Pro und Kontra Mietpreisbremse: Was bringt das neue Konzept?
Union und SPD wollen den rapiden Anstieg der Wohnungsmieten in Großstädten und Ballungsräumen stoppen. So weit – so gut. Das Thema wurde auch im Wahlkampf immer wieder behandelt und zeigt, dass es den Deutschen unter den Nägeln brennt. Die Bilder von teilweise 100 Menschen, die zu einer Wohnungsbesichtigung in Hamburg, Berlin oder Frankfurt kommen, haben auch die Politikschaffenden zum Handeln angeregt.

So soll ein Makler künftig von dem bezahlt werden, der ihn auch bestellt. Außerdem darf bei einem Mieterwechsel die neue Miete maximal zehn Prozent über dem ortsüblichen Niveau liegen, das man im Mietpreisspiegel finden kann. Bestehende Mieten sollen höchstens um 15 Prozent in vier Jahren steigen dürfen, bisher gilt dies für eine Frist von drei Jahren. Zudem soll der Mietwohnungsbau in diesen Problem-Regionen steuerlich gefördert werden. Dafür soll die vor einigen Jahren ausrangierte degressive Abschreibung für Anlagen im Mietwohnungsneubau ("degressive Afa") wieder eingeführt werden.
Sind diese Maßnahmen, die in den aktuellen Koalitionsverhandlungen nun in einem Konzept formuliert wurden, auch ausreichend oder gehen sie an der Realität vorbei? RTLaktuell.de analysiert das Papier:
PRO:
Es ist gut, dass sich die Politik dieses Themas endlich ernsthaft annimmt. Es ist noch kein halbes Jahr her, da stimmte die CDU – obwohl sie die Mietpreisbremse ausdrücklich im Wahlprogramm hatte – im Bundestag gegen dieses Instrument. Heuchelei warfen die Grünen der Bundeskanzlerin nach der Abstimmung vor.
Nun also gibt es eine Mieterhöhungsdeckelung. Das ist gut. Es kann die ausufernde Mietpreisentwicklung wenigstens etwas stoppen. Viel wichtiger aber ist die Einrichtung eines Heizkostenzuschusses für Geringverdiener. Denn in vielen Metropolen Deutschlands geben Menschen mit einem schmalen Gehalt schnell 40 Prozent ihres Einkommens nur für Wohnen aus. Besonders diesen Menschen muss der Staat unter die Arme greifen. Dafür sind laut SPD-Verhandlungsführer Florian Pronold 250 Millionen Euro pro Jahr vorgesehen.
Für Sozialschwache ändert sich viel zu wenig
Auch die Häuslebauer sollen durch gezielte staatliche Maßnahmen zum Bauen verführt werden. Die sogenannte 'degressive Abschreibung' kommt wieder und hilft durch Steuererleichterungen bei der Finanzierung. Eine Förderung des Wohnungsbaus also. Nur so lässt sich die allgemeine Not beheben.
Und das Bestellerprinzip ist ebenfalls ein Plus für die Mieter. Denn wenn ein Vermieter nun unbedingt einen Makler einschalten will, dann muss er ihn auch bezahlen. Bisher musste der Mieter die Courtage aufbringen. Maklercourtagen betragen in der Regel 2,3 Kaltmieten. Dies macht je nach Miete schnell einen vierstelligen Betrag aus.
KONTRA:
Die nun formulierten Änderungen sind nichts als ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn die meisten Deutschen bewegen sich bei der Miete ohnehin schon lange an der Schmerzgrenze. Eine Erhöhung von 15 Prozent in vier Jahren ist für sie nicht zu leisten. Das kann man sehr gut ablesen in vielen ehemaligen Arbeitervierteln in Großstädten. In Hamburg, Berlin, Köln und Frankfurt ist die sogenannte Gentrifizierung, also die Vertreibung einer statusniedrigeren Bevölkerung, mittlerweile voll im Gange. Ehrenfeld in Köln, Kreuzberg in Berlin, St. Pauli in Hamburg – Betroffen können ein Lied davon singen. Arbeiterfamilien können sich ihr Viertel nicht mehr leisten und werden an den Stadtrand gedrängt.
15 Prozent in vier Jahren. Wer bekommt schon innerhalb von vier Jahren 15 Prozent Lohnerhöhung? Also wird der Anteil der Miete am Einkommen weiter steigen. Für viele eine Katastrophe angesichts permanent steigender Lebenshaltungskosten.
Oft sind die Mieter nach einer Renovierung oder Sanierung ihres Mietshauses nicht mehr dazu in der Lage, die gestiegene Miete zu zahlen. Da nutzt es auch nichts, wenn CDU und SPD jetzt beschlossen haben, dass bei energiesparender Sanierung von Gebäuden künftig nur zehn Prozent statt elf Prozent auf die Miete umgelegt werden können. Dieses eine Prozent Ersparnis rettet die ursprünglichen Mieter nicht.
Viel schlimmer: Wenn die Mieten nicht mehr ganz so hoch sind, wird sich die Zahl der Interessenten auf eine gute und bezahlbare Wohnung nur noch mehr erhöhen. Dies kann zum einen die Korruption fördern, vielleicht legt ein Interessent nochmal ein Scheinchen drauf, damit er den Zuschlag erhält. Zum anderen sind die sozial schwächer gestellten Bewerber weiterhin im Nachteil.
Für Geringverdiener ändert sich also nichts durch die neuen Regelungen, außer dass extrem schwache Einkommensschichten einen Heizkostenzuschuss erhalten sollen. Außerdem bleibt es ja erlaubt, einen Mietpreis zu kassieren, der zehn Prozent über dem ortsüblichen Niveau liegt. Welcher Normalsterbliche kann sich das leisten? In den Großstädten liegt der Quadratmeterpreis ohnehin schon oft bei zehn Euro und mehr. Und da kommen noch die Nebenkosten dazu.
Eine Mietpreisdeckelung führt nicht dazu, dass Wohnen billiger wird. Außerdem werden Familien mit Kindern und Menschen mit geringerem Einkommen weiterhin das Nachsehen beim Bemühen um eine Wohnung haben. Und der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, wenn es darum geht, die Kosten für den Makler wieder reinzuholen. Abstandszahlungen für Teppich, Küche, Badschrank, vor allem in Ballungsräumen können sich Vermieter vieles bezahlen lassen – sie werden ihre Wohnung schon los.
Nein, diese Regelungen dienen nicht den Sozialschwachen.