Sicherer Hafen für alle, „die es nicht so einfach haben“

Anfangs von Männern belächelt - wofür diese Anwältinnen kämpfen

Katja Dunkel (l.) und Rebecca Richter (r.) wollen die Anwaltswelt umkrempeln - und legen einen Fokus auf Frauen und queere Personen
Katja Dunkel (l.) und Rebecca Richter (r.) wollen die Anwaltswelt umkrempeln - und legen ihren Fokus auf Frauen und queere Personen.
René Fietzek
von Larissa Königs

Ein Ort für alle, die sich sonst nicht ernst genommen fühlen!
Das wollten Rebecca Richter (32) und Katja Dunkel (38) schaffen. Die beiden Anwältinnen aus Berlin haben sich diesen Wunsch vor drei Jahren erfüllt. Ihre Kanzlei betreut vorwiegend Frauen und queere Menschen. Die Reaktionen darauf: nicht immer positiv. Doch die beiden Frauen kämpfen für ihre Vision.

„Wer nimmt sich eigentlich der Probleme an, die nicht Männer betreffen?"

Eine Kanzlei im Szenestadtteil Friedrichshain, ein Altbau mit hohen Decken und abgeschliffenen Holzdielen. Hier arbeiten Katja Dunkel und Rebecca Richter. Sie befassen sich mit Fällen hauptsächlich aus dem Medien- und Urheberrecht. So weit, so normal für die Hauptstadt. Doch etwas ist anders. Denn die Frauen wollen vor allem eine Zielgruppe erreichen: andere Frauen.

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Schon im Studium merken beide: In der normalen Jura-Welt fühlen sie sich nicht wohl. „Wir haben gesehen, dass diese ganze Branche sehr männlich dominiert ist. Männer standen fast immer im Fokus, die Partner waren fast durchgängig Männer – und auch bei den Mandanten gab es sehr wenige Projekte von Frauen“, erinnert sich Katja Dunkel. Dabei sieht ihr Leben ganz anders aus.

„Wir sind privat ständig mit Frauen und queeren Menschen zusammen. Und da kam die Frage auf: Wer kümmert sich eigentlich um deren Probleme?“

Sie wollen einen Raum schaffen, wo sich vorwiegend Frauen und queere Menschen gut aufgehoben und gesehen fühlen. Weltoffen statt konservativ.

Eine Kanzlei, die anders ist

Das Problem: Ein solches Umfeld gab es in Deutschland nicht. Doch Aufgeben ist für beide keine Option. Rebecca Richter erinnert sich: „Wir haben damals gemerkt: Um den Arbeitsplatz zu haben, den wir uns wünschen, MÜSSEN wir selbst gründen. Da können wir nicht irgendwelche eingefahrenen Strukturen ändern. Wir müssen unseren eigenen Platz schaffen.“

Daraus folgt die erste eigene Kanzlei: Dunkel Richter. Die Reaktionen? Gemischt.

Einerseits gibt es viel Zuspruch. „Endlich mal eine Kanzlei, die anders ist, in der ich mich angesprochen fühle, wo ich ohne Sorge hingehen kann“, sei ein häufig genanntes Feedback. Auch die Bewertungen im Netz sind durchweg positiv. „Auf diese Kanzlei aufmerksam zu werden, war ein echter Segen“, heißt es etwa.

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Die Anwältinnen stehen auf der Seite der Frauen - auch wenn die manchmal schwieriger zu vertreten ist

Der Zuspruch kommt vermutlich auch daher, dass die Anwältinnen sich vielen heiklen Themen annehmen – etwa Hass im Netz oder Me-Too-Fällen. Bei letzterem verfolgen sie eine klare Linie: „Wir nehmen nur Fälle von Betroffenen an. Denn gerade diese Seite hat oft Probleme, überhaupt eine Kanzlei zu finden, die sie vertritt.“

Der Grund: Die Betroffenen sind in der Beweispflicht. „Und genau das ist sehr schwer. Für die Seite der Beschuldigten ist es einfacher, da kann man auch recht schnell eine Unterlassungsklage erwirken. Und wir wollen uns eben genau auf die Seite derer stellen, die es nicht so einfach haben, denen oft auch im Vergleich die finanziellen Mittel fehlen – meist sind das Frauen.“

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„Gerade am Anfang wurden wir von älteren Kollegen sehr belächelt“

Aber es gibt auch Gegenwind. „Gerade am Anfang wurden wir von älteren Kollegen sehr belächelt. Oder wir wurden gefragt, ob wir im Gender-Baukasten ausgerutscht seien“, sagt Rebecca Richter. Zeitgleich spürt sie auch den Druck, den Erwartungen der Mandantinnen gerecht zu werden, die sich häufig an niemand anderen wenden wollen.

Mittlerweile gebe es aber auch primär jüngere, männliche Kollegen, die sich aufgeschlossen zeigen. Das Bild scheint sich zu wandeln. „Ich glaube, dass es mit der Zeit mehr Anwältinnen geben wird, die sich für solche Fälle einsetzen“, betont Katja Dunkel.

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Die Gesellschaft sei auf einem guten Weg, da sind sich beide Frauen einig. Dennoch wollen sie sich weiter für Sichtbarkeit einsetzen: „Wir wollen immer wieder in die Wunde drücken und sagen: Wir haben noch lange keine Gleichberechtigung erreicht. Und daran werden wir arbeiten.“