„Prince Charming“-Kolumne, Folge 4

Außen hart und innen egal: Wann ist ein Mann ein Mann?

Andreas

Die Verwendung des sendungsbezogenen Materials ist nur mit dem Hinweis und Verlinkung auf TVNOW gestattet.
Kandidat Andreas: Trotz aller Härte nah am Wasser gebaut.
TVNOW

Zu Beginn von "Prince Charming" habe ich mich gefragt: Räumt diese Show mit Schwulen-Klischees auf, oder wird sie diese munter weiter bedienen? Und was erwartet die Zuschauer? Drag Queens? Stangentänzer in Polizei-Uniform? Typen wie Brisko Schneider? Gibt es "Bilderbuch-Schwule"? Was macht diese Show mit Männerklischees?
Und was hat mein Kolumnen-Kollege zur vierten Folge von "Prince Charming" zu sagen?

"Wir sind schwul und stolz darauf"

Das Präsentieren der Regenbogenfahne kann man kaum als Klischee bezeichnen - aber es war zu erwarten. In Folge vier kommt sie endlich in voller Größe. Prince Charming Nicolas kommt Fahne schwenkend den Strand entlang in die Villa und bestellt Aaron, Simon, Marco, Manuel und Martin zum Gruppendate mit Statement ein. Sie bemalen sich nur mit einem String-Tanga bekleidet am ganzen Körper mit den Farben der LGBTQ-Fahne und posieren liegend als Regenbogen. "Wir sind schwul und stolz darauf", sagt Nicolas. Oder stolz darauf, herausgefunden zu haben, wer man ist? Bereit, das zu akzeptieren, und deshalb stolz darauf, dazu zu stehen.

Sechs bemalte, fast nackte, erwachsene Männer, die im Sand Kretas liegend eine Regenbogenfahne bilden, mag mancher als Aktion an sich albern finden, doch im gesellschaftlichen Zusammenhang ist es ein Statement, das alles andere als albern ist. Und wenn die Jungs dann auch noch Spaß dabei haben, ist doch alles gut. Wenn alle Menschen ein so unbeschwertes, offenes, (selbst-)bewusstes Verhältnis zu sich selbst hätten, wäre die Welt höchstwahrscheinlich ein besserer Ort.

"Even tough guys fall in love"

Während dieser farbenfrohen Aktion kommt das Gespräch schließlich darauf, wie man als Schwuler gesehen wird und wie man sich zu benehmen hat. Kurz und überspitzt formuliert: Du darfst schwul sein, aber benimm dich wie ein Mann – außen hart und innen ganz egal. Das ist nicht wirklich das, was das Wort Akzeptanz meint.

An Männerklischees hat sich Herbert Grönemeyer ja schon erfolgreich abgearbeitet – genug Männer verstehen seinen Song "Männer" noch immer als Betriebsanleitung. Umso erleichterter bin ich, als in dieser Folge etwas passiert, was ich mir erhofft habe: Es fließen Tränen, und zwar nicht heimlich, sondern ganz offen, mehrmals, und niemand schämt sich. Großes Kino, oder um es mit den Worten von Social-Distortion-Sänger Mike Ness zu formulieren: "Even tough guys fall in love." Männer wollen also auch in den Arm genommen werden, Geborgenheit erfahren. So mancher, sich dem angeblich schwachen Geschlecht tough präsentierender Mann, darf sich an den Männern um Prince Charming ruhig mal orientieren. Du kannst und solltest als Mann in dieser Show etwas lernen.

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Wie zwei verliebte Teenager

Zum Beispiel von jemandem wie Andreas. Ein Bär von einem Mann, muskelbepackt, tätowiert. Jemand, dem Du, wenn er Streit sucht, nicht über den Weg laufen willst. Er hat bei seinem Einzeldate mit Nicolas zum einen kein Problem, auf der halsbrecherischen Jetski-Fahrt den Platz auf dem Rücksitz einzunehmen, viel mehr ergreift er die Chance, an Nicolas Halt finden zu können und genießt diesen Körperkontakt. Zum anderen hat er überhaupt kein Problem, Emotion zu zeigen, als Nicolas ihm in einer romantischen Meerhöhle ein Ständchen singt. Er heult, wie er sagt, "Rotz und Wasser" und ist sichtlich gerührt. Gefühle zulassen, zeigen und dazu zu stehen, das ist Stärke. Das Date ist wahrscheinlich das bisher gelungenste und romantischste. Die beiden kichern und giggeln wie verliebte Teenager. Ich werde schon fast neidisch, alleine auf meiner Couch. Ich bin schlicht beeindruckt von Andreas' Wandlung vom Gewichte stemmenden Rambo zum gefühlsübermannten Schuljungen.

Im Video: Die Preview für die 1. Staffel von "Prince Charming"

Bitterer Nachgeschmack

Was derweil in der Villa abgeht, unterscheidet sich wahrscheinlich kaum von dem, was sich Alpha-Männchen und ein geringer Prozentsatz Alpha-Weibchen in der Vorstandsetage von so manchem DAX-Konzern liefern. Es werden Intrigen gesponnen, Allianzen geschmiedet, jeder versucht, sich in die beste Ausgangsposition zu bringen, notfalls mit nicht ganz so sauberen Tricks, die aber jeder vor sich selber rechtfertigen kann. Es bilden sich klare Fronten: Kiril und Alex, Sam und Lars. Zwischen Sam und Kiril knallt es. Kiril explodiert, wird zum "Ungeheuer" und "Arschloch", wie er treffend analysiert. Alles wegen eines Briefes, beziehungsweise zwei Briefen. Manuel hat dem Prince geschrieben. Als Kiril das mitbekommt, nimmt er die Idee auf und leiht sich dazu sogar das Papier von Manuel. Ein linkes Ding oder ist er einfach nur ein "Nachmacher"? Im Gegensatz zu den Jungs in der Villa, komme ich zu keinem eindeutigen Urteil. Nur: Ein Nachgeschmack bleibt, nicht nur aufgrund der Frontenbildung und der Eskalation.

Sam wirft in dem ganzen Chaos schließlich das Handtuch, tränenreich. Nicht weil ihm die Konfrontation zu nahe geht. Er spürt, dass es "keine Connection" zu Nicolas gibt und zieht die Konsequenzen.

Lars ist traurig über den Verlust seines "Felsens in der Brandung", vor allem auch, weil sein "Feind" Kiril trotz offen ausgesprochener Differenzen mit Nicolas auch nach der Gentlemen's Night weiter seine schwarze Krawatte trägt. Als Nicolas diese Entscheidung verkündet, spricht Lars' Blick Bände. Die Messer sind gewetzt – ob sie von vorne kommen, ist fraglich. Ich bin wirklich gespannt, wie sich das entwickelt.

"Prince Charming" ist ein TVNOW-Original, deshalb werden alle Folgen exklusiv bei TVNOW abrufbar sein. Folge 1 ist seit dem 30. Oktober 2019 online verfügbar, jeden Woche Mittwoch wird eine weitere Episode zum Streamen bereitgestellt.

Hören Sie den Podcast zu "Prince Charming" bei AUDIONOW für Insider-Infos und Backstage-Geplauder.