Prozess in Wien
Coronakranke geht mit Mutter (86) ins Lokal, um ihr letzten Wunsch zu erfüllen

Sie wusste, dass sie Corona hatte und ging trotzdem zusammen mit ihrer Mutter (86) in ein Restaurant: In Wien musste sich eine 54-Jährige wegen vorsätzlicher Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten vor Gericht verantworten – und wurde freigesprochen.
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Prozess in Wien: Nur die Tochter erscheint
Die Frau hatte am 8. September 2020 von ihrem Chef erfahren, dass ein Kollege im Unternehmen an Corona erkrankt sei, so ihr Anwalt Anton-Alexander Havlik im Gespräch mit RTL. Sie entschied sich, freiwillig einen Test zu machen. Zwei Tage später bekam sie das positive Ergebnis. Ihre pflegebedürftige Mutter, die mit der Frau unter einem Dach lebte, bekam Angst, sich anzustecken und an Covid-19 zu sterben. „Aus einer Unbesonnenheit heraus hat sie sich gewünscht, noch einmal Linsen in ihrem Lieblingsrestaurant zu essen“, so Havlik. Ihre Tochter ignorierte das positive Testergebnis und fuhr mit ihr noch am selben Tag ins Lokal. Dem Anwalt zufolge bedauert die 54-Jährige ihr Handeln: „Sie hat nicht nachgedacht und sich hinreißen lassen.“
Am Tag darauf bekam die Tochter die Anweisung, sich in Quarantäne zu begeben und ihre Kontakte anzugeben. Wahrheitsgemäß teilte sie mit, im Restaurant gewesen zu sein – und wurde zusammen mit ihrer Mutter angezeigt. Vor Gericht erschien nur die Tochter – ihre Mutter war in der Zwischenzeit verstorben, allerdings nicht an Corona oder den Folgen einer Impfung.
Staatsanwaltschaft legt Berufung ein
Vor Gericht wies Havlik auf den CT-Wert seiner Mandantin hin. Dieser Wert bestimmt, ob jemand infektiös ist. Ist er höher als 30, gilt die betroffene Person als nicht infektiös. „Die Tochter hatte zum Zeitpunkt des Lokalbesuches keinen Absonderungsbescheid. Und der CT-Wert war 34, somit galt sie als nicht infektiös“, so der Anwalt. Das Gericht folgte seiner Argumentation und sprach die Frau frei.
Ausgestanden ist die Sache allerdings noch nicht: Die Staatsanwaltschaft hat Berufung eingelegt. (mst)