Brutale Vergewaltigung in Leer

Warum sitzen die mutmaßlichen Täter nicht in U-Haft?

In der Leeraner Südstadt sollen drei Männer eine Minderjährige vergewaltigt haben,
In der Leeraner Südstadt sollen drei Männer eine Jugendliche vergewaltigt haben,
RTL Nord

Tatverdächtige sind auf freiem Fuß

Die Vorwürfe wiegen schwer: Drei junge Männer (18, 20 und 21 Jahre alt) sollen am Wochenende im niedersächsischen Leer eine Jugendliche brutal vergewaltigt haben. Wie die Polizei Aurich mitteilte, wurden die Männer nach dem Übergriff in der Nacht zu Samstag festgenommen. In U-Haft mussten alle drei aber nicht. Wie kann das sein?

Keine U-Haft - gegen Auflagen

Laut Polizei wurden die drei Tatverdächtigen am Sonntag einem Haftrichter vorgeführt. Er ordnete eine Untersuchungshaft für alle drei Männer an. „Gegen Auflagen“ wurden die aber außer Vollzug gesetzt, heißt es in einer Mitteilung.

Der Haftbefehl existiert aber weiterhin, erklärt Rechtsanwalt Matthias Waldraff aus Hannover im Interview mit RTL Nord. „Es liegt ein dringender Tatverdacht vor. Das heißt, dass nach jetziger Beweislage, insbesondere auch wahrscheinlich der Aussage des Opfers, eine hohe Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung besteht.“ Damit die Tatverdächtigen in Haft bleiben, müsse aber zusätzlich ein Haftgrund vorliegen. „Das bedeutet zum Beispiel, dass aufgrund der Höhe der zu erwartenden Strafe eine konkrete Fluchtgefahr bestehen könnte.“ Dazu müsse es konkrete Anhaltspunkte und Indizien geben, so der Anwalt.

Anwalt vermutet keine Fluchtgefahr

Zwischen 18 und 21 Jahren gelten Tatverdächtige noch als Heranwachsende. „Da sind die Schwellen höher, die U-Haft zu vollziehen als bei Erwachsenen“, erklärt Waldraff. Solange das Gericht keine Fluchtgefahr sieht und die Beschuldigten bestimmte Auflagen erfüllen, „kann es sein, dass die Vollstreckung der Haft verneint wird, indem man sagt, eine tägliche Meldeauflage reicht aus, damit sie in der jetzigen Phase nicht in den Knast müssen.“

Die Tatverdächtigen müssten dann täglich zu einem festen Zeitpunkt bei der für sie zuständigen Polizeidienststellen persönlich erscheinen. Von einer Wiederholungsgefahr könne man nicht ausgehen, „wenn es bisher auf dem gleichen Gebiet keine Übergriffe der Beschuldigten gab, sondern es erstmals zu einem solchen Tatverdacht gekommen wäre.“

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Gericht begutachtet individuelle Umstände und Verhalten

Dass der Vollzug von Haftstrafen ausgesetzt wird, sei in Deutschland keine Seltenheit, sagt Matthias Waldraff. Das zuständige Gericht und die Staatsanwaltschaft prüfen bei jedem Tatverdächtigen die persönlichen Umstände und das Verhalten. „Da werden jetzt nicht alle Dinge nach außen dringen, die für die Entscheidung, den Haftbefehl außer Vollzug zu setzen, maßgeblich waren. Da erfährt die Öffentlichkeit sicher nur einen Teil dessen, was Staatsanwaltschaft und Haftgericht zu einer solchen Entscheidung bewogen hat“, erklärt der Anwalt.

Halten die Tatverdächtigen die Auflagen jedoch nicht ein, werde die Polizei sofort handeln. „Wenn einer von ihnen nicht kommt, dann geht von der Polizeidienststelle sofort eine Meldung an das Haftgericht, und dann würde sofort für den Betreffenden der Haftbefehl wieder in Vollzug gesetzt.“

Sollte es zu einer Anklage kommen, entscheidet dann das zuständige Gericht, ob die Tatverdächtigen bis zum Prozessbeginn auf freiem Fuß bleiben dürfen.

Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln

Die Staatsanwaltschaft Aurich und die Polizeiinspektion Leer/Emden haben weitere Ermittlungen eingeleitet. In welcher Beziehung die mutmaßlichen Täter und ihr Opfer zueinander standen, ist bisher nicht bekannt. Auch Details zu den Umständen der Tat und zum Opfer hält die Polizei wegen der laufenden Ermittlungen und zum Schutz des Opfers noch zurück. (lzi)