am Freitag in der von seiner Verteidigerin verlesenen Erklärung als ein „einfacher Teilnehmer der Plattform“, der zu keiner Zeit eine herausgehobene Position gehabt habe. Die Bezeichnung „Guru“ oder „Megastar“ für ihn hätten sich andere Teilnehmer ausgedacht.

Dagegen hatte der 41-Jährige angegeben, diesen „Rang“ hätten besonders aktive Nutzer der Plattform erhalten.

Zwei der Männer sollen selbst Kinder missbraucht haben

In dem Verfahren sind zudem ein 49-Jähriger aus dem Landkreis Mühldorf am Inn in Bayern und ein 60-Jähriger aus Norddeutschland angeklagt, der zuletzt in Paraguay lebte. Sie sollen die Plattform „Boystown“ im Sommer 2019 aufgebaut haben. Zwei der Männer sollen zudem selbst Kindern sexuelle Gewalt zugefügt haben. (dpa/dgö)