Neues NPD-Verbotsverfahren – Entschluss zum Antrag diese Woche?

Ein Jahr nach dem Auffliegen der NSU-Terrorzelle diskutieren die Bundesländer erneut über ein Verbot der NPD. Nachdem der Versuch eines Parteiverbots 2003 gescheitert war, erwartet man für diese Woche einen Entschluss der Innenminister über einen NPD-Verbotsantrag. Die Konferenz beginnt heute in Rostock-Warnemünde.

ARCHIV - NPD-Anhänger in Springerstiefeln stehen vor einem Wahlplakat der NPD (Archivfoto vom 12.3.2000). Die Innenminister des Länder und des Bundes beraten auf ihrer Herbstkonferenz in Wiesbaden ab Donnerstag (08.12.2011)) über den Kampf gegen den rechten Terror. Nach Aufdeckung der Neonazi-Mordserie wird es auch darum gehen, ob die Politik erneut ein Verbot der rechtsextremistischen NPD beantragt.  Foto: Kalaene Jens dpa  +++(c) dpa - Bildfunk+++
Die Innenminister der Bundesländer dikutieren erneut einen NPD-Verbotsantrag - der Entschluss wird diese Woche erwartet. Foto: Archiv

Derzeit zeichnet sich eine große Zustimmung ab, auch auf Grundlage rechtsradikaler Aktivitäten der Partei. Konkret wird der NPD vorgeworfen, sie missachte die universelle Menschenwürde, lehne das Mehrparteiensystem ab und vertrete rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Positionen. Die NPD habe sich außerdem für Gruppierungen mit Gewaltpotenzial geöffnet und betreibe gezielt Propaganda.

Dennoch gibt es Skeptiker, die auf das Risiko eines Verbotsantrags hinweisen, der, wenn er abgelehnt werden sollte, ein politisches Desaster für die Antragssteller wäre. Der frühere Prozessbevollmächtigte des Bundestags warnt vor den Folgen, falls ein Verbotsantrag gegen die NPD scheitern sollte: "Vor allem aber halte ich die faktischen Folgen für verheerend. Dort, wo die NPD Andersdenkende terrorisiert, könnte künftig die Polizei sagen: Was die machen, ist legal", so der Rechtswissenschaftler Günter Frankenberg. Der Frankfurter Jura-Professor hatte den Bundestag im ersten Verbotsverfahren gegen die NPD 2001 bis 2003 vertreten.

Saarland zeigt sich weiterhin zurückhaltend

Das bislang zurückhaltende Saarland hat auch unmittelbar vor der Innenministerkonferenz noch nicht Position zu dem neuen Anlauf für ein NPD-Verbot bezogen. Innenministerin Monika Bachmann (CDU) treffe ihre Entscheidung nach dem Gespräch mit Bund und Ländern, sagte eine Sprecherin auf Anfrage. Sie wolle mit ihren Amtskollegen zuerst die Prozessrisiken ausloten. Bachmann hatte vorher wie Hessen zur Vorsicht gemahnt. Niedersachsen als dritter verbliebener Skeptiker unter den Ländern war zuvor auf die Linie der Antragsbefürworter eingeschwenkt.

Frankenberg sieht die Erfolgsaussichten eines Antrags skeptisch. "Die Verfassungsschutzämter müssten die Anträge prüfen und alle Beweismittel streichen, die V-Leuten zuzurechnen sind. Man muss sicherstellen, dass kein einziges Beweisstück infiziert ist. Ich habe Zweifel, ob das gelingt." 2003 hatte das Bundesverfassungsgericht das Verbotsverfahren gegen die NPD eingestellt, weil zu viele V-Leute des Verfassungsschutzes in führenden Positionen der Partei tätig waren.

Frankenberg erwartet, dass das Gericht die Kriterien für Parteiverbote weiterentwickelt. Eine unmittelbare Gefährdung der Demokratie bestehe derzeit nicht. "Es geht nicht um einen drohenden Umsturz, sondern darum, ob man eine Partei duldet, die aggressiv-kämpferisch die Menschenrechte Anderer verletzt." Ein Problem wäre dabei allerdings nach Ansicht Frankenbergs die Zurechnung: "Welche Handlungen und Äußerungen von Funktionären, von Anhängern, von freien Kameradschaften sind keine 'Ausreißer' und passen ins Gesamtbild der Partei? Das wird ganz schwierig."

Die NPD hatte im November selbst einen Antrag in Karlsruhe gestellt - sie will vom Gericht feststellen lassen, dass sie nicht gegen die Verfassung verstöße. Ein solcher Antrag ist allerdings im Gesetz nicht vorgesehen; viele Experten halten ihn für unzulässig.

Darüber hinaus bezweifeln Experten, dass sich der NPD direkte Verbindungen zur Neonazi-Terrorzelle NSU nachweisen lassen. Insgesamt haben Bund und Länder auf etwa 1.000 Seiten 2.649 Belege zusammengetragen, die die NPD belasten - etwa Reden, Pressemitteilungen oder Veröffentlichungen von Parteifunktionären.